Fachmesse

ANGA COM: Streaming soll kein Stromfresser mehr sein

Die Jugend demons­triert bei Fridays for Future für mehr Klima­schutz, aber zu Hause wird gestreamt statt fern­gesehen, obwohl Strea­ming unter den Verbrei­tungs­methoden für Bewegt­bild der Ruf als Klima­killer anhaftet. Dem will Zattoo etwas entge­gen­setzen.
Von der ANGA COM in Köln berichtet Marc Hankmann

Wenn die Aktio­näre zur Haupt­ver­samm­lung kommen, gibt es ein Thema, zu dem viele Fragen gestellt werden: Was macht das Unter­nehmen in Sachen Nach­hal­tig­keit? Das berich­teten sowohl Nicole Agudo Berbel, Mana­ging Director & Chief Distri­bution Officer bei der Seven.One Enter­tain­ment Group, als auch Chris­tian Kühner, Programm­leiter „Nach­hal­tig­keit@Telekom Deutsch­land“ bei der Deut­schen Telekom.

Der Druck für Unter­nehmen in der TK- und Medi­enbranche ist also da, um nach­hal­tiger zu werden. "Laut einer PwC-Studie würden 50 Prozent der Inves­toren ihr Kapital zurück­ziehen, wenn ein Unter­nehmen nicht genü­gend in Sachen Nach­hal­tig­keit unter­nimmt", sagte Kühner auf der ANGA COM. "62 Prozent unserer Kunden wollen nach­hal­tige TK-Produkte kaufen." Ein Mann sitzt in einem Stuhl. Er trägt einen grauen 3-Tage-Bart und eine Brille und faltet die Hände zusammen. Christian Kühner, Programmleiter „Nachhaltigkeit@Telekom Deutschland“
Foto: MH Media
Sagen ist das eine, handeln das andere. "Die Kunden sind auch weiterhin preis­sen­sibel", sagte Stefan Lietsch, Chief Tech­nology Officer von Zattoo. Als Strea­ming-Anbieter stehen Unter­nehmen wie Zattoo beson­ders im Kreuz­feuer. Dem will Lietsch etwas entge­gen­setzen. "Wir haben ein Pilot­pro­jekt mit einem Betreiber von Wind­kraft­anlagen in der Nähe von Pader­born laufen", erklärte er. Seit einem Jahr betreibt Zattoo in einem der Wind­kraft­räder zwei Racks. "Wir trans­por­tieren lieber die Bits und Bytes dahin, wo sie hin müssen", erklärte Lietsch. "90 Prozent des Stroms wird über die Wind­kraft­räder erzeugt." Für den Rest besteht eine Anbin­dung ans Strom­netz. "Die rege­nera­tive Ener­gie­gewin­nung soll aber zum Beispiel durch Solar­energie ausge­baut werden", sagte der Zattoo-CTO auf der ANGA COM. In einem Jahr will der Strea­ming-Anbieter zehn Racks in Wind­kraft­rädern betreiben.

Neue Technik redu­ziert den Ener­gie­bedarf

Ein Mann mit schwarz-grauem Haar und schwarzen Vollbart trägt ein dunkles Hemd. Er sitzt in einem Stuhl auf einer Bühne. Zattoo-CTO Stefan Lietsch testet, ob die Racks des Streaming-Anbieters nicht direkt in Windkrafträdern betrieben werden können
Foto: MH Media
Mit Solar­energie kennt sich Chris­toph Mühleib (Geschäfts­führer von ASTRA Deutsch­land) aus, denn seine Satel­liten verfügen über Solar­panels für den Betrieb. Wenn einer der Orbiter aber gesteuert werden muss, wird Treib­stoff benö­tigt. "Früher hatte ein Satellit Tonnen an Treib­stoff an Bord, heute sind es noch 500 Kilo­gramm", sagte Mühleib. Der Treib­stoff ist das Maß für die Lebens­dauer eines Satel­liten. Lag sie früher bei maximal 15 Jahren, sprach Mühleib auf der ANGA COM davon, dass ASTRA im Durch­schnitt schon über 20 Jahre erreiche. "Wir waren der erste kommer­zielle Space-X-Nutzer", ergänzte Mühleib, "aus Gründen der Nach­hal­tig­keit". Während die Ariane-Rakete in der Atmo­sphäre verglüht, kehren die Raketen von Space X zur Erde zurück.

Den Ener­gie­ver­brauch senken will auch Telekom-Manager Kühner. "Indem wir unter anderem veral­tete Technik gegen neue austau­schen", erklärte er. Die Abschal­tung von 3G und der letzten analogen Tele­fon­anschlüsse redu­zierte den Strom­ver­brauch in den Telekom-Netzen um zehn Prozent. "Wir suchen ständig nach Möglich­keiten, in rege­nera­tive Ener­gie­gewin­nung oder in Groß­spei­cher zu inves­tieren", sagte Kühner, denn noch verbrau­chen die Telekom-Netze pro Jahr 3,1 GWh.

Kritik an Breko-Studie über den Strom­ver­brauch in TK-Netzen

Ein Mann sitzt in einem hellblauen Hemd und einem dunklen Sakko in einem Stuhl. Axel Sihn, stellvertretender Vorsitzender des ZVEI-Fachverbands Media Networks, ist von der jüngsten Breko-Studie nicht überzeugt
Foto: MH Media
Um den Strom­ver­brauch in Tele­kom­muni­kati­ons­netzen geht es auch in der jüngsten Studie der Tech­nische Hoch­schule Mittel­hessen, die der Bundes­ver­band Breit­band­kom­muni­kation (Breko) in Auftrag gegeben hatte. Der Studie zufolge benö­tigen reine Glas­faser­netze bis in die Wohnung (FTTH) im laufenden Betrieb bis zu 2,6-mal weniger Strom als Glas­faser­netze bis ins Gebäude (FTTB) und bis zu dreimal weniger Strom als kupfer­basierte Vecto­ring- oder Super-Vecto­ring-Netze (FTTC). TV-Kabel­netze, die mit DOCSIS 3.1 aufge­rüstet sind, verbrau­chen laut Studie bis zu sechsmal mehr Strom als FTTH-Netze.

Die Ergeb­nisse seien aber laut Axel Sihn, stell­ver­tre­tender Vorsit­zender des ZVEI-Fach­ver­bands Media Networks sowie geschäfts­füh­render Gesell­schafter des Netz­werk­aus­rüs­ters WISI, mit Vorsicht zu genießen. "Wie kann ein passives opti­sches Netz mehr Energie verbrau­chen als ein aktives", fragte er rheto­risch. Auch die Angabe der Leis­tungs­auf­nahme für ein konkretes Netz­abschluss­gerät aus der Studie ist laut Sihn im Produkt­daten­blatt des Herstel­lers höher ange­geben. Das heißt aber nicht, dass die grund­sätz­lichen Ergeb­nisse der Studie falsch sind. "Der Vergleich stimmt, nur die Rela­tionen nicht", sagte Sihn auf der ANGA COM.

In einer weiteren ANGA-COM-Meldung geht es um: Das Risiko, Glas­faser-Inves­toren abzu­schre­cken.

Rückblick: Das war die ANGA COM 2022

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