Hintergrund

Schluss mit Zettelwirtschaft: So funktioniert das E-Rezept

Digi­taler Code statt rosa Rezept: Ab September können Pati­enten E-Rezepte in den Apotheken einlösen, etwa per Smart­phone-App. Aber was ist mit Menschen ohne Smart­phone?
Von dpa /

Jeder kennt sie: Die rosa Zettel, für die Kassen­pati­enten in der Apotheke Anti­bio­tika, Blut­druck­senker und andere verschrei­bungs­pflich­tige Medi­kamente bekommen. Doch mit den soge­nannten Muster-16-Rezepten dürfte bald Schluss sein - und lang­fristig wohl auch mit der Zettel­wirt­schaft. Denn ab September sollen Pati­enten in allen Apotheken auch E-Rezepte einlösen können. Das E-Rezept kommt Das E-Rezept kommt
Bild: gematik GmbH
Es gibt aber auch gute Nach­richten für alle Menschen, die kein Smart­phone besitzen: Sie bekommen natür­lich weiterhin Rezepte auch in die Hand.

Hier sind die wich­tigsten Fragen und Antworten zum E-Rezept:

Was ist das E-Rezept?

E-Rezept steht für elek­tro­nisches Rezept. Dahinter verbirgt sich ein digi­taler Rezept­code, über den Kassen­pati­enten in Apotheken ihr verschrei­bungs­pflich­tiges Medi­kament bekommen. Der Rezept­code wird von der Arzt­praxis in die E-Rezept-App der Gematik, der natio­nalen Agentur für digi­tale Medizin, über­mit­telt und kann dann in der Apotheke auf dem eigenen Smart­phone vorge­zeigt werden.

Laut Anke Rüdinger, Apothe­kerin aus Berlin und Leiterin des "Digital Hub" der Bundes­ver­eini­gung Deut­scher Apothe­ker­ver­bände (ABDA), ändert sich für Pati­enten sonst kaum etwas durch die Umstel­lung. In der Apotheke wird mit Hilfe des Codes das E-Rezept vom Server geholt und die Kunden mit den verord­neten Medi­kamenten versorgt.

Wer die E-Rezept-App nutzt, kann vorab per Smart­phone anfragen, ob die Wunsch-Apotheke das Medi­kament vorrätig hat. Und sich so etwa Zeit durch wegfal­lende Wege ersparen.

Bietet die Apotheke einen Boten­dienst an, kann das Rezept auch ohne Apothe­ken­besuch über die App bestellt werden. Bei Online-Apotheken muss zudem kein Origi­nal­rezept mehr verschickt werden. Das E-Rezept kann digital an die Versand­apo­theke über­mit­telt werden.

Wie kann ich die E-Rezept-App auf dem Smart­phone nutzen?

Um Rezepte per Smart­phone empfangen und einlösen zu können, benö­tigen gesetz­lich Versi­cherte die App "Das E-Rezept" der Gematik. Die gibt es kostenlos in den App-Stores von Google, Apple und Huawei.

Um die App nutzen zu können, muss das Smart­phone mindes­tens iOS 14 oder Android 7 als Betriebs­system haben und NFC-fähig sein. Die meisten neueren Geräte haben diese Funk­tion für Nahfeld­kom­muni­kation. Bei Android-Geräten kann man sie etwa über die Einstel­lungen ein- und ausschalten.

"Wichtig ist aber über das Handy hinaus, dass Sie eine NFC-fähige Gesund­heits­karte haben", sagt Sabine Wolter von der Verbrau­cher­zen­trale NRW. Die meisten Kran­ken­kassen hätten diese neuen elek­tro­nischen Gesund­heits­karten schon viel­fach verschickt. Erkennen kann man sie an einer sechs­stel­ligen CAN-Nummer im oberen rechten Eck der Gesund­heits­karte. Wer noch keine Gesund­heits­karte mit NFC-Funk­tion hat, kann sie bei seiner Kran­ken­kasse bestellen.

Außerdem notwendig, um die App zu nutzen: Eine PIN. Sie bekommt man eben­falls bei der Kran­ken­kasse. Versi­cherte müssen sich dafür aber ausweisen, etwa in einer Geschäfts­stelle ihrer Kran­ken­kasse. Wer schließ­lich Karte und PIN griff­bereit hat, wird in der App durch den Anmel­depro­zess geführt.

