Entkassiert

Editorial: Handy-Telefonate bald festnetzgünstig?

Bundesnetzagentur drückt Mobilfunk-IC abermals deutlich
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Schon nach der letzten deutlichen IC-Senkung forderte ich, dass die Festnetz-Betreiber die gesenkten Kosten an ihre Kunden weitergeben sollten. Passiert ist seitdem wenig bis nichts. Die führenden Festnetz-Anbieter wie die Deutsche Telekom, Vodafone oder Kabel Deutschland verlangen weiterhin um die 20 Cent pro Minute für Telefonate vom Festnetz zum Handy.

Angesichts der ab Dezember auf ca. 2,2 Cent brutto sinkenden Vorleistungskosten sind die genannten 20 Cent definitiv nicht mehr zeitgemäß. Kunden der Telekom können die hohen Entgelte für Telefonate zum Handy einfach per Call by Call umgehen; Kunden der anderen Festnetzanbieter müssen dafür aufwändig zusätzliche VoIP-Provider in das Endgerät des Festnetz-Anbieters programmieren, wenn das überhaupt möglich ist. Sollte sich an den Standardpreisen der Telefonate von Festnetzanschlüssen zu Handyrufnummern nichts tun, ist die Bundesnetzagentur gefordert, beim Markt für Festnetz-Vollanschlüsse ein Marktversagen bei Anrufen zum Handy (und analog auch ins Ausland) festzustellen, und entsprechende Call-by-Call-Verpflichtungen aufzuerlegen.

Es gibt aktuell ein Dutzend Call-by-Call-Anbieter, mit denen man alle Mobilnetze für unter 5 Cent pro Minute erreichen kann. Deren Zahl wird sich noch etwas erhöhen. Realistisch kalkulierte Preise, also inklusive Originierungs-, eigenen Netz-, Terminierungs- und Rechnungsstellungskosten, dürften künftig im Bereich von 4 bis 6 Cent pro Minute liegen. Klar wird es immer noch günstigere Sonderangebote geben, um Kunden zu locken, aber die können nicht von Dauer sein.

Vorerst wenig Änderung bei den Mobilfunk-Tarifen

Rechnerisch sind mit den neuen Interconnect-Tarifen 5-Cent-Discounter möglich, die also 5 Cent in alle Netze berechnen. Einen ersten Anbieter zu diesem Preis, nämlich Galeria Mobil, gibt es unabhängig von (oder in Erwartung der) IC-Senkung bereits. Es wird vom Erfolg von Galeria Mobil abhängen, ob schnell weitere Discounter folgen. Persönlich halte ich eine schnelle und breite Marktreaktion jedoch für unwahrscheinlich; insbesondere die großen Discounter-Marken der Lebensmittelketten werden noch recht lange am 9-Cent-Modell festhalten.

Mit der Reduktion der IC-Entgelte erleiden die Netzbetreiber insgesamt gesehen einen Einnahmeverlust: Für Telefonate aus dem deutschen Festnetz oder aus beliebigen ausländischen Netzen in die deutschen Mobilnetze dürfen sie künftig weniger berechnen. Folglich werden sie bemüht sein, nicht auch noch durch Entgeltsenkung gegenüber den Endkunden weitere Umsätze zu verlieren. Die letzte große Preissenkungswelle, nämlich Flatrates in alle Netze für 20 bis 30 Euro monatlich, liegt auch noch nicht lange zurück. Von daher erwarte ich eine große Preissenkungswelle bei den Discountern frühestens im nächsten Frühjahr, nicht schon jetzt im lukrativen Weihnachtsgeschäft.

Insgesamt bedeutet die deutliche IC-Senkung, dass der Einfluss der IC-Entgelte auf den Tk-Markt zurück geht. Entsprechend wird es immer wichtiger, wie viel Geld ein Anbieter mit den eigenen Kunden erlösen kann, und immer unwichtiger, wie viel Geld ein Anbieter mit Telefonaten fremder Kunden zu den eigenen erlöst. Hoffen wir, dass das dies Früchte trägt, die marktwirtschaftlich zu erwarten sind, nämlich eine Verbesserung der Kundenorientierung.

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