„Das Netz hält“ - Ausbau trotzdem notwendig
„Es wird viel gemotzt in Deutschland über das schlechte Internet“, schreibt die Telekom im Unternehmensblog. Doch in der Corona-Krise seien „diese reflexartigen Kommentare“ wie zum Beispiel „Glasfaser Fehlanzeige, Mobilfunk schlechter als in Albanien“ weniger geworden. „Denn das Netz hält“, schreibt die Telekom weiter - trotz Homeoffice und Homeschooling. Recht hat sie.
Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mobilfunkbetreiber ihre Ausbauauflagen nicht erfüllen, die Telekom lieber Vectoring statt Glasfaser ausbaut und auch deshalb die Zahl der Glasfaseranschlüsse in Deutschland vergleichsweise gering ist. Angesichts der sprunghaft angestiegenen Abo-Zahlen bei Netflix wäre es ein spannendes Experiment gewesen, ob die Netze auch gehalten hätten, wenn Streaming-Anbieter wie die Kalifornier oder YouTube ihre Datenraten nicht gedrosselt hätten. Summa summarum: An der Notwendigkeit des Breitbandausbaus kommt keiner vorbei.
Telekom baut weiter mit Vectoring aus
Das Kupfernetz der Deutschen Telekom hält Homeoffice und Homeschooling stand. Dennoch wird für die Zukunft Glasfaser benötigt.
Deutsche Telekom
Das weiß natürlich auch die Telekom und hat in den vergangenen Wochen ihr Netz weiter ausgebaut. So können rund 1.500 bislang unterversorgte Haushalte in Könnern im Salzlandkreis mit bis zu 50 MBit/s im Internet surfen. Darüber hinaus werden die Netze in den Orten Schweighausen und Dörlinbach im Schwarzwald sowie in Schwarzenberg im Erzgebirge mit Super-Vectoring auf bis zu 250 MBit/s ausgebaut. In Schwarzenberg profitieren davon rund 2.000 Haushalte. Bis Ende des Jahres will die Telekom die Arbeiten beendet haben. In den Schwarzwälder Kommunen kommen 905 Haushalte in den Genuss von Super-Vectoring. Begonnen wird in Schweighausen. Danach folgt der Ausbau in Dörlinbach.
Von der Telekom in Bonn den Rhein stromaufwärts zu NetCologne in Köln und weiter nach Leverkusen. Der Netzbetreiber aus der Domstadt stattet gemeinsam mit der Energieversorgung Leverkusen (EVL) das Gewerbegebiet Friedenstal mit Glasfaserleitungen aus. Die Tiefbauarbeiten für das FTTB-Netz sollen im Frühsommer 2020 beginnen und werden voraussichtlich im Frühjahr 2021 abgeschlossen sein. Der Ausbau wird vom Bund und dem Land NRW gefördert. Neben den 13 Unternehmen im Gewerbegebiet Friedenstal werden NetCologne und die EVL künftig noch 1.332 Haushalte, 95 Gewerbetreibende, 33 Schulen und ein Krankenhaus an das Glasfasernetz in Leverkusen anschließen.
Millionen für den Breitbandausbau
Glasfaser für Leverkusen: NetCologne erschließt das Gewerbegebiet Friedenstal mit einem FTTB-Netz.
NetCologne/Marius Becker
Auch die Stadt Münster profitiert vom Förderprogramm des Bundes. Aus Berlin werden 16,5 Millionen Euro für die Anbindung im ländlichen Außenbereich überwiesen. „Das ist der erhoffte starke Rückenwind für den Breitbandausbau in Münster“, sagt der zuständige Beigeordnete Wolfgang Heuer zum Mitte April 2020 eingetroffenen Förderbescheid des Bundes. Durch die Förderzusage ist auch die Finanzierung des Breitbandausbaus in den unterversorgten Gebieten der Stadt Münster gesichert. Zusammen mit den noch nicht vorliegenden Zuschüssen des Landes NRW fließen mit dem kommunalen Eigenanteil rund 33,1 Millionen Euro in den münsterischen Breitbandausbau. Insgesamt werden damit 2.008 Wohnadressen, 93 Gewerbeadressen, elf Schulen und zwei Krankenhäuser mit Glasfaseranschlüssen versorgt.
Über Förderbescheide aus Berlin und der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf freuten sich in der Vergangenheit auch die niederrheinischen Kommunen Hamminkeln, Hünxe und Schermbeck. Jetzt stellten sie für den Breitbandausbau einen finalen Förderantrag. Gleichzeitig wurde ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn beantragt, damit die ersten Schritte eingeleitet werden können. Daher startet der Ausbau für alle drei Kommunen voraussichtlich zum Ende des zweiten Quartals 2020. Schermbeck, Hamminkeln und Hünxe erhalten aus dem Bundesförderprogramm für den Breitbandausbau in den Außenbereichen rund 27 Millionen Euro. Die Hälfte des Betrags wird aus Landesmitteln finanziert.
Viel Vectoring, wenig Glasfaser
Dank finanzieller Unterstützung durch Bund und Land kann die Fahrradstadt Münster Haushalte und Unternehmen in "weißen Flecken" mit Glasfaser anbinden
Presseamt Münster/Britta Roski
Auch in Bissendorf-Wietze im Großraum Hannover werden die Haushalte Glasfaser bekommen. In der noch laufenden Vorvermarktung haben sich bereits 42 Prozent für den Ausbau durch den hiesigen Netzbetreiber htp entschieden. „Ein tolles Ergebnis“, freut sich htp-Geschäftsführer Thomas Heitmann. „Gerade in Zeiten, in denen Heimarbeitsplätze und Streamingdienste eine besondere Bedeutung erfahren, bieten wir einen Glasfaser-Hausanschluss, der in der Qualität als auch hinsichtlich der nahezu unbegrenzten Bandbreiten-Möglichkeiten für die Anforderungen der Zukunft neue Maßstäbe setzt.“ Deutsche Glasfaser baut das Netz und wird deshalb demnächst in Bissendorf-Wietze mit Hausbegehungen beginnen.
Heitmann bringt auf den Punkt, was sich auch bei der Telekom zunächst gut anhört. Am Ende des Blogbeitrags kommen die Bonner darauf zu sprechen, dass laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur 34 Millionen Haushalte in Deutschland einen Breitbandanschluss besitzen. Davon können laut Telekom etwas mehr als 90 Prozent mit 50 MBit/s „oder sogar mehr“ im Internet surfen. Und tatsächlich sind es 28 Millionen Haushalte, die dank Super-Vectoring bis zu 250 MBit/s erhalten – aber eben auf Basis einer veralteten Infrastruktur. Wir laufen in Sachen Glasfaser nicht nur anderen europäischen Ländern, mit denen wir uns wirtschaftlich messen, hinterher, sondern auch unseren eigenen Zielen. Die immer noch nicht erzielte flächendeckende Versorgung mit 50 MBit/s sollte schon 2018 erreicht werden.
Übrigens: Auch per Mobilfunk wird Breitband ausgebaut. Im Hochsauerland bei Arnsberg hat Vodafone den ersten Sender auf 700 MHz eingeschaltet, der parallel auf LTE und 5G zugleich funken kann und vor allem Breitband-Mobilfunk in die Fläche bringen soll. Die Technik DSS machts möglich.