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Vodafone überprüft Dialer-Hotline für Kunden-Rückgewinnung

Der Vertrag ist gekündigt und der Kunde sucht einen neuen Provider: Da ruft der alte Provider an und unterbreitet ein Angebot zum Bleiben. Vodafone gibt gegenüber teltarif.de Einblicke, wie die telefonische Kunden-Rückgewinnung funktioniert und welche Standards der Netzbetreiber sich dabei selbst setzt.
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Vodafone überprüft Dialer-Hotline für Kunden-Rückgewinnung Vodafone überprüft Dialer-Hotline für Kunden-Rückgewinnung
Bild: Vodafone
Wenn ein Kunde seinen DSL- oder Mobilfunk-Vertrag kündigt, beginnt bei den Providern in der Regel eine verwaltungstechnische Maschinerie: Der Anbieter versucht, seinen Kunden zurückzugewinnen, fragt nach Verbesserungsvorschlägen und macht ein Tarifangebot, über das der Kunde nachdenken kann. Dazu gibt es - in der Regel - einen oder sogar mehrere Telefonanrufe beim Kunden.

Die Frage dabei ist, ob es sich bei derartigen Anrufen um Werbung handelt. Denn viele Kunden haben in ihrem Kundenkonto ein Häkchen aktiviert, dass sie keine Werbung von ihrem Provider wünschen. Im Fall eines Lesers mit Vodafone konnte teltarif.de nun etwas mehr darüber herausfinden, wie eine derartige Kundenrückgewinnung umgesetzt wird.

Leser fühlt sich von Vodafone-Anrufen belästigt

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Bild: Vodafone
Ein Kunde von Vodafone Kabel schrieb an unsere Redaktion:

ich bin Kunde bei Vodafone Kabel Deutschland und haben ein[en] Internet-Telefon Vertrag. Kabel Deutschland hat von mir keine Erlaubnis, mich zu Werbezwecken telefonisch oder per E-Mail zu kontaktieren. Also hat sich Kabel Deutschland wohl eine Idee einfallen lassen, um den Kunden trotzdem zu kontaktieren. Seitdem ich meinen Vertrag gekündigt habe, versucht mich mehrmals täglich die Rufnummer 03841-726003 anzurufen und legt nach 1x Klingeln wieder auf. Ruft man zurück, meldet sich ein Mitarbeiter von Kabel Deutschland und möchte neue Angebote unterbreiten und bittet darum, die Kündigung zurück zu nehmen. Ich persönlich finde es sehr dreist, das[s] Vodafone Kabel Deutschland trotz fehlender Erlaubnis mehrmals am Tag anklingelt und auf einen Rückruf hofft. Eine schriftliche Bitte, diese Anrufe in Zukunft zu unterlassen, brachte keinen Erfolg.

Die vom Kunden genannte Telefonnummer ist im Internet nicht unbekannt. Gibt man sie bei Google ein, erscheinen diverse Foren, in denen sich Verbraucher über die Nummer beschweren und sie mit Vodafone Kabel in Verbindung bringen. Sogar im offiziellen Vodafone-Forum gibt es diverse Hinweise auf Belästigungen, die von dieser Nummer ausgegangen sein sollen. In jedem dieser Fälle hat Vodafone dafür gesorgt, dass der Kunde, der sich beschwerte nicht mehr belästigt wird. Genutzt wird die Nummer aber weiterhin.

Umstrittene Rechtslage bei Rückgewinnungs-Anrufen

Die Rechtslage bei den Rückgewinnungs-Anrufen ist nicht ganz klar. Dass Werbeanrufe bei Verbrauchern, zu denen keinerlei Kontakt oder Kundenbeziehung besteht, verboten sind, ist klar geregelt. teltarif.de hat vor über drei Jahren über einen recht krassen Einzelfall berichtet, in dem Vodafone einen wechselwilligen Kunden über 100 Mal angerufen hatte. Vodafone versprach damals vor Gericht, dies gegenüber diesem Kunden zu unterlassen.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln von 2009 legte fest, dass es sich um unerlaubte Telefonwerbung handelt, wenn ein Telefondiensteanbieter seine Kunden ohne deren Einwilligung auf dem privaten Anschluss anruft und zur Rückgängigmachung der Kündigung bewegen will.

Die Provider hingegen verteidigen ihre Anrufe, die sie zum Teil trotz Widerruf der Werbeeinwilligung durchführen, damit, dass es sich um ein Telefonat zum noch drei Monate laufenden Vertrag des Kunden handele. Und Nachfragen zu einem laufenden Vertrag seien keine unerlaubte Werbung.

Vodafone bestätigt: Wir nutzen eine Anruf-Maschine

Im Fall des oben genannten Lesers wandte teltarif.de sich an Vodafone, um der Sache auf den Grund zu gehen. Vodafone führte daraufhin eingehende interne Recherchen durch. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen kein Interesse daran, von Verbrauchern bei der Bundesnetzagentur über die Beschwerdeformulare zum Rufnummernmissbrauch angezeigt zu werden. Hier gibt es auch ein vorbereitetes Formular zum Thema "Telefonterror: Ständige Anrufe von derselben Nummer und keiner meldet sich (Predictive Dialer)". Laut der oben zitierten Aussage unseres Lesers kam das Verhalten von Vodafone diesem Tatbestand sehr nahe.

