Verkabelung

Editorial: Gegenseitige Breitbandhilfe

Wie bekommt man 50 MBit/s ins kleinste Dorf? Die Politik setzt auf Unterstützung der Tk-Unternehmen durch andere Versorger. Doch dieser Form der Kooperation stehen Hindernisse im Weg.
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50 MBit/s und mehr auch für kleinste Dörfer 50 MBit/s und mehr auch für kleinste Dörfer
Bild: E-Plus
Das derzeit im Bundestag diskutierte Breit­band­infra­struktur­ausbau­gesetz soll es künftig Tk-Unternehmen vereinfachen, bestehende Strom-, Gas-, Fernwärme-, Abwasser- und Verkehrsnetze mitzunutzen. Das ist nur bedingt eine gute Idee, wie unten erläutert wird. Denn am allerwichtigsten bleibt, dass die Tk-Unternehmen untereinander zu einer möglichst effizienten gemeinsamen Nutzung von Ressourcen verpflichtet werden.

Beispiel Fernwärmenetze: Hierfür sind in der Regel Rohrleitungen großen Durchmessers erforderlich, die nochmals mit mehreren Zentimetern Isolation umgeben sind. Da diese Rohre vergleichsweise unflexibel sind, verbuddelt man sie relativ tief, damit keine starken lokalen Kräfte auftreten, wenn später der Verkehr drüber rollt. Wenn man eh schon die entsprechenden Schächte aushebt, wäre es kaum zusätzlicher Aufwand, über den Fernwärmeleitungen zusätzlich auch Leerrohre für die Telekommunikation zu verlegen.

Solche mitverlegten Leerrohre könnten von Tk-Unternehmen flexibel genutzt werden. Muss man später jedoch erneut an die Fernwärmeleitungen ran, vielleicht nach einigen Jahren, um einen Abzweig für einen zusätzlichen Hausanschluss einzubauen, oder nach einigen Jahrzehnten, um alt gewordene Rohre zu tauschen, stören die Tk-Leitungen darüber jedoch gewaltig.

Unterschiedliche Medien lieber neben- als übereinander

50 MBit/s und mehr auch für kleinste Dörfer 50 MBit/s und mehr auch für kleinste Dörfer
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Vergleichbare Probleme gibt es auch bei der Co-Verlegung anderer Medien. Daher hat sich bei der Verlegung der Leitungen eher ein neben- als ein übereinander eingebürgert. So kommt jeder Versorger an seine Kabel und Rohre bestmöglich ran. Dafür steigen beim getrennten Rohre- und Strippenziehen die Kosten, denn man muss nicht nur einmal buddeln, sondern drei- bis fünfmal.

Freilich gab es in den letzten Jahren nur vergleichsweise wenige Neubaugebiete, in denen auf einer ehemals "grünen Wiese" nach zentralem Plan in großem Stil neue Straßen und Häuser gebaut wurden. Zudem zeigt die Erfahrung, dass gerade dort, wo bei zentraler Planung solcher Neubaugebiete besonders "moderne" Infrastruktur installiert wurde, sich diese schon nach wenigen Jahren als Sackgasse erwiesen hatte. "OPAL" ("OPtische AnschlussLeitung") lässt grüßen.

Das genannte heißt nicht, dass es nicht dennoch sinnvoll ist, beim Neubau eines Gehwegs darunter gleich etliche Leerrohre mitzuverlegen, in die später nach Bedarf Strom- oder Tk-Kabel eingezogen werden können. Nur kostet das erstmal zusätzlich. Und ob man die Kosten im Laufe der Jahre über Leerrohrmieten wieder reinholen kann, ist fraglich: Ist die Miete nämlich zu teuer, werden viele Tk-Unternehmen auf selbstverlegte Kabel ausweichen. Ist die Miete zu günstig, ist sie wahrscheinlich nicht kostendeckend.

Verpflichtung zur Kooperation

Wenn die Politik die Kosten für den Breitbandausbau in der Fläche senken will, dann ist vor allem wichtig, die Tk-Unternehmen zu möglichst bürokratiearmer und effizienter gegenseitiger Mitnutzung der Infrastruktur zu verpflichten. Wenn Anbieter A schon für Tk-Leitungen geeignete Leerrohre verbuddelt hat, muss Anbieter B nicht nochmal welche daneben legen. Diesbezüglich hat die Bundesnetzagentur bereits zahlreiche Voraussetzungen geschaffen, vom Zugang zum TAL-Kabelverzweiger bis hin zur Anmietung von Glasfaser-Übertragungskapazitäten. Zumindest bei der TAL sind die zugehörigen Prozesse inzwischen auch eingespielt und die Vorleistungspreise über die Jahre hinweg stabil.

Was am Ende am meisten helfen dürfte, ist aber nicht zusätzliche Bürokratie in Form von zentraler Planung aller Versorger- und Entsorgernetze, sondern Geld. So könnten Erlöse aus der Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen künftig in einen Breitband-Ausbaufonds eingezahlt werden. Aus diesem werden dann per Ausschreibung Zuschüsse für den Breitband-Ausbau gezahlt: Wer am wenigsten Geld pro neu angeschlossenem Kunden braucht, bekommt den Zuschlag. Aber auch damit lässt sich nicht verhindern, dass die Kunden, die im kleinsten und abgelegensten Dorf wohnen, am längsten auf den Breitbandanschluss werden warten müssen.

Der alternative und radikalere Schritt wäre eine Verpflichtung der Unternehmen zum Breitband-Universaldienst. Um hiermit nicht einseitig nur die Deutsche Telekom zu belasten, könnte Deutschland im Verhältnis der Marktanteile der großen im Privatkundengeschäft tätigen Festnetzanbieter in Breitbandregionen aufgeteilt werden, und jeder der genannten Anbieter müsste dann die weißen Flächen in seiner Region schließen. Eine solche Universaldienst-Verpflichtung würde die Festnetz-Anschlüsse in städtischen Gebieten etwas teurer machen, im Gegenzug aber das derzeitige, oft unsägliche Geschachere zwischen kleinen Ortschaften und den Tk-Unternehmen auf einen Schlag beenden.

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