ProSiebenSat.1: Investor stockt vor Hauptversammlung auf
Mit dem tschechischen Konglomerat PPF ist neben der italienischen MFE ein weiterer Großaktionär bei ProSiebenSat.1 an Bord. Letzterem bleibt zumindest vorerst ein Sitz im Aufsichtsrat des Münchener Medienkonzerns verwehrt. Nun allerdings haben die Tschechen ihren Anteil kurz vor der Hauptversammlung nochmals aufgestockt. Kommt es zum Showdown mit Berlusconi?
Strategie bleibt unklar
PPF-Zentrale in Prag
Foto: PPF Group
Renáta Kellnerová gilt als zielstrebige Konzernchefin. Die Witwe des verstorbenen Milliardärs Petr Kellner setzt vor allem auf die Sektoren Finanzen, Telekommunikation und Medien, mit dem Einstieg bei ProSiebenSat.1 hat PPF jetzt auch in Westeuropa einen Fuß in der Tür. Bislang haben sich osteuropäische Medienkonzerne weitestgehend aus Westeuropa zurückgehalten und den Markt insbesondere großen Spielern wie RTL überlassen, doch das könnte sich nun ändern.
Im Gegensatz zu MFE ist Central European Media Enterprises geografisch breiter aufgestellt. So ist Kellnerovás Medienholding neben Tschechien auch in der Slowakei, Slowenien, Rumänien, Bulgarien und seit kurzer Zeit auch in Kroatien aktiv. Überwiegend handelt es sich dabei im TV-Geschäft jedoch nicht um Vollprogramme, sondern Special-Interest- bzw. Spartenkanäle.
RTL Kroatien als Signal
Die Übernahme des Kroatien-Geschäfts von RTL ist aber durchaus als Signal zu werten, dass PPF Appetit auf weiteres Wachstum im Mediengeschäft hat und die Optionen in Südosteuropa mittlerweile ausgereizt sind. Eine weitere Anteilserhöhung der Tschechen wäre zum jetzigen Zeitpunkt außerdem nicht ungünstig, denn ProSiebenSat.1 ist aufgrund eines volatilen Werbemarktes und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen angeschlagen.
Zudem dürfte man in Prag die politische und wettbewerbsrechtliche Debatte um MFE mit großem Interesse verfolgen. Sollten Kartellbehörden und Medienaufsicht den Italienern einen Strich durch die Rechnung machen, könnte PPF quasi problemlos kurzfristig als Retter einsteigen. Interessant wäre deshalb, wie stark PPF sich diesbezüglich bereits in Gesprächen mit Politik und Kartellbehörden befindet.
Streit im Aufsichtsrat vorprogrammiert
Die jetzige Anteilserhöhung lässt zumindest vermuten, dass Kellnerová nicht vorhat, als reine Kapitalgeberin von der Seitenlinie zu beobachten, wie die Italiener den Konzern in ihrem Interesse umbauen. Das zu verhindern dürfte aber nur möglich sein, wenn PPF zügig weitere Anteile von ProSiebenSat.1 aus dem Freefloat zukauft. Dann müsste PPF allerdings auch den Aktionären erklären, welchen Plan sie mit dem Münchener Medienkonzern verfolgen.
Diese Fragen sollten dementsprechend möglichst schon bei der nächsten Hauptversammlung geklärt sein, denn viele Anteilseigner dürften allein schon aufgrund der herben Dividendenkürzung äußerst verstimmt sein. Und auch der Umbau des Kerngeschäfts in Richtung Streaming wird noch Zeit brauchen, bis er (in Zukunft) womöglich das Kerngeschäft im linearen Free-TV ersetzen kann.
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