Entkassiert

Editorial: Handy-Telefonate bald festnetzgünstig?

Bundesnetzagentur drückt Mobilfunk-IC abermals deutlich
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Die Bundesnetzagentur hat die Terminierungsentgelte für Anrufe in die Mobilfunknetze abermals drastisch gesenkt. Ab dem 1. Dezember dürfen die Netzbetreiber einheitlich nur noch 1,85 Cent pro Minute netto (ca. 2,2 Cent pro Minute brutto) im Sekundentakt dafür abrechnen, dass Gespräche von außerhalb zu Kunden im jeweiligen Netz durchgestellt werden. Die letzten zwei Jahre betrugen diese Entgelte noch 3,36 bis 3,39 Cent pro Minute, die gut eineinhalb Jahre davor gar noch 6,59 bis 7,14 Cent pro Minute.

Mit dieser drastischen Absenkung der Terminierungsentgelte kommt die Bundesnetzagentur einer Forderung vieler Marktteilnehmer nach, u.a. auch von teltarif.de. Die Kosten für den Aufbau eines mobilen Sprachfunknetzes sind in den letzten Jahren drastisch gefallen. Angesichts Mobilfunk-Discount-Tarifen von durchschnittlich 8 Cent in alle Netze (entsprechend 3,36 Cent netto pro Minute und Mobilfunkstrecke) oder 20 Euro monatlich für Flatrates in alle Netze (bei 400 Minuten monatlicher Nutzung entsprechen diese 5 Cent brutto effektivem Minutenpreis bzw. 2,1 Cent netto pro Minute und Mobilfunkstrecke) wären höhere Terminierungsentgelte eine Diskriminierung zu Lasten der Großeinkäufer, die monatlich Millionen von Gesprächen in die Mobilfunknetze vermitteln.

Netzbetreiber subventionieren defizitäre Datendienste mit lukrativen Sprachdiensten

Handy-Telefonate bald festnetzgünstig? Handy-Telefonate bald festnetzgünstig?
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Auf der anderen Seite stehen allerdings die Mobilfunk-Netzbetreiber, die Einnahmen verlieren. Zwar fällt der Verlust nicht ganz so drastisch aus, wie es auf den ersten Anschein hin aussieht, denn die Terminierungsentgelte stehen für die Netzbetreiber auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite. Soweit zwei Mobilfunknetze reziproken Verkehr haben, also genauso viele Kunden von Netz A in Netz B anrufen wie umgekehrt, ist die Höhe der Terminierungsentgelte sogar irrelevant, denn sie entwickeln sich dann zum reinen Verrechnungsposten, der monatlich hin- und her-überwiesen wird. Bei assymetrischem Verkehr profitiert derjenige Netzbetreiber von der Senkung, der mehr ausgehende als eingehende Telefonate hat.

Zwischen Fest- und Mobilnetzen waren die Terminierungsentgelte hingegen in der Vergangenheit stark unterschiedlich. In der Folge profitierten die Mobilfunk-Netzbetreiber, da die Festnetzbetreiber viel höhere Entgelte für die Übertragung von Gesprächsminuten in die Mobilfunknetze zahlen mussten als andersherum. Dass mobile All-Net-Flatrates viel günstiger angeboten werden als festnetzbasierte All-Net-Flatrates, ist eine direkte Folge dieser Subvention der Mobilnetze durch die Festnetze.

Die Mobilfunk-Netzbetreiber beklagen die deutliche Senkung und den daraus folgenden Einnahmenausfall mit dem Hinweis auf die hohen Kosten für den LTE-Netzaufbau. Freilich ist LTE primär ein Datennetz, kein Sprachnetz, und somit handelt die Bundesnetzagentur vollkommen richtig, wenn sie Kosten für neue Datennetze bei der Festsetzung des Sprach-Interconnects nicht berücksichtigt. Denn bis heute subventionieren alle Mobilfunk-Netzbetreiber intern die defizitären Datendienste mit den lukrativen Sprachdiensten. Nur traut sich keiner, auf einen Ausbau der Datendienste zu verzichten, weil er ohne Unterstützung für iPhone & Co. die besonders lukrativen Vieltelefonierer verlieren würde. Jedoch darf die Bundesnetzagentur bei der Festsetzung der Interconnect-Tarife solche Quersubventionierungen nicht einrechnen.

Auf der folgenden Seite widmen wir uns der Frage, warum Endkundentarife vom Festnetz zum Handy günstiger werden müssen und warum es vorerst preislich wenig Änderung bei den Mobilfunk-Tarifen geben wird.

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