Fortschritte

U-Bahn-Berlin: Mehr LTE für alle

Die Berliner U-Bahn wurde von E-Plus als erstem Anbieter mit GSM-Mobil­funk versorgt. Der Voll-Ausbau dauert bis heute. Doch es gibt Fort­schritte.
Von / Wolf Schmutterer

Als beim dama­ligen Technik-Chef von E-Plus, Horst Lennertz, der Vorschlag aufkam, die Berliner U-Bahn mit Mobil­funk zu versorgen, soll dieser (sinn­gemäß) gesagt haben: "Kinners, Ihr sinn ja verrückt. Dat wird ja richtig teuer. Aber, ... dat machen wir. Dat wird jroß­artig." Und so prangten bald auf allen U-Bahn-Stationen in Berlin die grünen Aufkleber: "Hier können Sie mit E-Plus mobil tele­fonieren." Andere Anbieter blieben zunächst einmal außen vor. Mehr dazu im Verlaufe des Arti­kels.

Für Eilige: Wie die aktu­elle Mobil­funk-Versor­gung im Berliner U-Bahn-Netz aussieht, erfahren Sie auf Seite 3.

Jahre­lange Klagen

Die schlechte Abde­ckung des Berliner U-Bahn-Netzes durch einige Mobil­funk­anbieter ist schon lange ein Grund zur Klage. Sie hat ihre eigene Geschichte und Ursa­chen. Es wird aber intensiv daran gear­beitet und es besteht Hoff­nung, dass das Problem in den nächsten Jahren gelöst sein wird.

Etwas Statistik

Unendliche Geschichte: Leichte Fortschritte beim LTE-Ausbau der Berliner U-Bahn Unendliche Geschichte: Leichte Fortschritte beim LTE-Ausbau der Berliner U-Bahn
Bild: picture alliance/Christoph Soeder/dpa
Im Jahr 2018 verzeich­nete die BVG alleine in der U-Bahn 583 Millionen Fahr­gäste. Das sind täglich etwa 1,6 Millionen „Beför­derungs­fälle“, wie sie das früher nannte. Statis­tisch gesehen benutzt fast jeder zweite Einwohner der Haupt­stadt die U-Bahn wenigs­tens einmal pro Tag. Durch die vielen Besu­cher der Stadt ist dieser Mittel­wert in der Realität etwas verschoben.

Die durch­schnitt­liche Fahrt­länge betrug dabei 4,7 km oder 6 Stationen, was in etwa 10 Minuten Fahr­zeit ausmacht. Viel Zeit, um online zu gehen, Mails zu checken, online ein Ticket zu kaufen, mögliche Fahr­optionen zu über­prüfen oder auch nur soziale Medien zu nutzen. Nur es gibt ein Problem: Das Netz ist unter Tage nur bedingt oder gar nicht nutzbar.

Netz­tests finden Funk­loch in der U-Bahn nicht

Bei den Netz­tests der App-basierten Netz­werk-Analysten wie Tutela, Open­signal oder auch Umlaut (früher P3) wird die U-Bahn häufig über­sehen. Die Apps, welche das Einbu­chen und damit die 4G Verfüg­bar­keit norma­ler­weise regis­trieren, funk­tio­nieren im Unter­grund nicht richtig, weil dort außer dem fehlenden Mobil­funk auch kein GPS-Signal empfangen wird. Das Funk­loch kann dadurch nicht geogra­phisch exakt fixiert werden und der Versor­gungs­zustand bleibt für die Statis­tiken unbe­rück­sich­tigt, obgleich er für viele Nutzer des ÖPNV sehr wichtig ist.

Die folgende Über­sicht wurde im Juli 2021 durch eigene Mess­fahrten genau über­prüft und völlig aktua­lisiert, nachdem Fort­schritte in der Versor­gung fest­gestellt wurden. Sie ist eine Moment­auf­nahme vom Sommer 2021, die sich hoffent­lich bald wieder verän­dern und verbes­sern wird, aber ihre Ursa­chen in der Vergan­gen­heit hat.

Rück­blende: Zur Geschichte des Mobil­funks in der Berliner U-Bahn:

In den Jahren 1995/6 baute der Netz­betreiber E-Plus erst­mals Mobil­funk (GSM 2G im „E-Netz“ auf 1800 MHz) im gesamten Berliner U-Bahn-Netz, was Berlin zur ersten Stadt in Europa machte, in der man in der U-Bahn durch­gehend tele­fonieren konnte. Die BVG als städ­tischer Verkehrs­träger bevor­zugte den Anbieter, da er ihr ein neues Zugfunk-Netz kostenlos dazu bescherte. E-Plus wurde damals für mehrere Jahre ein Monopol zuge­sichert, bevor die anderen Betreiber etwa ab 1998 nach­ziehen durften.

Das aufge­baute 2G-Netz war damals Stan­dard, jedoch für mobiles Internet, das ab Mitte des nächsten Jahr­zehnts immer wich­tiger wurde, nur wenig geeignet. So bot es zunächst nur GPRS, später EDGE, und damit nur lang­same Down­load-Geschwin­dig­keiten. Als Antwort baute die BVG ein öffent­liches WLAN-Netz in viele ihrer U-Bahn­höfe. Der entschei­dende Nach­teil dieser Technik besteht darin, dass WLAN zwar ganz gut im Bahnhof funk­tio­niert, nicht aber auf den Stre­cken zwischen den Bahn­höfen. Das On-Off-Surfen beim Fahren fand daher bei U-Bahn-Nutzern wenig Freunde.

Das "unter­irdi­sche 2G-Monopol" von E-Plus vom letzten Jahr­hun­dert, was nur 2-3 Jahre währte, sollte sich 20 Jahre später bei 3G und 4G wieder­holen, nur diesmal viel länger dauern. 2014/15 baute E-Plus in der U-Bahn 3G und 4G im gesamten Netz in rekord­ver­dächtig kurzer Zeit von nur 1,5 Jahren aus. Etwa zur glei­chen Zeit fusio­nierte E-Plus mit Telefónica, die als o2 (nach Abschal­tung des Telekom-Roamings) ihren Kunden über­haupt kein Netz in der U-Bahn anbieten konnten.

Was o2 von E-Plus geerbt hat und welche Mammut­auf­gabe noch bleibt, lesen Sie auf Seite 2.

Mehr zum Thema Berlin