Fernsehen

ProSiebenSat.1: Keine Strategie ohne Berlusconi?

Unter dem ehema­ligen ProSiebenSat.1-Chef Rainer Beau­jean ging man in Unter­föh­ring noch davon aus, eine eigene Stra­tegie unab­hängig von Groß­investor Media For Europe fahren zu können. Nun wird deut­lich, dass dieser Plan obsolet ist.
Von Björn König

Einla­dungen zu Pres­seter­minen trudeln nahezu täglich in Redak­tionen ein, manche sind jedoch beson­ders span­nend. In diesem Falle geht es um ProSiebenSat.1.

Der Medi­enkon­zern kündigt für Ende März ein Stra­tegie-Update an. Und das scheint wohl auch nötig, denn genau dieses Thema war sozu­sagen ein Dauer­brenner zwischen dem dama­ligen Konzern­manage­ment um Rainer Beau­jean und Groß­aktionär Media For Europe (MFE).

Mehr Prag­matismus

Welche Rolle spielt MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi im Strategieupdate von ProSiebenSat.1? Welche Rolle spielt MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi im Strategieupdate von ProSiebenSat.1?
Foto: picture alliance
Was vorab schon zu hören war: Der neue Konzern­chef Bert Habets gilt im Verhältnis zu MFE als eher prag­matisch und konsens­ori­entiert. Auch der ehema­lige Springer-Manager und jetzige ProSiebenSat.1-Aufsichts­rats­vor­sit­zende Dr. Andreas Wiele ist den Italie­nern gegen­über aufge­schlossen. Das zumin­dest ist eine gute Ausgangs­vor­aus­set­zung um die Wogen im Konzern zu glätten, denn an den Plänen von Berlus­coni bei ProSiebenSat.1 dürfte sich wohl nichts ändern.

Der gesamte ehema­lige Mediaset-Konzern ist mitt­ler­weile voll und ganz auf das Thema euro­päi­sche Expan­sion ausge­richtet. Das macht nicht nur die Namens­ände­rung mehr als deut­lich. Und wer in Konti­nen­tal­europa im Medi­enge­schäft eine signi­fikante Rolle spielen will, kommt zwangs­läufig nicht um die wich­tigste EU-Volks­wirt­schaft herum. Bekommt Berlus­coni in Unter­föh­ring lang­fristig keinen Fuß in die Tür, kann er das Projekt MFE fast schon abschreiben.

Kellnerová bleibt draußen

Mit ihrem kürz­lichen Einstieg bei ProSiebenSat.1 erhebt auch die tsche­chi­sche Milli­ardärin Renáta Kellnerová Anspruch auf Vertre­tung im ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat. Doch daraus wird wohl vorerst nichts, denn bei ProSiebenSat.1 hat man deut­lich gemacht, dass der wich­tigste Gesprächs­partner nicht in Prag, sondern in Mailand sitzt. Und eben dies wird sich voraus­sicht­lich künftig auch im Aufsichtsrat wider­spie­geln.

Die Schlüs­sel­figur zwischen Mailand und München ist Katha­rina Behrends. Die ehema­lige NBCUniversal-Mana­gerin ist mitt­ler­weile Statt­hal­terin Berlus­conis in München und dürfte dessen Inter­essen künftig deut­lichen Nach­druck verleihen - idea­ler­weise als Mitglied im ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat. Als Rainer Beau­jean seinen Posten abgab, blieb es in Cologno Monzese erstaun­lich ruhig, MFE hielt sich bei der Perso­nalie Habets bedeckt. Offen­sicht­lich wollte man sich erst selbst ein Bild der neuen Stra­tegie in Unter­föh­ring machen.

Habets muss liefern

Nun muss das Konzern­manage­ment erklären, wie man sich die Zukunft in Unter­föh­ring vorstellt. Was wird aus dem Gemischt­waren­laden ProSiebenSat.1? Es geht wohl wieder stärker zurück ins eigent­liche Kern­geschäft Free-TV und Strea­ming. Und dabei spielt Joyn eine Schlüs­sel­rolle. Dort nämlich hat ProSiebenSat.1 seit dem Ausstieg von Warner Bros. Disco­very die allei­nige Kontrolle. Erst kürz­lich warf Bert Habets erneut die Idee einer natio­nalen Strea­ming-Platt­form mit ARD und ZDF in den Ring.

Ob sich ein solches Joint Venture reali­sieren lässt, steht selbst­redend auf einem anderen Blatt Papier. Denn das hängt schließ­lich nicht allein von den Wünschen in Unter­föh­ring ab. Wovon man aber ausgehen kann: Eine künf­tige Stra­tegie wird kein Allein­gang gegen Groß­aktionär MFE sein. Einen länger andau­ernden Konflikt mit Berlus­coni kann sich das ProSiebenSat.1-Manage­ment nämlich defi­nitiv nicht mehr leisten.

In einer weiteren Meldung geht es um: ProSiebenSat.1: Was plant Milli­ardärin Kellnerová?.

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