Netzpolitik 2012

Rückblick: 2012 wurde die Netzpolitik endgültig erwachsen

Piratenpartei, Facebook und Twitter haben Diskussionskultur verändert
Von mit Material von dpa

Der Deutsche Bundestag wird 2013 einen ständigen Internet-Ausschuss bekommen. Und vielleicht gibt es in der nächsten Bundesregierung ein Ministerium mit der Zuständigkeit für die digitale Gesellschaft. Zu Beginn dieser Legislaturperiode wäre das noch undenkbar gewesen. Doch spätestens dieses Jahr hat dafür gesorgt, dass sich die Netzpolitik etabliert hat. "Netzpolitik ist endlich auf der politischen Agenda angekommen, sie ist eine der zentralen Querschnittaufgaben unserer Zeit", sagt Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen.

"Wir haben einen großen Sprung gemacht", sagt der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Vorher wurde die Netzpolitik oft belächelt, Jetzt ist sie zu einem wichtigen, zentralen Politikfeld geworden. Dazu haben viele Dinge beigetragen, unter anderem die Enquete-Kommission, die Piratenpartei oder die Debatte über Acta."

Acta: Hinterzimmer-Lobbyvertrag löste weltweite Protestwelle aus

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Foto: dpa
Acta - das war einmal ein internationales Abkommen für ein einheitliches Vorgehen staatlicher Behörden gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet. Verhandelt in Hinterzimmern, offenbar auch unter dem Einfluss von Lobbyisten, und lange Zeit nur wenigen Fachleuten bekannt, löste dieser Vertrag im Februar eine Welle von Protesten aus - erst im Netz und dann auf der Straße. Am 11. Februar gingen mehrere zehntausend Menschen in Deutschland auf die Straße. "Hier demonstriert das Internet", sagte ein Teilnehmer in Berlin. Die Bundesregierung versagte Acta die Unterzeichnung, für das endgültige Aus sorgte das Europaparlament in Brüssel.

Auch andere Netzpolitiker sehen in der Acta-Debatte einen wichtigen Einschnitt - nicht zuletzt auch für die Art, wie Politik und internationale Diplomatie betrieben werden. "Im Jahr 2012 ist die Netzpolitik endgültig den Kinderschuhen im Bundestag entwachsen", erklärt der FDP-Abgeordnete Sebastian Blumenthal. "Die Relevanz des Themengebietes ist mittlerweile allen bekannt und wir Netzpolitiker müssen nicht mehr so mühsam für die Netzpolitik im Berliner Politikbetrieb werben wie noch zu Beginn der Legislatur."

Netzpolitik geht weniger um Technik, mehr um Transparenz und Beteiligung

Wird die Netzpolitik nun schon so ernst genommen wie die Finanz- oder die Außenpolitik? "An der Anerkennung müssen wir noch arbeiten", sagt Jarzombek. Das Besondere an der Netzpolitik sei die hohe Geschwindigkeit bei der Entwicklung ihrer Themen sowie die extreme Vernetzung aller Akteure. CDU und CSU haben dafür Anfang April den Verein cnetz gegründet, der für eine "bürgerliche und verantwortungsvolle" Netzpolitik eintritt, die "Maß und Mitte" gegen "Ideologie und Irrationalität" stellen will.

Weil es bei der Netzpolitik meist weniger um Technik als um Transparenz, Beteiligung und Kultur geht, wird es hier schnell mal kontrovers. Wie lässt sich das Urheberrecht im Internet neu gestalten? Soll es ein Grundrecht auf Informationsfreiheit geben? Muss die Netzneutralität gesetzlich verankert werden? "Bisher waren wir viel zu viel in der Tagespolitik und im Baustellendenken eingespannt", sagt Jarzombek und räumt ein: "Das hat kein gutes Bild nach außen gegeben." Der von der Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft empfohlene ständige Bundestagsausschuss könnte auch ein Konzept entwickeln, "wie wir eine digitale Gesellschaft entwickeln und befördern können, wie wir sie gerne haben möchten".

Auf der folgenden Seite zeigen wir auf, wie Datenschutz, Netzneutralität, Urheberrecht und Leistungsschutzrecht nicht nur die Gemüter der Politiker, sondern auch der Internet-Nutzer erregt haben und wie sich die Diskussion immer mehr auf soziale Netzwerke verlagert .

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