Gratis-Streaming könnte Netflix & Co. übertrumpfen
Mediengipfel auf der Anga Com
Foto: Michael Fuhr/teltarif.de
Die Deutschen sind bekannt als Geizkragen. Zudem war Deutschland immer einer der größten Märkte für werbefinanziertes Free-TV in Europa. In diese Tradition könnte nun auch das Streaming treten. Günstigere, werbefinanzierte oder gar kostenlose Angebote könnten die bisherigen, immer teureren Abo-Modelle ergänzen oder sogar übertrumpfen. Diese Einschätzung gaben die Teilnehmer auf dem Mediengipfel auf der diesjährigen Fachmesse Anga Com in Köln ab. Das Motto lautete "Streaming und TV: Neue Konzepte für den perfekten Mix".
Startet Discovery+ im Juli?
Mediengipfel auf der Anga Com
Foto: Michael Fuhr/teltarif.de
Susanne Aigner, Geschäftsführerin Discovery GSA & BNLX kündigte den Streaming-Dienst Discovery+ in Deutschland für den "frühen oder mittleren Sommer" an. Das könnte ein Start im Juli oder August bedeuten. Wie berichtet kooperiert Discovery+ in Deutschland mit Sky. Der Streamingdienst soll allen Sky-Kunden ohne Aufpreis zur Verfügung stehen, aber auch alleinstehend zu abonnieren sein. Aigner kündigte exklusive Inhalte bei Discovery+ und ein werbefinanziertes Modell an.
Ein Ende der Ehe mit der Plattform Joyn als Joint Venture mit der ProSiebenSat.1 Media AG bedeute der Start von Discovery+ jedoch nicht. "Joyn sehen wir immer noch als Wachstumsmarkt".
Wie sich die Fusion von Discovery und Warner auf dem US-Markt auf Deutschland auswirke, sei im Moment noch offen. Aigner: "Wir stehen noch ganz am Anfang, die Strategie ist noch unbekannt". Man taste sich langsam aneinander heran. Es werde am Ende aber "etwas ganz Großes entstehen". Auf dem Panel wurde bereits über ein Start von HBO Max als nächstem Streaming-Riesen in Deutschland spekuliert. Das sei laut Aigner jedoch aktuell noch kein Thema.
Amazon will kostenlosen Streamingdienst starten
Einen Paradigmenwechsel beim Streaming soll es auch bei Amazon geben. Mit Prime Video betreibt der Riese bereits einen überaus erfolgreichen Streamingdienst. Nun soll laut Dr. Christoph Schneider, Geschäftsführer Amazon Prime Video, ein Konkurrent aus dem eigenen Hause in Deutschland auf den Markt kommen: Amazon Freevee. Diese Konkurrenz sieht Schneider jedoch nicht. Freevee, das noch 2022 starten soll, sei eher ein Einfallstor in die Streamingwelt für "resistente Zögerer".
RTL+ soll mit Musik, Podcasts und Hörbüchern ausgebaut werden
Große Pläne hat RTL mit seiner Plattform RTL+, die unter dem Motto "Ein Abo für alles" künftig neben Video-Streaming und TV-Content auch Audioprodukte wie Musikstreaming, Podcasts und Hörbücher anbieten will. Hintergrund sei die Zusammenführung von RTL Deutschland und Gruner + Jahr.
Laut Matthias Dang, Co-CEO RTL Deutschland, CEO Ad Alliance, werde es aber künftig neben einem All-inclusive-Angebot auch getrennte Abos geben. Alleine mit dem Video-Content konnte RTL bereits drei Millionen zahlende Abonnenten akquirieren, so Dang.
Sky will nicht mehr "Pay-TV-Sender" genannt werden
Elke Walthelm, EVP Content & MD Sky Deutschland, sieht das Unternehmen schon lange nicht mehr als Pay-TV-Sender und will in der Kommunikation auch nicht mehr so bezeichnet werden. Sky sei längst eine Plattform aus linearem TV und Streaming sowie Kurator und Creator. Als Highlight sieht sie die jetzt anlaufende dritte Staffel des Originals "Das Boot".
Anders als die Konkurrenten will Vodafone auch in Zukunft nicht selbst ins Content-Geschäft einsteigen und klassischer Distributor bleiben, so Andreas Laukenmann, Geschäftsführer Privatkunden bei Vodafone Deutschland.
Fragmentierung zwingt zu weiteren Kooperationen
Alle Teilnehmer des Mediengipfels erwarten eine weitere Fragmentierung. Umso wichtiger seien strategische Kooperationen. Ob das zu weiteren Zusammenschlüssen führt, etwa der beiden großen Privatfernsehgruppen RTL und ProSieben.Sat1? "Irgendwann werden wir darüber nachdenken müssen", prognostiziert RTL-Mann Matthias Dang.
Ab August gibt es bei Vodafone neue Frequenzen fürs Kabel-TV.