4G & 5G mit DSS: Zwei Technologien gleichzeitig nutzen
Zur ersten virtuellen Pressekonferenz hatte Vodafone gestern via "GotoWebinar" eingeladen. Bei tadelloser Bildqualität, erinnerte die Sprachqualität stellenweise an die Pionierzeiten der GSM-Telefonie, als die damalige "Mannesmann D2 Privat" im Jahre 1992 mit der brandneuen GSM-Technik auf Sendung ging.
Neuland: Videokonferenz
Die Vodafone Pressekonferenz fand per Video im Netz statt.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Gerne hätte sich auch der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart per Telefon eingewählt, doch hier streikte die Technik: Er kam nicht durch. Mit in der Video-Konferenz waren zwei Vodafone-Techniker vor Ort in 59872 Berge, einem Ortsteil von Meschede, unweit der Autobahn A46 gelegen. In dieser Region, dem Sauerland sagen sich normalerweise "Fuchs und Hase gute Nacht".
Das Sauerland ist technologisch vorne
Guido Weissbrich, bei Vodafone Deutschland für Planung und Bau des kompletten Netzes - egal ob Fest oder Mobil - zuständig, ist in dieser Region aufgewachsen und kennt die Gegend wie seine Westentasche. Dort gibt es immer noch Orte, die im Festnetz nur mit wenigen Megabit pro Sekunde versorgt sind. Hier wollte Vodafone ein Zeichen setzen.
Die Vodafone-Techniker Javier Bravo und Paul Krusen fuhren in den letzten zwei Wochen regelmäßig nach Berge, um vor Ort umfangreiche Funktionstests durchzuführen. Die verbaute Technik wird vom Netzausrüster Ericsson geliefert.
Warum 700 MHz?
Die Frequenzen um 700 MHz wurden zuvor vom TV-Rundfunk und anderen Diensten genutzt und waren im Rahmen der "Digitalen Dividende II" dem Mobilfunk zugeschlagen worden. Doch bis alle Anwender diese Frequenzen geräumt hatten, dauerte es länger als gedacht, bis vor wenigen Monaten. Vodafone hatte sich auf diesen Termin gut vorbereitet und so konnte die erste 5G-Station auf 700 MHz zügig in Betrieb gehen. Der Clou der 700-MHz-Anlagen ist nun eine Technik namens "DSS", was für "Dynamic Spectrum Sharing" steht. Dadurch ist es möglich, auf einer Frequenz 4G und 5G parallel zu fahren.
Wer kann DSS-700 nutzen?
Die Idee war, ein Netz zu bauen, das möglichst viele Kunden schon nutzen können. Vodafones Technik-Chef Gerhard Mack ist sich im Klaren, dass das Gros der Kunden noch auf 4G/LTE unterwegs ist. Kommt ein Nutzer mit einem brandneuen 5G-Endgerät, kann er Geschwindigkeiten von (theoretisch) bis zu 200 MBit/s erzielen. Beherrscht das Smartphone "nur" LTE (und dafür gibt es schon einige Modelle auf dem Markt), so bekommt er etwas weniger Geschwindigkeit und die Latenz ist etwas höher.
Nicht alle 5G-Handys können DSS-700 nutzen
Bisherige als "5G-tauglich" verkaufte Smartphones unterstützen oft nur das Band n78 (=3,5 GHz). Um DSS-700 nutzen zu können, wird Vodafone neue 5G-Endgeräte auf den Markt bringen. Ab dem 6. Mai ist der neue Gigacube 5G verfügbar, der sowohl 700 MHz mit DSS als auch 3500 MHz unterstützt. Ferner werden im Mai neue Smartphones von Huawei, Oppo (Find X2 Pro) und Xiaomi (Mi 10 lite) kommen. Letzteres wird für "unter 400 Euro" beide Bänder und DSS unterstützen, kündigte Vodafone CEO Hannes Ametsreiter während der Konferenz an.
Tempoeinbussen soll es beim Parallelbetrieb von 4G und 5G über DSS nicht geben. "Das ist 100 Prozent dynamisch".
Mit 300 Stationen geht es los
Ametsreiter gab einen kurzen Überblick: "Vor 9 Monaten haben wir unser 5G-Netz gestartet. Das ist immer ein besonderer Moment, klein beginnen, mit der Ambition, groß zu werden. Wir haben viele Erfahrungen gesammelt." Aktuell meldet Vodafone "300 Antennen live" für 5G. Diese Zahl soll bis Jahresende auf 8000 Antennen steigen. Damit soll eine Fläche von 60.000 km² mit 5G versorgt werden, etwa so groß wie die Niederlande.
Auf 700 MHz sind bis zu 200 MBit/s möglich, "für sauerländische Verhältnisse ist das eine Top Versorgung". In Fußballstadien oder der Innenstadt wird weiter 3,5 GHz gebraucht, wo rund 1 GBit/s möglich sind.
700-MHz-Ausbau an weiteren Stellen
Neben der Ortschaft Berge wurden von Vodafone 700-MHz-Stationen an acht weiteren Orten in Deutschland aufgebaut, vom Hochsauerlandkreis bis nach Baden-Württemberg. 700 MHz erlaube es, die 5G-Technologie erstmalig "in der Fläche zu bringen, durch die Aggregation von 3,5 GHz und 700 MHz." Während im Sauerland Ericsson verbaut wird, soll an anderen Standorten Ausrüstung von Huawei zum Einsatz kommen.
Vodafone sieht 700 MHz speziell für rurale (ländliche) und suburbane Gebiete (am Stadtrand). Aber auch auf dem Land könnte es 5G mit 3,5 GHz, wenn die Bandbreite gebraucht wird. Und selbst in der Stadt wird es eines Tages 700 MHz geben, wegen der damit möglichen Gebäudedurchdringung.
Wann 5G-SA (Standalone) kommt und was die Unterschiede zwischen 700 und 3500 MHz sind, lesen Sie auf der nächsten Seite