Berliner Senat: Berlin ist kein großes Funkloch
Dass der Netzausbau im Land "verbesserungsfähig" ist, ist nichts Neues. Während viele davon ausgehen, dass die noch vorhandenen restlichen Funklöcher irgendwo im bayrischen Wald, der Mark Brandenburg, den Weiten von Mecklenburg-Vorpommern oder tief im Thüringer Wald oder in Rheinland-Pfalz oder dem Saarland zu finden sind, melden sich Leser, die beispielsweise in der Weltstadt Berlin über "Funklöcher" berichten.
Anfrage im Berliner Senat
Nun hat der Berliner Abgeordnete Stephan Schmidt (CDU) am 10. Mai eine parlamentarische Anfrage unter dem Thema Berlin – Hauptstadt der Funklöcher? gestellt und bekam nach knapp 10 Tagen eine Antwort.
Nicht so schlimm?
So schlimm sei es ja nun nicht, so die sinngemäße Antwort der Berliner Senatsverwaltung. Beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes stehe Berlin im deutschlandweiten Ranking laut Senat sehr gut da. "Berlin ist im Vergleich der Flächenbundesländer bereits deutlich weiter fortgeschritten und liegt im Vergleich mit den Stadtstaaten vorn", antwortete der Senat dem Abgeordneten Schmidt. Geplant sei eine vollständige 5G-Versorgung aller Haushalte, Firmen und Straßen bis spätestens 2025.
Berlin: Schon 61 Prozent mit 5G?
Nach den Daten habe Berlin eine 5G-Flächenversorgung von 61 Prozent. Es folgten Hamburg mit 57 Prozent und Bremen mit 33 Prozent. Bei den Flächenländern liege Sachsen mit 17 Prozent vorne.
Der Ausbau für eine neue Mobilfunkgeneration sei üblicherweise ein jahrelanger Prozess, erklärte die Senatsverwaltung, die richtigerweise darauf hinwies, dass man die Versorgung von Telekom, Vodafone oder Telefónica/o2 für sich getrennt betrachten müsse.
In Berlin gebe es aktuell mehr als 3000 Standorte mit Mobilfunkantennen. Jeder der drei großen Funknetzbetreiber in Berlin, Telekom, Telefónica (o2) oder Vodafone, müsse etwa 1000 Mobilfunkstandorte neu ausrüsten oder zum Teil neu aufstellen.
Problemfall U-Bahn
Im U-Bahnnetz sei man noch nicht so weit, räumte der Senat ein. "Der 5G-Mobilfunkausbau in der Berliner U-Bahn wurde noch nicht begonnen." Demnächst sei dort aber die Erweiterung zur LTE-Versorgung durch alle Netzbetreiber abgeschlossen, damit gebe es auch die Voraussetzungen für 5G, ist man beim Senat optimistisch.
Wer regelmäßig U-Bahn fährt, weiß es besser. Zwar ist die Netzabdeckung mit Telefónica (o2), die weite Teile des Netzes von der ehemaligen E-Plus übernommen haben, schon recht ordentlich, aber Kunden der Telekom ("D1") oder von Vodafone ("D2") erleben im Untergrund über weite Strecken weiter ein Quasi-Funkloch, weil man mit der vorhandenen 2G-Versorgung zwar ausreichend telefonieren, aber kaum Daten übertragen kann. Die Anzeige "E" könnte mit "extremes Datenschleichen" oder "empty" (leer) übersetzt werden.
Es dauert alles länger
Ist Berlin ein großes Funkloch? Thema im Berliner Abgeordnetenhaus.
Foto: Picture Alliance/dpa
Der Ausbau sollte schon vor Jahren abgeschlossen sein, aber ständig gibt es Probleme.
Woran das genau liegt, ist nicht einfach zu ermitteln. Klar: Es müssen zahlreiche neue Stationen, Stromversorgungen und Antennen im Untergrund eingebaut werden, und das geht teilweise nur an knappen Stellflächen in Bahnhöfen oder den Tunneln, und dort darf nur während der kurzen nächtlichen Betriebspause gearbeitet werden. Dafür sind - wir sind in Deutschland - offenbar unendlich viele Einzelgenehmigungen von Ämtern und Behörden und dem Hausherrn, der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) notwendig. Dazu kommen aktuell wohl Lieferengpässe bei den Herstellern von Baugruppen für Sende- und Antennen-Technik. Es sollen teilweise auch falsche oder fehlerhafte Baugruppen geliefert worden sein, war zu hören.
Vodafone promotet 5G-SA
Der Netzbetreiber Vodafone weist den Senat natürlich stolz darauf hin, dass in Berlin auch der Ausbau der 5G-SA ("5G+") Technologie, der nächsten Stufe des 5G-Mobilfunks schon vorangeschritten sei. Doch noch nicht alle Sender sind bereits dafür umgerüstet und nicht jedes Handy kommt mit dieser Technik schon klar, außerdem braucht man einen Vodafone-Mobilfunkvertrag, der mit einer entsprechenden Option versehen ist, die kostenlos gebucht werden kann. Mit 5G-SA werden im Idealfall noch schnellere Reaktionszeiten möglich sein, die beispielsweise für die Vernetzung von Robotern in der Industrie, den vernetzten Straßenverkehr, aber auch für Computerspiele und die Virtual Reality, also virtuelle Welten wichtig sind. Nur in der U-Bahn wären viele Kunden froh, überhaupt ein datenfähiges Netz vorzufinden.
Vodafone bestätigt, dass an ersten Standorten 5G-SA ("5G+") freigeschaltet ist. Eines der dafür benötigten sogenannten Echtzeit-Rechenzentren stehe in Berlin, was die Reaktionszeiten zusätzlich verkürze, weil die Leitungen kürzer sind, auch Strom hat eine gewisse Höchstgeschwindigkeit.
Politik macht Druck
Die Anfrage des CDU-Abgeordneten scheint in Berlin gewaltig Staub aufgewirbelt zu haben, die rot-grüne Senatsverwaltung möchte da natürlich bei den Bürgern punkten und verwahrt sich gegen Vorwürfe, in Berlin ginge nichts voran. Wie aus gut informieren Kreisen weiter verlautet, sollen demnächst Gespräche zwischen der Politik und den beteiligten Unternehmen und Institutionen stattfinden, um den Netzausbau beispielsweise in der U-Bahn in schnellere und geordnetere Bahnen zu bekommen. Die Netzbetreiber würden auch gerne schneller bauen, verweisen aber auf die komplexe Genehmigungslage. Nicht von ungefähr hat Telekom-Deutschland-Chef Srini Gopalan als sein Lieblingswort "Genehmigungsverfahren" gewählt.
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