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Code: i14y: Ein Labor für Open-RAN

Ein Bundes­minister gibt für das "i14y Lab" 17 Millionen, die Telekom nochmal den glei­chen Betrag. In einem Labor sollen Open-Ran-Kompo­nenten, geprüft und bis zur Markt­reife getestet werden.
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Das Thema Open-RAN (O-RAN) bewegt die Branche. Einige Markt­kenner wie der teltarif.de-Gast­autor Prof. Torsten Gerpott sehen das eher skep­tisch. Einige Unter­nehmen, die bisher noch nicht so richtig zum Zuge kamen, sehen es eupho­risch, und Teile der inter­natio­nalen Politik hoffen, den Einfluss großer chine­sischer Hersteller wie z. B. Huawei oder die Inter­essen der chine­sischen Regie­rung etwas zurück­drängen zu können.

Das Labor steht in Berlin

In der Winterfeldtstraße in Berlin, dem Sitz des ehemaligen Fernmeldeamtes 1 wird das i14y-Labor für Open-RAN starten. In der Winterfeldtstraße in Berlin, dem Sitz des ehemaligen Fernmeldeamtes 1 wird das i14y-Labor für Open-RAN starten.
Foto: Deutsche Telekom / i14y / Screenshot teltarif.de
Mit Mitteln des Bundes­minis­teriums für Verkehr und Infra­struktur (BMVI) hat nun ein spezi­elles Entwick­lungs-Labor auf dem Inno­vation-Campus der Deut­schen Telekom in der Winter­feldt­straße in Berlin (histo­risches Fern­mel­deamt 1) seinen Betrieb aufge­nommen. Dort soll der Grund­stein für den Aufbau eines "euro­päi­schen bzw. deut­schen Ökosys­tems aus Herstel­lern und System­inte­gra­toren gelegt werden.

Leis­tungs­fähiger und flexi­bler

Ganz klar: Die Digi­tali­sie­rung erfor­dert immer flexi­blere und leis­tungs­fähi­gere Netze. Die Disag­gre­gation (das Zerlegen der Technik in einzelne über­schau­bare Kompo­nenten) verspricht mehr Agilität (Flexi­bilität und Schnel­lig­keit), Inno­vation und Alter­nativen für alle Markt­teil­nehmer.

Es heißt i14y

Das Labor wurde "i14y"-Lab getauft und wird vom BMVI mit 17 Millionen Euro geför­dert. Damit soll die „Time-to-Market“ für disagg­regierte Netz­lösungen beschleu­nigt werden. Das "Lab" wird für den Aufbau eines Ökosys­tems aus verschie­denen Herstel­lern solcher Lösungen in Deutsch­land bzw. Europa von zentraler Bedeu­tung sein. Die in diesem Labor durch­geführten Tests und Inte­gra­tionen sind für künftig geplante Koope­rationen von entschei­dender Bedeu­tung.

Minister startet Inno­vations-Inku­bator

Dazu hat sich der geschäfts­füh­rende Bundes­ver­kehrs­minister Scheuer geäu­ßert: "Wir starten einen Inno­vations-Inku­bator, 'Made in Germany‘! Das von uns geför­derte Open RAN Lab ist eine offene Platt­form, die Vernet­zung von Marktak­teuren ermög­licht und tech­nische Entwick­lung beschleu­nigt.

Alle inter­essierten Markt­teil­nehmer haben Zugang und können dort über­grei­fend zusam­men­arbeiten und vonein­ander lernen - egal ob Netz­betreiber, Netz­werk­lie­feranten oder neue Akteure wie Star­tups oder kleine mittel­stän­dische Unter­nehmen (KMU). In der Open Lab-Umge­bung können sie forschen, auspro­bieren, vali­dieren und neue, inno­vative Produkte und Geschäfts­modelle entwi­ckeln. Damit stärken wir den Indus­trie- und Tech­nolo­gie­standort Deutsch­land und machen unsere Kommu­nika­tions­tech­nologie fit für die Zukunft.“

Feder­füh­rung Deut­sche Telekom

Das sog. Open Lab soll unter der Leitung der Deut­schen Telekom von einem Konsor­tium aus Part­nern betrieben werden, das die Förder­mittel aus dem Minis­terium mit eigenen Inves­titionen weiter aufsto­cken sollen. Insge­samt sollen in den nächsten drei Jahren etwa 34 Millionen Euro inves­tiert werden.

Wer ist im Konsor­tium?

BISDN ist auf die Entwick­lung disagg­regierter, skalier­barer (erwei­ter­barer) Netz­funk­tionen für den Einsatz bei Netz­betrei­bern spezia­lisiert. Baugruppen aus dem Regal (englisch COTS = compo­nents-off-the-shelf) werden in soge­nannten Archi­tek­turen mit einfa­chen Struk­turen (POD) einge­setzt. Im Open Lab will BISDN die vorhan­denen Kompe­tenzen im Hinblick auf echt­zeit­unter­stützte Cloud-Umge­bungen erwei­tern.

