o2 statt Telekom: SD-WAN-Netz für hessische Verwaltung (Update)
Alle reden von der Digitalisierung der Verwaltung. Vor Jahren waren QR-Codes noch absolut unbekannt, heute bekommen Bürger z.B. in Hessen Briefe, worin beispielsweise Unterlagen zu einer Wahl per QR-Code bestellt werden können. Dienstleister ist zum Beispiel die Firma ekom21 mit Sitz in Darmstadt.
In vielen Bundesländern geht es darum, die Verwaltungen landesweit zu vernetzen. Das war bisher eine Domäne der Deutschen Telekom, die über langjährige Erfahrung verfügt.
Die Ausschreibung: MPLS mit SD-WAN vs. pures SD-WAN?
In Hessen stand eine Ausschreibung an: Es geht um die Vernetzung der Verwaltungen (z.B. Rathäuser, Ämter etc.). Im Pflichtenheft stand eine möglichst flexible Lösung, die SD-WAN, was ausgeschrieben "Software Defined Wide Area Network" heißt, beinhalten sollte.
. Von der Telekom wurde eine Kombination aus SD-WAN und MPLS-Netz angeboten, so berichten mit den Vorgängen vertraute Personen, wobei MPLS für Multi Protocol Label Switching steht. Dabei werden IP-Datenpaketen verschiedene Labels zugewiesen, die es Routern ermöglichen, diese Pakete sehr schnell und über die optimale Route im Netz weiterzuleiten. Damit können komplexe Datenströme über große Entfernungen übermittelt werden (Weitverkehrsnetze). Dafür ist aber ein zentraler Server notwendig, über den alles laufen muss.
Was ist SD-WAN?
SD-WAN ist eine moderne Netzwerkarchitektur, die sich die Vorteile von Cloud Computing und softwaredefinierten Netzen (SDN) zunutze macht. SD-WAN-Lösungen können also konventionelle (bereits vorhandene) Netzwerke ergänzen oder ganz ersetzen. Im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen für Unternehmens- oder Verwaltungs-Netzwerke seien diese Lösungen flexibler als zentral gemanagte Vernetzung - und vor allen Dingen günstiger.
Zentrale vs. dezentrale Lösung
Bei einer zentralen Lösung hat der Netzbetreiber alles unter Kontrolle und kann eine gewisse Qualität garantieren. Bei dezentralen Lösungen müssen möglicherweise auftretende Fehler an verschiedenen Orten gesucht werden. Dezentrale Lösungen sind aber interessant, wenn vor Ort schnell und flexibel neue Verbindungen aufgebaut werden sollen oder sich Aufgaben ändern.
Angebot von o2 Telefónica konnte überzeugen
Stolz, die hessische Verwaltung mit SD-WAN besser zu vernetzen: Valentina Daiber (o2, links) und Martin Kuban (ekom21, rechts).
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Da traute sich o2 Telefónica, den meisten Lesern nur als Mobilfunkanbieter bekannt, mit einem eigenen Festnetz-Angebot auf der Basis von reinem SD-WAN.
"Bei SD-WAN können beliebige Leitungswege genutzt werden, wenn es sein muss, auch über Mobilfunk", so ein Insider gegenüber teltarif.de.
Der zweite Pluspunkt war aber entscheidend: Das Angebot von o2 war deutlich günstiger als das Nobel-Angebot aus Bonn.
Auftrag: Neues Netz bis Ende 2024 einrichten
Am Ende haben o2-Telefónica und ekom21, nach eigenen Angaben Hessens größter kommunaler IT-Dienstleister, einen Vertrag über die Implementierung und Betreuung eines Software-Defined Wide Area Network (SD-WAN) für hessische Kommunalverwaltungen geschlossen. Das soll helfen, die hessischen Kommunen und deren Digitalisierung "flexibel voranzutreiben".
Der Vertrag sieht vor, dass o2 Telefónica bis Ende 2024 ein "leistungsstarkes Software-Defined-Wide-Area-Network (SD-WAN) für den IT-Dienstleister ekom21 in Hessen implementieren" und das Netzwerk anschließend über eine fünfjährige Vertragslaufzeit im laufenden Betrieb betreuen wird.
Wer ist ekom21?
Die ekom21 erbringt IT-Dienstleistungen für hessische Kommunen und betreut über 70 sogenannte "Fachverfahren". Mit SD-WAN sollen die ekom21 und ihre Kunden künftig in der Lage sein, die zentrale Anbindung an das Rechenzentrum und gleichzeitig dezentrale Zugänge ins Internet zu realisieren. Bei Bedarf sollen sich unter anderem Cloud-Dienste einfacher integrieren lassen.
Ergebnis einer Ausschreibung
Der Vertrag zwischen o2 Telefónica und ekom21 kam im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung zustande, bei der sich der Telekommunikationsanbieter über den Preis sowie über das Konzept für den Einsatz von SD-WAN als Vernetzungslösung gegenüber der Konkurrenz durchsetzen konnte.
„Wir freuen uns, dass wir die ekom21 von unserem SD-WAN-Konzept überzeugen konnten“, so Valentina Daiber, Vorständin von o2 Telefónica. Sie erklärt, warum: "SD-WAN und die darauf aufbauenden Lösungen bieten einen klaren Kosten-Nutzen-Vorteil und ermöglichen es Verwaltungen, ihren Bürgerinnen und Bürgern effiziente und moderne Dienste anzubieten.“
Auch Martin Kuban, einer der ekom21-Geschäftsführer, sieht SD-WAN als "ideale Lösung für unsere Anforderungen“. Man könne damit die IT-Infrastruktur modernisieren und gleichzeitig den Kommunen die Möglichkeit geben, vor Ort ihre eigenen Lösungen flexibler zu verwirklichen.
Da es um sensible Verwaltungsdaten (Bürgerdaten) geht, müssen an die Cloud hohe Sicherheitsanforderungen (DSGVO) gestellt werden.
Psychologisch wichtig
Für o2 Telefónica ist dieser Auftrag schon alleine psychologisch wichtig, da das Unternehmen schon lange versucht, im Geschäftskundenbereich richtig Fuß zu fassen. Geschäftskunden legen in der Regel auf hohe Qualität und guten Service binnen kürzester Zeit Wert. Dinge, die Privatkunden noch als "ist halt so" hinnehmen, dürfen im Geschäftskundenbereich einfach nicht passieren. Anderseits wird auch im professionellen Umfeld immer intensiver auf den Preis geschaut.
Für die Telekom, die den Auftrag dem Vernehmen nach verloren hat, ist das bitter, weil sie aufgrund ihrer Historie und ihres eigenen Qualitätsanspruchs nicht unter gewisse Preismarken gehen kann. Da werden aktuelle Meldungen, dass bei der Telekom eine größere Anzahl an Stellen abgebaut oder nicht neu besetzt werden sollen, verständlicher. Die Kostenrechner haben überall das Sagen und argumentieren mit solchen verlorenen Großaufträgen.
Update: Auch Telekom hatte SD-WAN angeboten
Wie uns die Deutsche Telekom mitteilte, hatte sie bei der Ausschreibung in Hessen entsprechend des Leistungsverzeichnisses ein Angebot abgegeben. Das enthielt SD-WAN "in Kombinationen mit einem marktüblichen MPLS-Anteil". Mobilfunk als möglicher Leitungsweg sei ebenfalls inbegriffen gewesen. Falls der Eindruck entstanden sei, dass MPLS "veraltet" sei, sei das nicht richtig.
Wir haben den Text entsprechend angepasst.Ende des Updates