Kein bisschen leise: UKW ist 70 Jahre alt
Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott
Foto: Newtro
Sie ist Dino und Fels in der Brandung zugleich: Die Hörfunkausbreitung über Ultrakurzwelle (UKW) feierte seinen 70. Geburtstag. Am 28. Februar 1949 ging der erste UKW-Sender Deutschlands in München Freimann auf Sendung. Einen Tag später folgte ein UKW-Sender in Hannover. Weitere kamen in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Kassel, Nürnberg, Würzburg und Köln dazu, so dass bereits Ende April 1950 rund 40 Prozent der Rundfunk-Hörer die Möglichkeit hatten, UKW-Sender zu empfangen.
Die Ultrakurzwelle bescherte dem Radio einen Qualitätssprung mit deutlich besserer Klangqualität. Die UKW-Übertragung verwendet die so genannte Frequenzmodulation (FM). Sie verbreitet die Radiosignale mit weniger Störungen und besserem Frequenzgang als die bis dahin auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle verwendete Amplituden-Modulation (AM).
gfu sieht Ende von UKW
Alte UKW-Radios werden noch lange nicht zu Elektroschrott
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Laut der gfu Consumer & Home Electronics GmbH ist die analoge UKW-Übertragung - aller technischen Weiterentwicklungen zum Trotz - aber inzwischen ein Auslaufmodell. Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es bereits digitales Radio – terrestrisch, über Satellit und im Kabel. In den letzten Jahren wurde auch die digitale Hörfunk-Verbreitung über das Internet immer beliebter. Ein wachsendes Angebot Internet-tauglicher Empfänger bringt tausende von Radiostationen aus aller Welt zu Gehör.
Am 1. August 2011 gingen erstmals deutschlandweit Programme nach dem neuen Digitalstandard DAB+ auf Sendung. Das Übertragungsverfahren DAB+ arbeitet mit einer moderneren, effizienteren Ton-Kodierung als das Vorläufersystem DAB. Dies verringert Übertragungskosten und bietet bei gleicher Klangqualität mehr Spielraum für eine noch deutlich größere digitale Programmvielfalt. Zu den Vorteilen von DAB+ zählen beispielsweise ein stabiler Empfang des Senders im bundesweiten Sendegebiet ohne Rauschen und Knistern sowie ein digitaler Dienst zur Verkehrslenkung, der weit über die Möglichkeiten von Traffic Message Channel (TMC) hinausgeht.
Digitalisierung des Radios nicht mehr aufzuhalten
"Trotz des 70-jährigen Jubiläums von UKW ist die Digitalisierung des Radios nicht mehr aufzuhalten", erklärt Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender der gfu Consumer & Home Electronics GmbH. "Das Geräteangebot, die bessere Qualität und das umfangreiche Programmangebot sprechen eindeutig für DAB+. Als digitaler Verbreitungsweg ganz ohne Internetverbindung ermöglicht es eine kostenfreie Nutzung von Radioprogrammen in digitaler Qualität und ohne jegliche Volumenbegrenzung. Die aktuellen Zahlen aus dem HEMIX (Home Electronics Market Index) belegen für 2018 mit ein Umsatzwachstum von 16 Prozent im Handel, dass sich die Konsumenten bereits jetzt vermehrt für ein zukunftssicheres DAB+ Empfangsgerät entscheiden und nicht mehr auf die veraltete analoge UKW-Technik setzen".
Zahlen aus dem Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten 2018 belegen einen deutlichen Anstieg der Nutzung von DAB+: Demnach lag die Haushaltsdurchdringung mit DAB+-Radiogeräten in 2018 bei 17 Prozent, jeder sechste Haushalt in Deutschland verfügt inzwischen über mindestens ein DAB+ fähiges Endgerät (in Zahlen knapp sieben Millionen Haushalte). In jedem zehnten zugelassenen Auto ist ein DAB+-Radio verbaut und fast jeder zweite Neuwagen (40 Prozent) rollt mit einem DAB+ Radio vom Band. Die Zahl der Autoradios mit DAB+-Empfang in 2018 betrug 4,41 Millionen. Die Gesamtzahl der DAB+-Geräte (Wohnung und Auto) lag 2018 damit bei knapp zwölf Millionen Geräten.
Privatradios wollen noch lange an UKW festhalten
Vor allem für private Radiosender ist die UKW-Verbreitung aber nach wie vor das einzig funktionierende Geschäftsmodell für den Hörfunk in Deutschland. Noch immer neun von zehn Deutschen ihr Lieblingsradioprogramm vorrangig oder sogar ausschließlich über die Ultrakurzwelle. So lange das alte Radio aus den 1980er-Jahren in Küche, Bad oder am Arbeitsplatz noch funktioniert, wird es nicht durch ein moderneres ersetzt - ganz anders als beim PC, dem Smartphone, dem Auto oder der Wohnzimmercouch. Die kommerziellen Radios wollen daher vor allem eins nicht: eine von der Politik gesetzlich verordnete Abschaltung des analogen Hörfunks wie in Norwegen.
Vor allem kleinere Privatradios und unabhängige Sendernetzbetreiber entwickeln erst jetzt dank der Liberalisierung des UKW-Marktes neue Geschäftsmodelle. Erst durch den Eigenbetrieb von Sendeanlagen - ohne teure Sendermieten - können kleine Radiosender wie Radio 90.VIER (Niedersachsen), Antenne Pulheim (NRW) oder Radio Saarschleifenland (Saarland) wirtschaftlich überleben.