Breitbandausbau: Open Access als Beschleuniger und Bremse
Vier von fünf Haushalte in Sachsen-Anhalt können mit 50 MBit/s oder mehr im Internet surfen. Mit dem geplanten Glasfaserpakt sollen sich die Bandbreiten weiter erhöhen, denn nur zwölf Prozent der Haushalte verfügen derzeit über einen Gigabitanschluss.
Die 21 Telekommunikationsunternehmen, die den Pakt unterzeichnet haben, versprechen, ihre Anstrengungen beim Bau von gigabitfähigen Netzen sowie die Kooperation untereinander zu intensivieren – und dabei auch Open Access umzusetzen. Im Gegenzug will die Landesregierung die Investitionsbedingungen etwa durch verschlankte Genehmigungsverfahren verbessern. Zu den Unterzeichnern gehören zum Beispiel 1&1 Versatel, DNS:NET, Tele Columbus, envia TEL oder die Deutsche Glasfaser sowie diverse Zweckverbände und Stadtwerke.
Die Unterzeichner halten den Vertrag für den Gigapakt Sachsen-Anhalt in die Kameras. Damit soll der Breitbandausbau im Bundesland beschleunigt werden.
Breko
Auch in Brandenburg will man den Glasfaserausbau forcieren. Hier kündigt die Deutsche Glasfaser für den Landkreis Spree-Neiße an, FTTH-Anschlüsse für über 6500 Haushalte, mehr als 500 Unternehmen und 37 Schulen bauen zu wollen. Hierfür unterzeichneten Landrat Harald Altekrüger und Deutsche Glasfaser eine Kooperationsvereinbarung.
Der Ausbau wird vom Bund und dem Land Brandenburg mit 82 Millionen Euro gefördert. Darüber hinaus will die Deutsche Glasfaser in den kommenden Jahren in ganz Brandenburg eigene Mittel in den Glasfaserausbau investieren. Allein im Landkreis Spree-Neiße könnte das Unternehmen 30.000 weitere Glasfaseranschlüsse bauen, insofern sich in der Vorvermarktung mehr als 40 Prozent der Bürger für einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser entscheiden.
Stadtwerke verhandeln, Glasfaser Nordwest vermarktet
Die Unterzeichner halten den Vertrag für den Gigapakt Sachsen-Anhalt in die Kameras. Damit soll der Breitbandausbau im Bundesland beschleunigt werden.
Breko
Während in Brandenburg und Sachsen-Anhalt also Aufbruchstimmung herrscht, ist selbige im münsterländischen Emsdetten an einem Tiefpunkt angelangt. Hier fühlen sich die Stadtwerke von der Glasfaser Nordwest, dem Joint Venture zwischen Deutscher Telekom und EWE, hinters Licht geführt. Glasfaser Nordwest wählte Emsdetten als Modellkommune aus und baut im Osten der Stadt 4500 Glasfaseranschlüsse.
Beim Start des Joint Ventures betonte Glasfaser Nordwest, dass man allen Diensteanbietern Glasfaser zu „fairen und diskriminierungsfreien kommerziellen Bedingungen“ anbieten werde. Davon spüren die Stadtwerke Emsdetten aber nicht viel. Während sie monatelang mit Glasfaser Nordwest über einen Zugang zum Netz verhandeln, bieten die Telekom und die EWE-Tochter osnatel bereits Internetzugänge an und erschließen so den Markt für sich. Der Fall geht nun vors Bundeskartellamt.
Glasfaserausbau im Landkreis Spree-Neiße besiegelt (v. l. n. r.): Wirtschaftsförderer Rainer Schubert, Landrat Harald Altekrüger, Gunther Schwab und Sven Geiger, Geschäfts- bzw. Bereichsleiter für Förderprojekte bei der Deutsche Glasfaser.
Deutsche Glasfaser
Dass Kooperationen aber durchaus auch funktionieren können, belegt die NetCom BW, die drei Monate eher als geplant ihr Glasfasernetz in Oberstadion, Hundersingen, Moosbeuren, Mühlhausen Mundeldingen und Rettighofen in Betrieb nehmen konnte. NetCom BW kooperiert dabei mit dem Verbund zum kommunalen Breitbandausbau Komm.Pakt.Net. Zunächst wurde die Glasfaser bis zum Verteiler verlegt (FTTC). Anschließend erhielten 450 unterversorgte Haushalte einen FTTB-Anschluss (Glasfaser bis ans Gebäude).
Ebenso geht Stiegeler in Küßnach vor, einem Ortsteil der Gemeinde Küssaberg. Der Netzbetreiber löste das WLAN-Netz ab, über das Küßnach bislang im Internet surfte, und baute ein FTTC-Netz auf, mit dem den Haushalten nun bis zu 250 MBit/s zur Verfügung stehen. In den nächsten zwei bis drei Jahren soll die Glasfaser dann bis ins Haus verlegt werden (FTTH).
Knapp 2000 Standortgenehmigungen
Auch im Main-Tauber-Kreis geht der schrittweise Breitbandausbau voran. Wie das Landratsamt mitteilte, sind die Ausbaustufen 1 und 2, die Basisversorgung sowie die Anbindung aller 82 Schulen mit Glasfaser abgeschlossen. Ab Ende Februar 2021 werden die unterversorgten Haushalte in den sogenannten „weißen Flecken“ (Stufe 3) und die Gewerbegebiete (Stufe 4) angeschlossen. Für diese beiden Stufen ist der Netzbetreiber NGN Fibernetwork verantwortlich. Bis zum Mai 2024 wird der Ausbau voraussichtlich andauern.
WEMACOM-Geschäftsführer Volker Buck (l.) besucht gemeinsam mit Roland Finke, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Regionalentwicklung und Planen des Landkreises Nordwestmecklenburg, in Klütz einen wichtigen Netzknotenpunkt, der in den Testbetrieb gegangen ist
WEMAG/SKRmedia
Gute Nachrichten kommen auch aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg. In 14 Projektgebieten baut hier die WEMACOM ein Glasfasernetz auf. 95 Prozent des Trassennetzes sind gebaut und sukzessive gehen die Netzknotenpunkte (Points of Presence, PoP) in den Testbetrieb. Mit der Inbetriebnahme des PoP in Klütz, an dem sieben weitere Knotenpunkte angebunden sind, wies die WEMACOM auf die Komplexität des Ausbaus im Landkreis hin, der dem Zeitplan hinterherhinkt.
Die Gründe sind unter anderem fehlende Kapazitäten in der Planung und im Tiefbau. Hinzu kommen 1975 Standortgenehmigungen sowie 60 weitere Genehmigungen zur Querung von Bahnstrecken und Autobahnen. Die kosten Zeit. Verschlankte Genehmigungsverfahren, wie sie in Sachsen-Anhalt geplant sind, schaffen Abhilfe. Und auch Open Access, richtig angepackt, dürfte den Breitbandausbau beschleunigen.