Capge­mini Engi­nee­ring gehört zum Bera­tungs­unter­nehmen Capge­mini, die welt­weit Unter­nehmen durch den Einsatz von Tech­nologie "trans­for­mieren", also in die digi­tale Welt kata­pul­tieren. Capge­mini Engi­nee­ring soll wesent­liche Teile der offenen Test­infra­struktur (O-RAN Soft­ware Stack) sowie Forschungs- und Entwick­lungs­akti­vitäten bereit­stellen.

Die Deut­sche Telekom ist im Konsor­tium feder­füh­rend, um eine schnelle Einfüh­rung insbe­son­dere im deut­schen Markt zu ermög­lichen und die Ergeb­nisse des Projekts direkt in die Weiter­ent­wick­lung der Netze, Platt­formen und Service­ange­bote des Konzerns einfließen zu lassen.

EANTC will als "euro­päi­sches Test­zen­trum" und "Lab-as-a-Service" ein auto­mati­siertes Test­regel­werk schaffen und damit seine Kennt­nisse über 5G erwei­tern.

Das Fraun­hofer (Hein­rich-Hertz-Institut) möchte die im Projekt gewon­nenen Erkennt­nisse nutzen, um seine Kennt­nisse bei Konzepten, Verfahren und Algo­rithmen in den Berei­chen Netz­opti­mie­rung, künst­liche Intel­ligenz in Kommu­nika­tions­netzen und offene draht­lose Netze zu erwei­tern und auch für den Tech­nolo­gie­transfer in die Indus­trie nutzen zu können.

high­street tech­nolo­gies wird die im Open Lab-Projekt entwi­ckelten Stan­dards und die entwi­ckelte Soft­ware nutzen, um das Inte­gra­tions­geschäft mit xHaul-Systemen (Struk­turen, um Netze und Kompo­nenten zu verbinden und Daten auszu­tau­schen) weiter auszu­bauen und daraus Anwen­dungen (soge­nannte "rApps") zu entwi­ckeln.

Im neuen Open Lab möchte der Mobil­funk­netz­werk­aus­rüster Nokia neben den Anwen­dungen auf Benutzer-Ebene ("User-Plane") auch die verschie­denen Apps der Partner begleiten und inte­grieren. In einem sich ständig verän­dernden Geschäfts­umfeld für Mobil­funk­betreiber kann im neuen Lab getestet werden, wie neue Dienste und komple­xerer Netz­struk­turen funk­tio­nieren können.

Rohde & Schwarz ist ein lang­jäh­riger Anbieter von Mobil­funk­mess­technik mit viel Erfah­rung. Das reicht von der Prüfung von Kompo­nenten, über Tests mit Nutzern und die Prüfung, ob die Regeln von 3GPP einge­halten werden, bis hin zu Vergleichs­test, ob diese oder jene Kompo­nente besser "performed". Am Ende soll die Zerti­fizie­rung, Einfüh­rung und der Betrieb von Open-RAN-Netzen im realen Leben möglich werden. Telefónica Deutsch­land (o2) betreibt schon seit Ende 2020 erfolg­reich Open RAN-Stand­orte in seinem Mobil­funk­netz. Für das Unter­nehmen sind die zukünf­tigen Erkennt­nisse aus dem Open Lab in Berlin daher ein wich­tiger Schritt für die weitere Entwick­lung. Das Labor sei "eine große Chance, das Vertrauen in die Tech­nologie bei Anwen­dern und Entschei­dern in Politik und Wirt­schaft zu stärken."

Die Schwer­punkte der wissen­schaft­lichen Arbeit der Tech­nischen Univer­sität (TU) in Berlin liegen in den Berei­chen Cloud/Edge Compu­ting, verteilte Sensor­daten­ver­arbei­tung, künst­liche Intel­ligenz, Sicher­heits­ana­lysen und neue Sicher­heits­kon­zepte.

Welt­weit werden globale Liefer­ketten gefor­dert und erprobt. Der Netz­betreiber Voda­fone sieht Open RAN als "Schlüssel für Stabi­lität, Inno­vation und Diver­sifi­zie­rung in der Liefer­kette von Tele­kom­muni­kati­ons­anbie­tern". Mit dem Enga­gement Deutsch­lands und anderer großer euro­päi­scher Märkte für Open RAN durch die Einrich­tung offener Labore habe die Tech­nologie einen Wende­punkt erreicht. Voda­fone ist entschlossen, die Auswei­tung der Open-RAN-Labore auf andere euro­päi­sche Länder zu unter­stützen.

