Themenspezial: Verbraucher & Service OZG

Behördengänge online: Neues Gesetz für Digitalisierung

Bürger sollen künftig mehr Service­leis­tungen von Behörden online nutzen können. Ein Geset­zes­ent­wurf nennt aber keinen Termin für die Umset­zung.
Von dpa /

Die Digitalisierung in Deutschlands Verwaltung kommt nur schleppend voran Die Digitalisierung in Deutschlands Verwaltung kommt nur schleppend voran
Bild: picture alliance/Johannes Schmitt-Tegge/dpa
Bürger sollen künftig mehr Service­leis­tungen von Behörden online nutzen können - eine Frist zur Umset­zung sieht der Entwurf von Bundes­innen­minis­terin Nancy Faeser (SPD) für ein neues Gesetz zur Digi­tali­sie­rung der Verwal­tung aber nicht vor. Das ruft jetzt die Koali­tions­partner Grüne und FDP auf den Plan.

"Die Vorschläge, die im aktu­ellen Entwurf für das Onli­nezu­gangs­gesetz 2.0 enthalten sind, weisen in die rich­tige Rich­tung - an zwei Stellen sehe ich jedoch deut­lichen Verbes­serungs­bedarf", sagte die Innen­poli­tikerin Misbah Khan (Grüne) der Deut­schen Presse-Agentur.

Nicht gut sei, dass in dem nun vorge­legten Entwurf keine Umset­zungs­frist mehr genannt werde. Die Grünen-Bundes­tags­abge­ord­nete betonte: "Wir brau­chen aber Druck bei den verant­wort­lichen Akteuren in Bund, Ländern und Kommunen, ohne den wir nicht schnell genug voran­kommen." Denkbar wäre nach ihren Worten beispiels­weise ein Rechts­anspruch auf einen Online-Zugang zu Verwal­tungs­leis­tungen ab einem bestimmten Zeit­punkt. Dadurch würden die verant­wort­lichen Akteure stärker in die Pflicht genommen. Für Bürger und Unter­nehmen, aber auch für die staat­lichen Stellen, die mit der Umset­zung betraut seien, gäbe es Rechts­sicher­heit.

Der FDP-Digi­tal­experte Volker Redder hält zwar nichts von einer allge­meinen Frist, bis zu der alle wich­tigen Dienst­leis­tungen - vom Kinder­geld bis zum Bauan­trag - online verfügbar sein müssen. Für einzelne Leis­tungen wäre das aus seiner Sicht aber notwendig. Redder sagte er der dpa: "Ich will keine zahn­lose Frist in einem Onli­nezu­gangs­gesetz 2.0. Ich will konkret darüber reden, welche Leis­tungen den Bürge­rinnen und Bürgern spätes­tens wann zur Verfü­gung stehen müssen." Dafür brauche es auch Sank­tionen. Es müsse "wehtun", wenn die öffent­liche Hand ihre Verpflich­tungen zur Digi­tali­sie­rung nicht erfülle.

Bund und Länder bei Digi­tali­sie­rung bisher geschei­tert

Die Digitalisierung in Deutschlands Verwaltung kommt nur schleppend voran Die Digitalisierung in Deutschlands Verwaltung kommt nur schleppend voran
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Bund und Länder hatten fünf Jahre Zeit, um ihre Dienst­leis­tungen zu digi­tali­sieren. Dazu sollte das Onli­nezu­gangs­gesetz (OZG) dienen, das im August 2017 vom Bundestag beschlossen worden war. Es gab den Ländern bis Ende 2022 Zeit, um alle 575 Verwal­tungs­dienst­leis­tungen online anzu­bieten. Doch das Ziel wurde weit verfehlt. Um die Digi­tali­sie­rung voran­zutreiben, soll nun das OZG 2.0 Abhilfe schaffen. Der Entwurf des Innen­minis­teriums sieht eine Strei­chung der "OZG-Umset­zungs­frist zugunsten einer noch zu regelnden Schwer­punkt­set­zung und beglei­tenden Evalu­ierung" vor.

Damit Anträge nicht mehr auf Papier unter­schrieben werden müssen, soll in einem "Bürger­konto", über das die Kommu­nika­tion zwischen Privat­per­sonen und der Verwal­tung abge­wickelt wird, der Online-Perso­nal­aus­weis zum Einsatz kommen. Anders soll es für Unter­nehmen gere­gelt sein. Ihre Nutzer­konten heißen "Orga­nisa­tions­konten". Als Ersatz für die Unter­schrift soll hier das Elster-Zerti­fikat dienen, das man für die Online-Iden­tifi­zie­rung beim Finanzamt braucht.

Online-Funk­tion des Perso­nal­aus­weises als posi­tives Beispiel genannt

Die Online-Funk­tion des Perso­nal­aus­weises ist für Misbah Khan ein Beleg dafür, "dass wir in Deutsch­land durchaus in der Lage sind, inno­vative Tech­nologie zu entwi­ckeln". Dass viele Menschen diese Möglich­keit, die auch daten­schutz­recht­lich hohen Stan­dards entspreche, bislang nicht nutzten, liege auch daran, dass es bislang noch nicht viele Verwal­tungs­leis­tungen gebe, für die man sie verwenden könne. Zudem sei nicht richtig dafür geworben worden.

Nach Auskunft des Bundes­innen­minis­teriums war der Online-Ausweis bis Ende 2021 bei schät­zungs­weise 51,2 Millionen Perso­nal­aus­weisen einge­schaltet. Im Jahr 2022 sei diese Funk­tion im Durch­schnitt bei mindes­tens rund 5,32 Millionen Vorgängen genutzt worden.

Die Verwen­dung des Bürger­kontos soll für die Nutzer frei­willig sein. Um keine Verwir­rung zu stiften und den Nutzern eine Anwen­dung aus einem Guss bereit­zustellen, heißt es in dem Entwurf: "Weitere landes­eigene Bürger­konten werden im Portal­ver­bund nicht zuge­lassen."

Khans zweiter Kritik­punkt: Der Entwurf lege nicht genü­gend Fokus darauf, dass die Anwen­dungen, die nach dem Prinzip Einer-für-Alle von einzelnen Bundes­län­dern entwi­ckelt werden, auf einem offenen Quell­code basieren. Das sei aber Voraus­set­zung dafür, dass sie für andere Länder kosten­frei nach­nutzbar und verän­derbar seien.

Das neue Gesetz könne zudem nur ein Baustein sein, "damit Deutsch­land seinen Rück­stand bei der Digi­tali­sie­rung aufholt". Ohne eine Neure­gelung der Zustän­dig­keiten werde es nicht gehen. "Wir müssen bei der Digi­tali­sie­rung eine stär­kere Zentra­lisie­rung errei­chen", findet Redder. Noch gebe es "zu viele Akteure, die mitreden und den Prozess dadurch extrem verlang­samen".

In einer weiteren Meldung haben wir darüber berichtet, dass Apple das iPhone zum digi­talen Perso­nal­aus­weis machen will.

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