ProSiebenSat.1: Was plant Milliardärin Kellnerová?
Erst Daniel Kretinsky, nun Renáta Kellnerová: ProSiebenSat.1 scheint ein präferiertes Beteiligungsziel tschechischer Milliardäre zu sein. Es gibt jedoch einen großen Unterschied: Während das Investment für Kretinsky seinerzeit wohl eher rein finanzieller Natur war, offenbart sich bei Kellnerovás PPF-Gruppe ein strategisches Interesse, denn sie ist mit ihren Engagements in der europäischen Medienlandschaft alles andere als eine unbekannte Größe.
Großes Konglomerat
ProSiebenSat.1 hat eine neue Großaktionärin
(c) dpa
Kellnerovás Konglomerat PPF setzt sich aus verschiedenen Unternehmen zusammen. Schwerpunkte sind dabei insbesondere Banken, Telekommunikation und Medien. Im Fokus steht Central European Media Enterprises (CME). Die Gruppe versteht sich als eine Holding, unter deren Dach die TV-Aktivitäten in Zentral- und Osteuropa gebündelt werden.
Zuletzt hatte CME das Kroatien-Geschäft von RTL übernommen. In Deutschland hingegen spielte die Mediengruppe trotz ihrer Größe bislang keine signifikante Rolle, gleiches gilt für PPF insgesamt. Die Vermutung liegt nahe, dass Kellnerová nun beabsichtigt, über CME in den deutschen Markt einzutreten und mit ProSiebenSat.1 das eigene Medienportfolio zu ergänzen.
Konflikt mit Berlusconi vorprogrammiert
Eine europäische Medienholding mit ProSiebenSat.1? Das wäre ein deutlicher Affront gegenüber Media For Europe. Der bisherige italienische ProSiebenSat.1-Großaktionär hatte bislang ähnliche Pläne mit dem deutschen Medienkonzern, scheiterte bislang aber an den deutschen und österreichischen Behörden. Während Berlusconis Beteiligung aufgrund potenzieller politischer Interferenzen kritisch gesehen wird, hätte Kellnerová womöglich bessere Karten in München und Wien.
Einen mehr als faden Beigeschmack hat die PPF-Beteiligung allerdings auch für RTL. So droht nun auf dem deutschen Heimatmarkt Konkurrenz von eben jener Mediengruppe, an die erst kürzlich RTL Hrvatska verkauft wurde. Dass man einen nicht unbedeutenden Wettbewerber in Deutschland aufbaut, dürfte so überhaupt nicht im Interesse der RTL-Manager in Köln und Luxemburg sein.
Wie geht es weiter?
Entscheidend ist die Frage, wie weit PPF bei ProSiebenSat.1 aufstocken will. Bleibt es bei unter zehn Prozent, wird sich vorerst nicht viel ändern. Bei einem deutlichen Ausbau der Beteiligung kommt es zwangsläufig zu Diskussionen mit der Medienaufsicht und auch Media For Europe wird sich die Entwicklung kaum von der Seitenlinie anschauen.
Somit sind bei ProSiebenSat.1 zumindest vorerst alle Optionen offen. Aus politischer Sicht ist die Sache allerdings klar: Eine Mehrheitsbeteiligung vom PPF scheint weitaus weniger konfliktbeladen als die bisherigen Avancen aus Mailand. Immerhin könnte Kellnerová aus eigener Erfahrung deutlich besser beantworten, welche Synergien eine europäische Medienholding mit ProSiebenSat.1 wirklich erzeugt. Schließlich sammelte man in dieser Hinsicht im Gegensatz zu MFE schon umfassende Erfahrungen.
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