Tatkräf­tige Unter­stüt­zung erhält das Labor durch die enge Zusam­men­arbeit mit OCP (Open Compute Project), ONF (Open Networ­king Founda­tion) [Link entfernt] , ONAP (Open Network Auto­mation Plat­form), der O-RAN Alli­ance und dem TIP (Telecom Infra Project).

Partner und Unter­stützer bilden zusammen das Benut­zer­forum, das für andere inter­essierte, insbe­son­dere kleine und mitt­lere Unter­nehmen, die an Anwen­dungen sowie an Ausrüs­tung und Entwick­lung arbeiten, offen ist. Das Open Lab ist speziell auf die Zusam­men­arbeit inner­halb der brei­teren Telco Commu­nity ausge­richtet. Das i14y-Lab in Berlin wird der zentrale Standort und Knoten­punkt für Außen­stellen wie Düssel­dorf und München sein.

Schwer­punkt Open RAN

Zu Beginn liegt der Fokus auf der Entwick­lung von Open RAN, einem neuen Ansatz für den Aufbau von Funk­zugangs­netzen durch die Tren­nung von Hard­ware und Soft­ware unter Einsatz offener Schnitt­stellen.

Ein offenes, flexi­bles und program­mier­bares Funk­zugangs­netz (englisch Radio Access Network, kurz RAN) als Teil der Netz-Disag­gre­gation ermög­licht die Einfüh­rung vieler neuer Funk­tionen für 5G-Netze.

Dadurch können modernste Funk­tionen verschie­dener Hersteller und neuer Markt­teil­nehmer einge­führt werden. Dazu gehören Algo­rithmen für künst­liche Intel­ligenz (KI) oder maschi­nelles Lernen (ML), mit denen sich das Netz auto­matisch opti­mieren lässt.

18,1-Milli­arden-Markt

Offene und stan­dar­disierte Schnitt­stellen (APIs) sollen ein "robustes und aktives Tele­kom­muni­kations-Ökosystem" erlauben, das wiederum die Entwick­lung neuer Anwen­dungen mit starker Netz­leis­tung und hoher Sicher­heit antreibt. Ein aktu­eller Bericht von Rese­arch Nester prognos­tiziert für O-RAN für das Jahr 2028 einen Markt­anteil von 18,1 Milli­arden Euro (21 Millarden US-Dollar).

Labor hat Infra­struktur

Das Labor soll mit der notwen­digen Infra­struktur (Räume, Strom, Netz­ver­bin­dungen, Personal) ausge­stattet werden und wird dann Inter­ope­rabi­litäts- und Inte­gra­tions­tests machen, also auspro­bieren, ob die Kompo­nenten mitein­ander klar kommen. Eine effek­tive Netz-Disag­gre­gation setzt offene Stan­dards voraus, damit die Kompo­nenten verschie­dener Hersteller zusammen passen. Das Labor wird Erkennt­nisse gewinnen, was noch notwendig ist, damit die Kompo­nenten zusam­men­finden. Am Ende soll eine "Zerti­fizie­rung über die Markt­reife" vergeben werden, quasi eine Art "TüV" für Mobil­funk­netz­technik.

Diese service­ori­entierte Archi­tektur soll auch als „Lab-as-a-Service“ (LaaS) funk­tio­nieren, dabei werden die Möglich­keiten ("Ressourcen") des Open Lab als Schnitt­stelle (englisch API für Appli­cation Programming Inter­face) bereit­gestellt. Auf diese Weise können auch die von den Konsor­tial­part­nern Telefónica und Nokia betrie­benen Außen­stellen des Labors einbe­zogen und vernetzt werden.

i14y: Woher kommt die Abkür­zung?

Da muss man erst einmal drauf kommen: Die Zahl im Namen des i14y-Labs steht für die Anzahl der Buch­staben, die zwischen dem „i“ und dem „y“ des Wortes „inter­ope­rabi­lity“ (Inter­ope­rabi­lität) ausge­lassen wurden.

Abseits vom Test­betrieb besteht im Hinblick auf die zuneh­mende Komple­xität von Systemen verschie­dener Liefe­ranten ("Multi­vendor-Umge­bung) weiterer Forschungs­bedarf. Mit dem i14y-Lab sollen die tech­nischen Grund­lagen für die Entwick­lung markt­reifer Ende-zu-Ende-Lösungen geschaffen werden, dafür werden die Konsor­tial­partner Tech­nische Univer­sität (TU) Berlin und das Fraun­hofer Hein­rich-Hertz-Institut einen wich­tigen Beitrag leisten.

Wer sich für Details inter­essiert, kann die Labor-Home­page i14y-lab.com besu­chen.

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