ProSiebenSat.1-Übernahme: Berlusconi sorgt für Irritationen
Was hat Pier Silvio Berlusconi mit ProSiebenSat.1 vor? Eine mehr als berechtigte Frage, denn der Chef des italienischen Medienkonzerns Media For Europe lässt sich beim wohl wichtigsten Deal der deutschen Fernsehbranche partout nicht in die Karten schauen. Erst kürzlich wollte man in Mailand bereits die "faktisch alleinige Kontrolle" über ProSiebenSat.1 verkünden, nun folgt laut einem Bericht des Portals "DWDL.de" wieder der Rückzug. Demnach bezeichnet Berlusconi selbst eine Übernahme als "absurd".
Politischer Gegenwind
Politiker fürchten einen möglichen Einfluss von Silvio Berlusconi auf ProSiebenSat.1
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Sicher ist, dass Berlusconis Kontakt zu den zuständigen Behörden in Österreich und Deutschland die Politik aufgeschreckt hat. Dementsprechend soll der Deal auf beiden Seiten gleich einer vertieften Prüfung unterzogen werden. Das wiederum dürfte MFE kaum schmecken, weshalb man in der Mailänder Konzernzentrale in die Defensive geht.
Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben: Eine Übernahme von ProSiebenSat.1 sei demnach "Stand heute" vom Tisch. Vorerst soll es nur eine "enge Zusammenarbeit" geben. Wie Berlusconi sich das genau vorstellt, wird sicherlich Gesprächsthema im Aufsichtsrat des Münchener Medienkonzerns werden. Zumindest zeigte sich dieser für Gespräche mit Media For Europe offen.
Gemeinsame Werbeplattform
Thema könnte dabei ebenso eine gemeinsame Werbeplattform sein, um es mit großen US-Playern wie Google aufzunehmen. Aber selbst an solchen vereinzelten Kooperationen gibt es Zweifel. So sind beispielsweise die Werbemärkte Italien und Deutschland zu unterschiedlich, gleiches gilt für Zuschauerinteressen. Eine in Deutschland produzierte Show lässt sich nicht einfach 1:1 auf Italien übertragen, ebenfalls nicht umgekehrt.
Wohlgemerkt, der Politik geht es nicht um den ökonomischen Sinn und Zweck einer Verbindung zwischen Mailand und München. Vielmehr drängt sich die Sorge auf, dass Berlusconi der Sendergruppe eine politische Agenda aufoktroyieren könnte. Im Mittelpunkt steht dabei weniger Media-For-Europe-Chef Pier Silvio Berlusconi als vielmehr sein Vater, der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi.
Dessen Nähe zum russischen Präsidenten Vladimir Putin ist beispielsweise ein wesentlicher Aspekt, welcher nicht nur Medienpolitikern Bauchschmerzen bereitet. Unter anderem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hatte schon mehrfach deutlich gemacht, dass er von einem Einstieg der Italiener bei ProSiebenSat.1 überhaupt nichts hält.
Spielball der Politik?
Tatsächlich besteht eine reale Gefahr, dass ProSiebenSat.1 zum Spielball der Politik wird. Dabei sollte es sich im Kern nur um die Frage drehen, ob ein Zusammenschluss beider Mediengruppen überhaupt ökonomisch sinnvoll erscheint und wo sich entsprechende Synergien finden lassen. Ob und wo Media For Europe diese Gemeinsamkeiten sieht, scheint wohl seit längerer Zeit ein gut gehütetes Geheimnis zu sein. Schon Ex-CEO Rainer Beaujean monierte, dass die Mailänder nicht wirklich durchblicken lassen, was sie eigentlich in München vorhaben.
Ob diese nun gegenüber Bert Habets auskunftsfreudiger sind, muss sich im weiteren Verlauf zeigen. Sicher ist aber: Die Politik wird zunehmend ungeduldig. Berlusconis aktueller Rückzieher dürfte das Vertrauen in Media For Europe nicht unbedingt steigern. Früher oder später muss er aber die Karten auf dem Tisch legen und deutlich machen, wie ernst ihm der Deal wirklich ist. Und das sollte besser früher als später geschehen.