Vodafone bestätigte gegenüber teltarif.de, zur Rückgewinnung von Kunden ein nach Angaben von Vodafone "seriöses" Callcenter in Wismar beauftragt zu haben, das hierfür die Nummer 03841-726003 nutzt. Überraschend in den ausführlichen Erläuterungen von Vodafone gegenüber teltarif.de war: Der Netzbetreiber gab unumwunden zu, dass das Callcenter eine "Maschine" zum Anwählen der wechselwilligen Kunden nutzt. Ein Anrufcomputer nimmt eine gewisse Menge an Telefonnummern von Kunden aus der von Vodafone übermittelten Datenbank und wählt diese automatisiert an. Die Mitarbeiter des Callcenters seien aber angewiesen, dass in dem Moment, wo ein Kunde ans Telefon gehe, sofort ein Kundenbetreuer zur Verfügung stehe. Vodafone versicherte, dass das vom Leser geschilderte Phänomen "kein Mitarbeiter am Telefon" in diesem Callcenter nicht auftritt.

So oft ruft Vodafone die Kunden zur Rückgewinnung an

Vodafone erläuterte im Gespräch mit teltarif.de auch, welche Beschränkungen der Netzbetreiber sich und dem Callcenter bei den Rückgewinnungsanrufen auferlegt habe. Ein Kunde werde insgesamt höchstens 20 Mal angerufen. Sei er bei diesen Versuchen nie zu erreichen gewesen, würde Vodafone aufgeben und den Versuch der Rückgewinnung einstellen. Es handelt sich nach Auffassung von Vodafone also um keinen "Telefonterror".

Vodafone gibt dem Callcenter vor, dass der Kunde maximal dreimal an einem Tag angerufen werden darf. Die Rückgewinnungs-Phase dauert also im längsten Fall eine Woche. Vodafone habe diverse "Anruffenster" definiert, in denen der Kunde keineswegs angerufen werden dürfe, also am späten Abend, am frühen Morgen, in der Nacht und sonntags. Vodafone würde bei dem Callcenter in Wismar sicherstellen, dass diese Vorgaben eingehalten werden, man wolle auf keinen Fall mit den schwarzen Schafen der Branche gleichgesetzt werden.

Die Datensätze würden nur an das Callcenter weitergegeben, wenn der Kunde dem nicht widersprochen habe. Ansonsten könne der Kunde auch sofort beim ersten Anruf widersprechen. Das Callcenter werde dann alle weiteren Anrufversuche unterlassen. Vodafone wies darauf hin, dass viele Kunden der Meinung seien, sie hätten der Werbeeinwilligung widersprochen, dies sei aber oft nicht der Fall. Im übrigen gebe es einen Unterschied zwischen "Werbeanrufen widersprochen" und "keine Einwilligung zu Werbeanrufen erteilt".

Bezüglich der erwähnten Nummer hat Vodafone nachgeforscht und festgestellt, dass dazu keine von der Bundesnetzagentur übermittelten Beschwerden vorliegen würden. Man habe seine "Hausaufgaben gemacht" und sei "sicher".

Fazit: Das Rückgewinnungsgeschäft erscheint profitabel

Egal ob man die von Vodafone geschilderte Art und Weise der Kunden-Rückgewinnung per Telefon für seriös oder belästigend hält: Ein negativer Beigeschmack bleibt. Die Frage, ob ein nach der Kündigung des Kunden geführtes Rückgewinnungs-Telefonat zum laufenden Vertrag gehört oder nicht, müsste vom Gesetzgeber eindeutig geklärt werden.

Die von Vodafone geschilderten Mühen, sich unter allen Umständen an die jetzigen gesetzlichen Regelungen zu halten, um nicht mit den "echten" Telefonterroristen der Branche auf eine Stufe gestellt zu werden, legen den Schluss nahe, dass es sich bei den Rückgewinnungsanrufen wohl um ein einträgliches Geschäft handeln dürfte. Wie viele Kunden sich tatsächlich zum Bleiben überreden lassen, sagte Vodafone allerdings nicht.

Empfehlenswert ist es in jedem Fall, beim eigenen Provider im Kundencenter nachzuschauen, ob die Häkchen bei der Werbeeinwilligung richtig gesetzt sind oder nicht. Manchmal gibt es verschiedene Checkboxen für die Werbung per Brief, E-Mail, SMS oder Telefon. Um ganz sicher zu gehen, kann man auch bei der Vertragskündigung sofort im Kündigungsschreiben vermerken, dass man unter keinen Umständen angerufen werden möchte, auch nicht im Rahmen des laufenden Vertrags. Wer sich unsicher ist und trotz Widerruf der Werbeeinwilligung weiter belästigt wird, sollte die örtliche Verbraucherzentrale einschalten.

Nach Beschwerden von teltarif.de-Lesern hat sich Vodafone mittlerweile auch zu den Rückgewinnungs-Anrufen bei Mobilfunk-Kunden geäußert.

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