Vorprogrammiert

Streit über Glasfaser-Doppelausbau

Glas­faser im Haus bietet schnelle Verbin­dungen. Doch welcher Anbieter baut wo aus? Und was ist, wenn zwei zugleich ausbauen? Streit ist vorpro­gram­miert.
Von dpa /

Der umstrit­tene Doppel­ausbau von Glas­faser-Internet (wir berich­teten mehr­fach) sorgt weiter für erhitzte Gemüter in Deutsch­lands Tele­kom­muni­kati­ons­branche. In einem Brief an das Bundes­digi­tal­minis­terium fordern die Verbände Breko, Anga und VATM, welche die Inter­essen von Konkur­renten der Deut­schen Telekom vertreten, Maßnahmen zu ergreifen. Der stra­tegi­sche Doppel­ausbau - auch „Überbau“ genannt - sei „ein großes Problem für den weiteren erfolg­rei­chen Glas­faser­ausbau in Deutsch­land“. Bei dem Doppel­ausbau verlegen zwei Firmen separat vonein­ander Glas­faser in einer Gegend oder wollen dies tun. Dadurch fehlen die Bagger in anderen Gegenden, wo die Menschen gar kein Glas­faser-Speed bekommen.

Beste Technik: FTTH

Wo Glasfaser gebaut werden soll, kann es kompliziert werden, wenn ein zweites Unternehmen auch gebaut hat oder das in Kürze plant. Wo Glasfaser gebaut werden soll, kann es kompliziert werden, wenn ein zweites Unternehmen auch gebaut hat oder das in Kürze plant.
Foto: Picture Alliance/dpa
„Fiber to the Home“ (FTTH) gilt als die beste Tech­nologie für schnelles und stabiles Internet. Verbin­dungen über Tele­fon­kabel (VDSL) sind ein Auslauf­modell. Fern­seh­kabel (Docsis 3.1) bieten zwar mehr Speed als die dünnen Tele­fon­lei­tungen, sind aber schwan­kungs­anfällig - ist die ganze Nach­bar­schaft online, geht die Leis­tung in den Keller. Glas­faser-Anschlüsse sind bei hohem Speed hingegen bemer­kens­wert stabil, aber relativ teuer.

Ausbau hat Fahrt aufge­nommen

Der Ausbau hat Fahrt aufge­nommen, laut einer BREKO-Markt­ana­lyse vom August kann schon jeder dritte Haus­halt in Deutsch­land an Glas­faser-Internet ange­schlossen werden. Vor allem die Telekom inves­tiert stark. Dass der Bonner Konzern mancher­orts Ausbau­vor­haben verkündet, obwohl dort schon ein klei­neres Unter­nehmen Pläne bekannt­gegeben oder umge­setzt hat, führt zu Kopf­schüt­teln in der Branche. Denn wenn ein markt­beherr­schendes Unter­nehmen seine Muskeln spielen lässt, kommen die Kleinen unter Druck, ohne dass dem Inter­net­ausbau insge­samt damit gedient sei, so die Kritik.

Studie befeuert Kritik

Eine vom Bundes­digi­tal­minis­terium in Auftrag gege­bene Studie des Bera­tungs­unter­neh­mens WIK-Consult, die kürz­lich publi­ziert wurde, stützt die Kritik an dem Magenta-Konzern. Die Studie basiert aller­dings nicht auf einer reprä­sen­tativen Stich­probe von Glas­faser-Projekten, wie die Autoren selbst einschränken.

Reine Ankün­digung bremst andere Anbieter aus

In der Studie heißt es, dass die Ankün­digung eines Markt­beherr­schers dazu führen könne, dass die vorher bereits veröf­fent­lichte Ausbau­pla­nung eines anderen Unter­neh­mens beein­träch­tigt und der „First Mover“-Vorteil - dass also der Erste den lokalen Markt für sich hat - genommen werde. „Einem solchen Verhalten des markt­beherr­schenden Unter­neh­mens wohnt somit die Gefahr der Verdrän­gung von Wett­bewer­bern aus dem Markt inne“, heißt es in der Studie.

Stra­tegi­scher Doppel­ausbau?

