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Kai, du sprichst mir aus der Seele


13.09.2009 19:13 - Gestartet von roko
Die BNetzA ist in DE tatsächlich eher ein Stützpfeiler der großen Marktteilnehmer als ein fairer Regulierer. Es wird nur das gegen den Willen dieser Großen getan, was unbedingt getan werden muss, weil es Brüssel/die EU so will. Und auch hier wird möglichst lange gebremst.

Was den Telko-Markt betrifft, hätte ich eine Erklärung parat: Die damalige Behörde RegTP ging ja mehr oder weniger aus der Bundespost/Telekom hervor und die RegTP-Beamten der ersten Stunde waren im Geiste noch Bundesposter bzw. Telekom(ik)er. Da konnte man auch nicht erwarten, dass sie ihrem ehemaligen -- teilweise einzigen und langjährigen -- Arbeitgeber in irgendeine Weise hätten Schaden zuführen wollen.

Warum es allerdings auch bei den anderen inzwischen übernommenen Zuständigkeiten genauso aussieht, kann ich (aus eigener Erfahrung) nicht sagen. Ich vermute jedoch stark, dass es hier ähnlich verlaufen ist, und die entsprechenden Großen bzw. deren Verbände ein paar Bremser und Lobbyisten nach Bonn geschickt haben. Sollte es so gewesen sein, hat sich das durchaus gelohnt. Denn im Unterschied zu dem Telko-Markt, wo es (noch) einigermaßen fairen Wettbewerb gibt, haben die Energie-Konzerne es geschafft, ihr Quasi-Monopol zu wahren. Von der Bahn bzw. das Schienennetz brauchen wir erst gar nicht reden.

Wenn es etwas positives als Konsequenz aus der sog. Wirtschafts- und Finanzkrise zu berichten gibt, dann die gescheiterte Privatisierung der Bahn. Denn dort hätte man -- früher oder später -- auch das Schienennetz privatisiert, egal, ob gleichzeitig mit der Rest-Bahn als deren Unternehmensbestandsteil oder später und als getrenntes Unternehmen. In beiden Fällen wäre es genauso wie bei der Telekom-Privatisierung in die Hose gegangen.

Netzinfrastruktur, die vom Staat bzw. vom Steuerzahler aufgebaut wurde, gehört in Staatshand! Dann braucht man auch keine Netzagentur, um für fairen Zugang zu diesem Netz zu sorgen. Vor allem nicht, wenn diese Agentur nicht mal das tut, was sie wirklich bewirken könnte.

lg, roko
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[1] Kai Petzke antwortet auf roko
13.09.2009 20:46
Benutzer roko schrieb:

Was den Telko-Markt betrifft, hätte ich eine Erklärung parat: Die damalige Behörde RegTP ging ja mehr oder weniger aus der Bundespost/Telekom hervor und die RegTP-Beamten der ersten Stunde waren im Geiste noch Bundesposter bzw. Telekom(ik)er.

... die aber gerade am Anfang durchaus gewaltige Schritte wagten. Offenes CbC gibt es nur in wenigen anderen EU-Ländern, und die TAL-Öffnung für den Wettbewerb erfolgte hierzulande früher und mit größerem Erfolg (= anteillig mehr migrierte Anschlüsse) als in unseren Nachbarländern.

Doch nach dem starken Anfang blieb man zunehmend stecken: Die Telekom konnte den Verkauf der TV-Kabelnetze jahrelang verzögern. Mit den Nachwirkungen davon (geringer Anteil des Breitbandkabels am Breitbandmarkt) haben wir bis heute zu kämpfen. Und über die politisch verordneten Regulierungsferien bezüglich V-DSL und IP-Bitstrom reden wir besser erst gar nicht...

Wenn es etwas positives als Konsequenz aus der sog. Wirtschafts- und Finanzkrise zu berichten gibt, dann die gescheiterte Privatisierung der Bahn. Denn dort hätte man -- früher oder später -- auch das Schienennetz privatisiert, egal, ob gleichzeitig mit der Rest-Bahn als deren Unternehmensbestandsteil oder später und als getrenntes Unternehmen. In beiden Fällen wäre es genauso wie bei der Telekom-Privatisierung in die Hose gegangen.

Na ja, derzeit bekommt die S-Bahn in Berlin, ein Tochterunternehmen der Bahn, ihren Betrieb trotz Staatsbesitz nicht hin. Und auch sonst verhindert die Beamtendenke bei der Bahn an vielen Stellen einen effizienten Betrieb. Eine Patentlösung hierfür habe ich aber auch nicht.


Kai
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[1.1] roko antwortet auf Kai Petzke
13.09.2009 21:40
Benutzer Kai Petzke schrieb:
Die Telekom konnte den Verkauf der TV-Kabelnetze jahrelang verzögern. Mit den Nachwirkungen davon (geringer Anteil des Breitbandkabels am Breitbandmarkt) haben wir bis heute zu kämpfen.

Genau hier haben die Telekom-Lobbyisten eine (für die DTAG) ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Einen saßen im Hochhaus am Tulpenfeld in Bonn (RegTP), die Anderen ein paar Kilometer weiter in der Konzernzentrale und der Rest am Regierungstisch in Berlin sowie in den einzelnen Kabel-Gesellschaften. Das Ziel "solange wie möglich keine T-DSL-Alternative" wurde von Allen verfolgt und letztlich erreicht.

Da half auch nicht viel, dass später -- nach dem Verkauf der Kabel-Gesellschaften -- die (übrigens ebenso in der Mehrheit von der Telekom übernommenen) Mitarbeiter von KabelDeutschland & Co. alles mögliche unternommen haben, Breitband-Internet (eine Anmerkung am Rande: Für viele dieser Mitarbeiter galt ADSL lange Zeit nicht als Breitband) salonfähig zu machen. Der Massenmarkt-Breitband-Zug war in DE schon längst Richtung ADSL und in dem Fall fast zu 100% T-DSL abgefahren.

Na ja, derzeit bekommt die S-Bahn in Berlin, ein Tochterunternehmen der Bahn, ihren Betrieb trotz Staatsbesitz nicht hin. Und auch sonst verhindert die Beamtendenke bei der Bahn an vielen Stellen einen effizienten Betrieb. Eine Patentlösung hierfür habe ich aber auch nicht.

Sorry, Kai, aber an der S-Bahn-Katastrophe in Berlin ist weder der Staatsbesitz noch das Beamtendenken verantwortlich. Ganz im Gegenteil: Das Ganze haben wir den smarten Manager zu verdanken, die die (S-)Bahn fit für den Börsengang machen sollten. Natürlich mit der Duldung des Bundes, der soviel wie möglich aus dem Bahn-(Aus)Verkauf herausschlagen wollte. Vorher hat die Berliner S-Bahn -- auch zu DDR-Zeiten -- jahrelang zuverlässig funktioniert.

lg, roko