Übri­gens: Inter­net­emp­fang brau­chen Sie in der Apotheke nicht, um das E-Rezept per Smart­phone einlösen zu können. Einmal herun­ter­geladen stehen die E-Rezepte in der App auch offline zur Verfü­gung.

Was passiert, wenn man kein Smart­phone oder keine elek­tro­nische Gesund­heits­karte mit PIN hat?

"Dann bekomme ich vom Arzt einen Ausdruck über dieses E-Rezept", sagt Sabine Wolter. Der Ausdruck enthält alle wich­tigen Infor­mationen zur Verord­nung und einen Rezept­code. Er ist auch ohne händi­sche Unter­schrift gültig und wird in der Apotheke gescannt. Wer kein oder kein geeig­netes Smart­phone hat oder auf die App verzichten möchten, muss sich keine Sorgen machen: An die Medi­kamente kommt man auch weiterhin.

Ab 2023 sollen E-Rezepte laut Gematik zudem über die Gesund­heits­karte in der Apotheke einge­löst werden können - ganz ohne Smart­phone und Zettel­wirt­schaft.

Für Medi­kamente, die nicht rezept­pflichtig sind, stellen Ärztinnen und Ärzte weiter das grüne Papier­rezept aus. Auch Rezepte für Betäu­bungs­mittel werden derzeit noch nicht als E-Rezept ausge­stellt.

Geben alle Arzt­praxen das E-Rezept aus?

Derzeit sieht ein drei­stu­figer Plan vor, dass zunächst Arzt­praxen und Kran­ken­häuser in West­falen-Lippe das E-Rezept flächen­deckend einführen. Das heißt: Noch nicht alle Ärzte werden das E-Rezept ab dem 1. September ausstellen. Alle anderen gesetz­lich Kran­ken­ver­sicherten bekommen vorerst weiter das rosa Rezept. Bis zum Früh­jahr 2023 soll die Einfüh­rung des E-Rezepts laut Plan bundes­weit abge­schlossen sein.

Bekommen auch Privat­ver­sicherte das E-Rezept?

Für Privat­ver­sicherte wird es vorerst weiterhin das blaue Rezept geben, so Anke Rüdinger von der Bundes­ver­eini­gung Deut­scher Apothe­ker­ver­bände (ABDA). Die Einfüh­rung des E-Rezepts ist aber auch hier ange­dacht.

Müssen Pati­enten mit E-Rezept-App für jedes neue Rezept zum Arzt?

Nicht in allen Fällen. "Wenn Sie schon ein Vorre­zept hatten und Sie brau­chen ein Folge­rezept im glei­chen Quartal, können Sie dieses über die E-Rezept App auch über­tragen bekommen", sagt Sabine Wolter.

Bieten Medi­ziner Video­sprech­stunden an, kann das E-Rezept eben­falls ohne Praxis­besuch in die App über­mit­telt werden.

Kann ich mit der E-Rezept-App auch Medi­kamente für Ange­hörige abholen?

Auch mit der App kann man Rezepte für Fami­lien­ange­hörige, Kinder oder etwa Nach­barn einlösen, denen der Weg zur Apotheke zu beschwer­lich ist. Dafür sind die Gesund­heits­karte und die PIN der jewei­ligen Person notwendig. Die entspre­chenden Daten fügt man in der App hinzu.

Bekommen Ange­hörige ein ausge­drucktes E-Rezept, kann der Rezept­code in der eigenen App einge­scannt und anschlie­ßend in der Apotheke vorzeigt werden.

Ein E-Rezept lässt sich nicht mehr­fach einlösen. "Wenn eine Verord­nung versorgt wurde, ist sie auch gesperrt", sagt Anke Rüdinger. Ein wirk­licher Vorteil von E-Rezepten sei, dass sie fälschungs­sicher sind und das Miss­brauchs­poten­zial geringer ist als bei den bishe­rigen Rezepten. Außerdem dürften doppelte Wege zum Arzt entfallen, etwa weil die Unter­schrift unter dem Rezept vergessen wurde.

Per Messenger mit dem Amt schreiben, auf Briefe verzichten: Viele Menschen in Deutsch­land wünschen sich mehr digi­tale Kommu­nika­tion mit Behörden. Meist bleibt es beim Wunsch. Manches geht aber schon.

Mehr zum Thema E-Government