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ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat: Welchen Einfluss hat Italien?

ProSiebenSat.1 bekommt einen neuen Aufsichtsrat und die wohl inter­essan­teste Perso­nalie ist in diesem Zusam­men­hang Katha­rina Behrends. Die ehema­lige Comcast-Mana­gerin soll die Inter­essen von Groß­aktionär MFE vertreten.
Von Björn König

Katharina Behrends soll in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ziehen Katharina Behrends soll in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ziehen
© Foto Gert Krautbauer für NBC
Für Beob­achter der Medi­enbranche entbehrt die Situa­tion nicht einer gewissen Ironie. Katha­rina Behrends trat im Zuge der Umstruk­turie­rung von Comcast in Europa als Mana­gerin von NBCUniversal ab, als der US-Medi­enriese das Geschäft von NBCUniversal und Sky unter ein gemein­sames Dach legte. Den Job von Behrends über­nahm schließ­lich Sky Deutsch­land-Mana­gerin Elke Walt­helm.

Nun will Comcast Sky Deutsch­land loswerden, und ein poten­zieller Käufer ist laut Reuters ausge­rechnet ProSiebenSat.1, in deren Aufsichtsrat Behrends als Vertre­terin des größten Anteils­eig­ners einziehen soll. Aller­dings geht es nicht um Comcast, sondern um eine für ProSiebenSat.1 viel entschei­den­dere Frage: Welchen Einfluss hat MFE im neuen Aufsichtsrat und in welche Rich­tung steuert der Medi­enkon­zern?

Schwie­riger Spagat

Katharina Behrends soll in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ziehen Katharina Behrends soll in den Aufsichtsrat von ProSiebenSat.1 ziehen
© Foto Gert Krautbauer für NBC
Die neue Aufgabe könnte für Katha­rina Behrends nicht schwie­riger sein, denn die Lage ist verfahren. Aus Sicht der Italiener dürfte die Sache klar sein: Behrends wurde nach Unter­föh­ring entsandt, um die euro­päi­sche Medi­enal­lianz von Berlus­coni Realität werden zu lassen. ProSiebenSat.1 ist in diesem Zusam­men­hang der wohl elemen­tarste Baustein und würde künftig neben Mediaset im Heimat­markt Italien die wich­tigste Rolle im Konzern spielen.

Aus Inves­toren­sicht wäre dieser Prozess nur eine Formalie, sofern MFE die nötige Liqui­dität für eine Kontroll­mehr­heit bei ProSiebenSat.1 bereit­stellen kann. Das Problem ist wahr­schein­lich nicht in erster Linie Geld, sondern der poli­tische Wider­stand in Deutsch­land. Familie Berlus­coni kontrol­liert eine der beiden großen privaten Sender­gruppen in Deutsch­land? Das ist partei­über­grei­fend nicht vermit­telbar, wie sich bereits an den vertieften Kontrollen der Medi­enauf­sicht zeigt.

Poli­tisches Fein­gefühl

Medi­enma­nagerin Behrends wird in ihrem neuen Amt vermut­lich viele Klinken putzen müssen. Insbe­son­dere beim baye­rischen Minis­ter­prä­sidenten Söder und der baye­rischen Landes­zen­trale für neue Medien (BLM). Mutmaß­lich ebenso bei den öster­rei­chi­schen Kartell­behörden, denn auch im Nach­bar­land über­wiegt die Skepsis mit Blick auf den Einstieg der Italiener.

Letzt­end­lich geht es dabei um die Über­zeu­gung, dass MFE keine Gefahr für den Medi­enstandort Deutsch­land ist, sondern zu Viel­falt und Meinungs­bil­dung beiträgt. Eigent­lich sollten daran keine Zweifel bestehen, denn im Heimat­markt Italien deutet bislang nichts darauf hin, dass Berlus­conis Mediaset eben diese öffent­liche Meinungs­bil­dung behin­dert hätte. Tatsäch­lich dürfte es kaum ein Land in Europa geben, das sich derart häufig mit Regie­rungs­wech­seln beschäf­tigen musste.

Selbst zum Zeit­punkt, als er selbst Minis­ter­prä­sident war und ihm vorge­worfen wurde, sowohl die staat­liche RAI als auch sein privates Medi­enim­perium zu kontrol­lieren, war die poli­tische Situa­tion in Rom mehr als volatil. Nun stellt sich die Frage, warum dies ausge­rechnet hier­zulande anders sein sollte?

Eine Einschät­zung von (Björn König)

Es bleibt zu hoffen, dass ProSiebenSat.1 mit seinem neuen Aufsichtsrat wieder in ruhi­geres Fahr­wasser kommt. Das ist eindeutig auch im Inter­esse des Medi­enstand­ortes Deutsch­land. Ohnehin ist das poli­tische Gezerre um Berlus­coni ein auffäl­liges Phänomen. Dabei ist die Sache klar: Der Staat soll sich aus Medien heraus­halten - und zwar nicht nur aus privaten, sondern auch aus öffent­lich-recht­lichen.

Die Kritik an Berlus­conis rein persön­lichem Enga­gement als EU-Abge­ord­neter oder ehema­liger Minis­ter­prä­sident von Italien kann allein hingegen kein hinrei­chender Grund sein, MFE eine Betei­ligung oder sogar die voll­stän­dige Über­nahme von ProSiebenSat.1 zu unter­sagen. Zumal er selbst nicht einmal im opera­tiven Manage­ment des Konzerns sitzt. Begründbar wäre dies nur in äußersten Ausnah­mefällen, die hier offen­sicht­lich nicht gegeben sind. Es drängt sich zumin­dest der Verdacht auf, dass Berlus­conis poli­tische Sicht­weisen einigen Poli­tikern in Deutsch­land nicht schme­cken und man seinen Konzern deshalb schlicht präventiv aus der poli­tischen Meinungs­bil­dung in Deutsch­land heraus­halten will. Das aller­dings ist die wirk­liche Gefahr für Medien, Demo­kratie und Meinungs­bil­dung.

ProSiebenSat.1-Über­nahme: Berlus­coni sorgt für Irri­tationen

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