Messe-Eindrücke

ANGA COM: Der Zwang zur Kooperation mit dem Erzrivalen

Noch bis Donnerstag findet in Köln die ANGA COM statt: "Where Broad­band meets Content". teltarif.de war zwei Tage vor Ort.
Von der ANGA COM in Köln berichtet

Am Dienstag begrüßte der Gast­geber und Präsi­dent des ANGA-Verbandes, Thomas Braun, Besu­cher aus 81 Ländern, 480 Aussteller aus 35 Ländern auf 25.000 qm Ausstel­lungs­fläche - das sei "Europas führende Messe", findet er.

Was brennt der Branche unter den Nägeln?

Wich­tige Themen hat Braun iden­tifi­ziert. Beispiels­weise die Frage, wie sich die Markt­anteile zwischen dem "incum­bent" (also der Deut­schen Telekom) und dem Wett­bewerb entwi­ckele, die allge­meine wirt­schaft­liche Lage oder die Behe­bung des Fach­kräf­teman­gels.

Braun appel­lierte an die Branche, nicht nur das Nega­tive zu sehen. Es gebe großes wirt­schaft­liches Poten­zial, und mehr als 50 Prozent der Aussteller kämen aus Europa. "Branche und Politik müssen einen Weg finden, dass die viel beschwo­renen 50 Milli­arden auch inves­tiert werden." Die "Büro­kratie gegen das Aufgraben" biete Poten­zial für Verein­fachung: "Lasst uns einfach bauen."

Hoff­nung auf klaren Abschalt­termin für Kupfer­netze

Die bevor­ste­hende Umschal­tung von Kupfer auf Glas müsse diskri­minie­rungs­frei und neutral erfolgen, "Koope­rationen sind gefragt". Mit der Fest­legung eines konkreten Datums könnte der Druck auf die unent­schlos­senen Kunden steigen, sich für einen Umstieg auf Glas­faser zu entscheiden, sofern sie vor Ort verfügbar ist.

Star­gast: Klaus Müller

Der Präsident der Bundesnetzagentur legte in einer Grundsatzrede die Themen und den (Regulierungs-)Rahmen fest. Der Präsident der Bundesnetzagentur legte in einer Grundsatzrede die Themen und den (Regulierungs-)Rahmen fest.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Star­gast des ersten Tages war Klaus Müller, Präsi­dent der Bundes­netz­agentur, der den Über­gang in die Gigabit-Welt beschwor. Die Themen seien viel­fältig und komplex.

Für Müller, der 16 Jahre beim Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band gear­beitet hatte, sind drei Punkte beson­ders wichtig:

  1. Was wollen Endkunden?
  2. Der Umstieg von Kupfer auf Glas
  3. Das Thema "Open Access", das Kunden erlaubt, den Anbieter (und Rech­nungs­ersteller) auch auf der Glas­faser zu wählen.

Müller konnte gute Nach­richten vermelden: "Es wird im Vergleich zum Vorjahr wieder mehr Geld inves­tiert", 2023 seien es 13 Milli­arden gewesen. Ende 2023 seien 18 Millionen "Home passed" (eine Glas­faser führt am Grund­stück vorbei) erreichbar gewesen. Die Takeup-Rate (also die Quote der Kunden, die einen mögli­chen Anschluss auch bestellen) sei mit nur 25 Prozent "heraus­for­dernd".

Wie kommt der Markt in Gang? Mehr posi­tive Nach­richten

Für Haus-Eigen­tümer bedeute Glas­faser eine Wert­stei­gerung. Müller wünscht sich den Glas­faser-Ausbau "stärker als posi­tive Story", es gebe viele "negativ besetzte Ausdrucke" und nicht nur das große "Ü-Wort", womit er die "Überbau-Diskus­sion" meint.

Klar, der Ausbau gehe nicht im "Kuschel-Modus", es sei ein "posi­tiveres Narrativ notwendig", das Klima über­hitzt. Der stän­dige Streit in der Branche verun­sichere poten­zielle Kunden, welche die als "kompli­ziert" wahr­genom­mene Materie verun­sichere.

Müller erin­nerte an seine 16 Jahre in der Verbrau­cher­bera­tung und forderte die Branche auf zum "Vertrauen aufbauen, stets die gemein­same Verant­wor­tung im Blick behalten".

Argu­mente für den Glas­faser­anschluss könnten "Content" (Programme und Inhalte), aber auch E-Health (Gesund­heit) oder die Smart City sein; Politik und Verwal­tung müssten digi­tali­siert werden.

Über­gang zu Glas: BNetzA nennt keinen konkreten Termin

Beim Über­gang von Kupfer auf Glas ist klar: Je mehr Endkunden wech­seln, desto zügiger könne es verlaufen. Müller wolle aber keine konkreten Termine defi­nieren, im Gegen­satz zu Brüssel, das euro­paweit verbind­liche Termine fest­legen möchte. Müller zwei­felt, ob man damit erfolg­reich sein könne. Im Gigabit-Forum der BNetzA, das viermal im Jahr tagt, können Bran­chen­pro­bleme bespre­chen und gelöst werden.

Müller möchte der Branche die Angst vor dem Verlust vom Gewohnten nehmen und ihr Lust auf neues machen: "Sie müssen lernen, Schwung zu gene­rieren."

Open Access muss voran­kommen

Die Verbrau­cher sollen auf jedem Netz die Auswahl des Anbie­ters haben. Die Netz­betreiber sollen "fremde Anbieter drauf lassen"; gleich­wohl sei es mühe­voll, die Zugangs­bedin­gungen auszu­han­deln. Muster-Anträge könnten bei der BNetzA herun­ter­geladen werden. Für Endkunden sei exis­ten­ziell, dass der Anbie­ter­wechsel auf Glas­faser ohne Probleme verlaufe.

Notfalls auch Regu­lie­rung

Wenn es notwendig werde, kündigte Müller an, sei auch eine Regu­lie­rung möglich. Aber seine Behörde stehe nicht mit rauchenden Colts bereit. "Bei der Regu­lie­rung geht Gründ­lich­keit vor Schnel­lig­keit. Wir sind keine schieß­wütige Behörde", man solle das aber "nicht mit Nichtstun verwech­seln". Seine Behörde scheue sich nicht zu regu­lieren, werde aber erst einmal lange zuhören, gute Vorschläge machen, und habe Mut zur Entschei­dung.

Weitere Berichte von der Messe lesen Sie auf unserer Meldungs­über­sicht zur ANGA COM.

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