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ANGA COM: Es entsteht ein großer FTTH-Flickenteppich

Auf der ANGA COM disku­tierten Netz­betreiber die Rolle der Privat­inves­toren beim Glas­faser­ausbau in Deutsch­land. Sie gingen auch der Frage nach, ob eines Tages ein einzelnes TK-Unter­nehmen den Markt konso­lidieren wird.
Von der ANGA COM in Köln berichtet Marc Hankmann

Privat­inves­toren wollen in den Glas­faser­ausbau in Deutsch­land insge­samt zwischen 30 und 50 Milli­arden Euro inves­tieren. Ausge­hend davon, dass die Deut­sche Telekom bis 2030 28 Millionen Haus­halte verglasen will, bleiben für die Wett­bewerber rund zwölf Millionen Haus­halte übrig. Die ange­kün­digten Inves­titionen würden den Worten von Johannes Pruchnow, Mana­ging Director der gabo System­technik, für die doppelte Zahl an Haus­halten ausrei­chen. Kein Wunder, dass unter den Netz­betrei­bern Gold­grä­ber­stim­mung herrscht.

Auf dem Podium sitzen im Halbkreis fünf Männer in Sesseln vor einer großen Videoleinwand. Auf der ANGA COM diskutierten im Panel "Smart Networks: Neue Investoren und ihre Ausbaupläne" Netzbetreiber über die Glasfaserzukunft Deutschlands
Foto: MH Media
Aber es ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Zwar habe sich laut Pruchnow inzwi­schen die Situa­tion im Tiefbau entspannt, da viele Unter­nehmen aus dem Ausland Deutsch­land als neuen Markt für sich entdeckt haben, aber Mate­rial­preise und Kredit­zinsen steigen. Hinzu kommt, dass es zwar viele „Homes passed“ gibt, aber nur wenige „Homes connected“. „Homes passed ist nicht defi­niert“, bemän­gelte Jan Georg Budden, CEO und Mitgründer der Deut­schen GigaNetz, auf der ANGA COM. Es sei nicht klar gere­gelt, wie nah bzw. fern die Glas­faser an einem Haus entlang­führen müsse, damit es als Home passed durch­gehe. „Daher wird die Zahl der Homes Connected die Währung sein“, erklärte Budden.

Open Access als Grund­lage

Ein Mann mittleren Alters mit hellblauen Hemd und grauen Anzug sitzt in einem Sessel und faltet seine Hände im Schoß. Johannes Pruchnow, Managing Director der gabo Systemtechnik, sprach auf der ANGA COM von einer Entspannung in Bezug auf Tiefbaukapazitäten
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Der Deut­sche-GigaNetz-CEO pflich­tete Pruchnow bei, dass nicht der Tiefbau der limi­tie­rende Faktor sei. Budden sieht den Flaschen­hals bei den Planungs­kapa­zitäten. „Das Baurecht muss geän­dert werden“, forderte er auf der ANGA COM. Er warnte auch vor dem Irrglauben vieler Bürger­meister, sie könnten mit der Förde­rung durch Bund und Land schneller Glas­faser verlegen als um eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau. Das würde letzt­end­lich die Inves­toren wieder vertreiben.

Ein Mann mit blonden Haaren, gekleidet in einem hellblau gestreiften Hemd und dunklem Anzug, sitzt in einem Sessel und schaut nach rechts. Er gestikuliert mit der rechten Hand. Deutsche-GigaNetz-CEO Jan Georg Budden kritisierte, dass es keine Definition gibt, ab wann ein Haus als "Home passed" gilt. Die eigentliche Währung seien die "Homes connected".
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Im Gegen­satz zu Ulrich Hoff­mann, CEO des Netz­betrei­bers Plusnet, sieht Budden Open Access auch nicht als das Allheil­mittel an. „Wenn ich keinen auf mein Netz lasse, erhöhe ich das Risiko, über­baut zu werden“, sagte Hoff­mann. „Wir werden die Netze öffnen müssen, sonst werden sie aufge­bro­chen“, pflich­tete ihm Marco Sick, CEO von Vatten­fall Euro­fiber bei.

Käse statt Busi­ness-Case

Da derzeit sehr viele Unter­nehmen Glas­faser­netze bauen, entsteht ein Flicken­tep­pich aus regio­nalen Netz­betrei­bern. Der wird nach Ansicht der Experten auch für einen langen Zeit­raum bestehen bleiben, da viel Eigen- und wenig Fremd­kapital im Markt sei. Deshalb spielen stei­gende Kredit­zinsen keine große Rolle. Das eine Unter­nehmen, das den Markt konso­lidiert, zeichnet sich nicht am Hori­zont ab. Gleich­wohl können sich die Experten durchaus vorstellen, dass es auf Diens­tee­bene jemanden geben könnte, der als bundes­weiter Brand auftritt.

Ein Mann mit Brille und grauen Haaren, gekleidet mit einem weißen Hemd und einem dunklen Anzug, sitzt in einem Sessel und schaut in die Kamera Vattenfall-Eurofiber-CEO Marco Sick geht davon aus, dass die Netzbetreiber ihre Netze öffnen müssen, um zu verhindern, dass sie aufgebrochen würden
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Für einen solchen Anbieter wäre Open Access aber die Basis. „Wir benö­tigen Stan­dards, um die Netze aggre­gieren zu können“, mahnte Hoff­mann an, denn nur so könne man die Mone­tari­sie­rung beim Kunden voran­treiben. „Ansonsten habe ich keinen Case, sondern nur Käse“, brachte es der Plusnet-CEO auf den Punkt.

Die Rohre zu dick, die Ports falsch dokumen­tiert oder unklare Brand­schutz­vor­schriften: Dem Tech­niker wird heut­zutage im Glas­faser­ausbau viel abver­langt. Auf der ANGA COM kamen die alltäg­lichen Probleme beim Verlegen von Glas­faser auf den Tisch.

Rückblick: Das war die ANGA COM 2022

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