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Editorial: Bundesmonopolagentur

Bundesnetzagentur versagt bei Öffnung der Netze
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Immer wieder gibt es auch positive Berichte, dass die Bundesnetzagentur sich für Verbraucherinteressen einsetzt. Man kann ihr also keine generelle Untätigkeit vorwerfen. Doch reagiert sie oft zu spät und nicht umfassend genug.

Beispiel Rufnummernspam: Immer wieder werden die so beworbenen Rückrufnummern von der Bundesnetzagentur gesperrt und darauf bezogene Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbote ausgesprochen. Doch werden Insidern zufolge diese Verbote den relevanten Betreibern von Festnetz- und Mobilfunkanschlüssen nicht zugestellt. Damit werden sie aber auch nicht wirksam. Einzelne Anbieter scheinen gar selber aktiv die Liste der Inkassierungsverbote herunterzuladen und in ihre Abrechnungssysteme einzupflegen. Die große Mehrheit der Anbieter scheint sich aber nicht zu verkümmern, und so verpufft die Wirkung des Inkassoverbots.

Beispiel Dialer: Diese hässlichen Einwählprogramme hat die Bundesnetzagentur tatsächlich unter Kontrolle gebracht, aber erst, nachdem sie einen ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag dazu erhielt. Dabei hätte sie die meisten der im Gesetz gegen unseriöse Dialer genannten Maßnahmen - etwa ausdrückliche Nennung der Verbindungskosten inklusive Bestätigung durch den Nutzer vor Verbindungsaufbau sowie die genaue Registrierung der verwendeten Software und der von ihr benutzten Rufnummern - bereits vorher einfordern können. Schließlich führt die Bundesnetzagentur seit Anfang an ausdrücklich die Aufsicht über Abrechnungssysteme.

Im Widerstreit der Lobbyinteressen

Viele der Probleme dürften auch daher rühren, dass die Bundesnetzagentur alles andere als unabhängig ist: Lobbyisten nehmen Einfluss auf die Regierung, diese wiederum schreibt die Dienstanweisungen für die Bundesnetzagentur. Besonders kritische Themen werden im Zweifelsfall auch direkt mündlich gesprochen, schließlich will man ja nicht, dass diese Jahrzehnte später in den Akten auftauchen wie aktuell die Einflussnahme früherer Bundesregierungen auf Gutachten zur Eignung von Gorleben als Atommüll-Endlager.

Weil Regulierungsentscheidungen es nie allen recht machen können, landen diese regelmäßig vor Gericht. Insbesondere das erstinstanziell zuständige Verwaltungsgericht Köln hebt dann schon mal den einen oder anderen wichtigen Entscheid wegen eines angeblichen Formfehlers auf und blockiert so die Regulierung im betroffenen Sektor für weitere Monate oder gar Jahre. Andere Verfügungen werden von den niederen Gerichten abgenickt, laufen aber hoch bis zum EuGH, der diese dann ein halbes Jahrzehnt später rückwirkend korrigiert.

Neben der Bundesregierung und der Justiz redet auch die EU-Kommission kräftig bei der Regulierungsarbeit der Bundesnetzagentur mit, über Richtlinien, die direkt als Vorschrift gelten, und über ein recht langwieriges Abstimmungsverfahren für Regulierungsentscheidungen. Immerhin sind die Pläne zur Schaffung einer eigenen EU-Regulierungsbehörde für Telekommunikation vorerst gescheitert - das hieße garantiert noch langsamere Prozesse.

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