Setzt die Telekom also den Doppel­ausbau stra­tegisch ein, um die Kleinen - häufig kommu­nale Betriebe - aus dem Markt zu drängen? Davon sind die Wett­bewerber des Bonner Konzerns über­zeugt. „Der stra­tegi­sche Überbau, wie ihn die Telekom prak­tiziert, bremst den flächen­deckenden Ausbau der Glas­faser­netze in ganz Deutsch­land“, sagt eine Spre­cherin vom Verband kommu­naler Unter­nehmen (VKU)".

Wett­bewerb ist gut für Verbrau­cher

Die Telekom argu­men­tiert hingegen, dass der Infra­struk­tur­wett­bewerb gut sei für die Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher, die dadurch eine Wahl­mög­lich­keit haben. Deutsch­land­chef Srini Gopalan warnt davor, mit dem Prinzip des freien Marktes zu brechen und Inves­titionen der Telekom in bestimmten Gebieten blockieren zu wollen. Das würde Wett­bewerb verhin­dern. „Und im Klar­text heißt das, Deutsch­land bekäme ganz viele, lokal begrenzte Glas­faser­mono­pole“, sagt der Manager. „Das ist Klein­staa­terei und kann nicht der digi­tale Weg sein, den eine der führenden Wirt­schafts­nationen einschlägt.“

Nur einer baut aus?

Die „Nur-einer-baut-aus-Idee“ hätte auch für die Bürge­rinnen und Bürger Nach­teile. Denn wo Mono­pole den Wett­bewerb verhin­derten, blieben die Endkun­den­preise mangels Konkur­renz hoch, argu­men­tiert der Magenta-Manager. „Deswegen ist Wett­bewerb, auch gerade in der Infra­struktur, poli­tisch gewollt.“

Telekom kommt der Branche entgegen

Von der Telekom heißt es zudem, dass die Politik den Wett­bewer­bern bereits weit entgegen gekommen sei. Als Beispiel hierfür nennt eine Firmen­spre­cherin unter anderem die Moni­toring­stelle der Bundes­netz­agentur.

Diese Stelle wurde im Juli einge­richtet, um Doppel­struk­turen im Blick zu haben und prüfen zu können, ob Firmen wett­bewerbs­behin­dernde, miss­bräuch­liche oder unlau­tere Methoden anwenden. Inzwi­schen liegen Zahlen vor: In den Monaten Juli, August und September regis­trierte die Moni­toring­stelle 292 Rück­mel­dungen zum Thema Glas­faser-Ausbau.

Unter­nehmen, Verbände, Klom­munen und Privat­per­sonen melden sich

Die Einrei­chungen kommen von Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen, Verbänden, Kommunen und Privat­leuten. Sie beziehen sich auf die Gegenden, in denen der umstrit­tene „Überbau“ statt­findet. Es sind Mehr­fach­nen­nungen möglich - also mehrere Wort­mel­dungen, die sich auf ein und das gleiche Gebiet beziehen. Außerdem sind Fälle darunter, die als unkri­tisch gelten. Die Aussa­gekraft der Zahl ist daher zwar einge­schränkt. Nach Lesart des VKU ist die Zahl aber ein Beleg dafür, dass es sich keines­wegs um ein „Nischen­phä­nomen“ handele.

Politik: Mit Sorgen­falten

In der Politik wird das Thema Überbau mit Sorgen­falten zur Kenntnis genommen. Der FDP-Bundes­tags­abge­ord­nete Maxi­milian Funke-Kaiser sagt, dass es hierbei einen gravie­renden Unter­schied zwischen urbanen und länd­lichen Gebieten gebe. „In der Stadt kommt der verstärkte Wett­bewerb den Kunden zugute und beschleu­nigt den Netz­ausbau“, sagt der Libe­rale. „In dünn besie­delten Räumen reicht die Andro­hung eines Doppel­aus­baus durch die Telekom aus, damit klei­nere Konkur­renten zum Rückzug gezwungen werden.“

Auswer­tung der Moni­tor­stelle soll Klar­heit schaffen

Die Netz­agentur setzt mit ihrer Moni­toring­stelle auf Trans­parenz. „Ziel des Moni­torings von Doppel­aus­bau­vor­haben ist es, eine fundierte Bewer­tung des Wett­bewerbs­gesche­hens vornehmen zu können“, sagt ein Behör­den­spre­cher. „Die Auswer­tung wird helfen, zügig eine versach­lichte Diskus­sion über mögliche Schluss­fol­gerungen zu führen.“ Die Arbeiten hierzu treibe man „prio­ritär voran“.

Wir hatten das Thema bereits beleuchtet.

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