Abschlussbericht: Drei Jahre Netzpolitik-Unterricht für Bundestag
Abschlussbericht: Drei Jahre Unterricht in Netzpolitik für den Bundestag
Bild: dpa
Als die Enquete-Kommission Internet und Digitale
Gesellschaft im Mai 2010 ihre Arbeit aufnahm, hatte sie ein Problem:
Es gab keinen Internetzugang. So es beschreibt Jeanette Hofmann die
anfängliche Arbeitssituation. Hofmann ist eine von 17 Sachverständigen, die gemeinsam mit ebenso vielen Abgeordneten fast
drei Jahre lang über die Auswirkungen des digitalen Wandels
diskutierten. Gestern trat die Kommission zu ihrer Abschlusssitzung
zusammen.
Netzthemen haben in der Politik ein Upgrade erhalten. "Viele haben erkannt, dass Netzpolitik nicht nur ein Orchideenthema ist", sagte Manuel Höferlin (FDP). Vor drei Jahren interessierten sich noch vor allem frisch gewählte Abgeordnete für einen Platz in der Enquete-Kommission. Inzwischen trifft sich Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Gründern von Internetunternehmen. Auch die erfolgreichen Proteste gegen das Handelsabkommen Acta und der zwischenzeitliche Aufstieg der Piratenpartei gaben dem Thema Aufwind.
Internet kam auf die Tagesordnung des Bundestages
Abschlussbericht: Drei Jahre Unterricht in Netzpolitik für den Bundestag
Bild: dpa
Wie wichtig das Internet für das tägliche Leben geworden ist,
bestätigte erst vergangene Woche der Bundesgerichtshof. Er entschied,
dass Menschen beim Ausfall ihres Internetanschlusses Schadenesrsatz
zusteht - und sprach damit dem Internet eine ähnlich zentrale
Bedeutung zu wie Wohnung oder Auto. Ihr eigenes Zugangsproblem nahm
die Kommission schließlich selbst in die Hand und organisierte einen
Router, berichtet Höferlin.
Doch vor allem setzte die Enquete das Internet auf die Tagesordnung des Bundestages. Damit es dort auch in Zukunft bleibt, sprechen sich die Mitglieder für einen ständigen Ausschuss zu digitalen Themen aus. Das sei eines der wichtigsten Ergebnisse der Enquete, sind sie sich einig. Doch weil das Internet "unglaubliche Auswirkungen auf die Gesellschaft hat", müsse es auch in anderen Ausschüssen zur Sprache kommen, meint Halina Wawzyniak (Linke).
Keine Einigung bei Urheberrecht, Abmahnungen oder Bundestrojaner
Sonst bleiben manche Fragen unbeantwortet. So mahnte die Kommission einen schnelleren Ausbau von Breitband-Internetzugängen an. Doch wie die Zahl der Hochgeschwindigkeitsanschlüsse erhöht werden soll, ließ sie weitgehend offen. Bei Streitthemen wie Urheberrecht, Massenabmahnungen oder Online-Durchsuchungen gab es keine Einigung. "Die Enquete hätte da mit Handlungsempfehlungen schon etwas leisten können", sagte der Grünen-Netzpolitiker Konstantin von Notz.
Die Uneinigkeit lag auch daran, dass politische Richtungskämpfe in der Kommission ausgetragen wurden, wie mehrere der Sachverständigen anmerken. Dabei arbeitete die Kommission ein Lexikon der Netzbegriffe ab. "Für einzelne Themen sind regelrechte Nachschlagewerke entstanden", erklärt Professor Christof Weinhardt von der Universität Karlsruhe, der ebenfalls in dem Gremium saß. Technische Feinheiten werden hier detailliert dargelegt. Die Debatte über Empfehlungen an Bundestag und Regierung sei ihm dagegen meistens zu kurz gekommen, meint Weinhardt. Zum Glück soll es dafür ja nun einen Ausschuss geben; ein Staatsminister solle vom Kanzleramt aus die Arbeit der Ministerien in diesem Bereich koordinieren, sagte Höferlin.
Auf ihrer Abschlusssitzung empfahl die Kommission, beim Verbraucherschutz im Netz auf Informationsangebote zu setzten. Die Verbraucher müssten "auf die Sicherheit im Internet und auf die zur Verfügung gestellten Informationen vertrauen können". Sie sprach sich außerdem für strengere Regeln gegen unseriöse Inkassounternehmen aus, die bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen überzogene Gebühren einfordern.
Schulen, Volkshochschulen und Verbrauchergruppen sollen helfen, Menschen zu informieren. Zudem soll bei digitalen Werken gut sichtbar darauf hingewiesen werden, ob Nutzer davon Kopien für den eigenen Gebrauch anfertigen dürfen oder nicht. Die Protokolle der letzten Sitzung sind im Internet abrufbar.