toter Briefkasten

stern: Beschwerden blieben bei der Telekom liegen (aktualisiert)

Telekom weist Bericht über unbeantwortete Reklamationen zurück
Von Marie-Anne Winter / Thorsten Neuhetzki mit Material von dpa

Service-Offensive einmal anders: Die Deutsche Telekom soll in den vergangenen Monaten Zehntausende von Reklamationen unbearbeitet abgelegt haben, ohne die Kunden darüber zu informieren. Nach Recherchen des Hamburger Magazins stern handelten die Kundenbetreuer dabei auf Anweisung ihrer Vorgesetzten.

Verursacht wurde dieses Verhalten laut stern-Recherchen durch die Neuorganisation der Telekom und den Streik im Mai vorigen Jahres: Beides führte dazu, dass die Flut der Beschwerden immer größer wurde. Schließlich entschied man sich für den - wie es die Telekom nannte - "systembedingten Abschluss": Allein in den acht nordwestdeutschen Betreuungszentren landeten mehrere zehntausend Reklamationen auf dem Telekom-Rechner in einem "toten Briefkasten". Sie wurden zwar nicht gelöscht, aber auf Anordnung schlicht nicht bearbeitet. Viele Kunden, die sich mehrfach mit ihrem Anliegen gemeldet haben, warten bis heute auf eine Antwort.

Nach Informationen des stern erhoben Mitarbeiter der Deutschen Telekom Kunden Service GmbH Nordwest auf einer Betriebsversammlung in Bielefeld, bei der es unter anderem um das Thema "Macht mogeln müssen krank?" ging, schwere Vorwürfe gegenüber ihren Vorgesetzten. Um die vom Unternehmen geforderten Zielvorgaben zu erfüllen, fühlten sie sich zum Tricksen und Täuschen gezwungen.

Der für den Kundenservice zuständige Telekom-Vorstand Thomas Berlemann räumte gegenüber dem stern ein, dass "während der Streikphase zur schnellen Bearbeitung der eiligen Themen das Prinzip 'last in first out' angewendet wurde". Bei mehrfachen Kundenanfragen - vom selben Kunden zum selben Thema - wurde demnach immer nur die letzte Anfrage beantwortet. Eine Anweisung des Managements, Beschwerden wegzulegen, ohne sie zu beantworten, sei ihm aber nicht bekannt.

Telekom weist Bericht über unbeantwortete Reklamationen zurück

Die Deutsche Telekom hat den Bericht über das angebliche systematische Verschieben von Kundenreklamationen in tote Briefkästen zurückgewiesen. Es gebe überhaupt keine Hinweise darauf, dass in den vergangenen Monaten Zehntausende von Beschwerden abgelegt worden seien, sagte ein Sprecher von T-Home. Erst recht habe es keine derartigen Anweisungen von Vorgesetzten gegeben. Die Vorwürfe seien intern durch die Revision überprüft worden, sagte der Unternehmenssprecher weiter. Er hielt es für völlig ausgeschlossen, dass Vorgesetzte solche Anweisungen erteilt haben könnten.

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