Internetprovider sind die heimlichen Machthaber
Die Internet-Anbieter kontrollieren das Internet - wer kontrolliert die Internet-Anbieter?
Bild: fotolia - Nmedia
Die Internetprovider zählen für den
Karlsruher Medienphilosophen Peter Weibel
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zu den heimlichen
Machthabern der Welt. Ihnen müsse dringend auf die Finger geschaut
werden, sagte Weibel der Nachrichtenagentur dpa. "Sie sind auf
undemokratischem Wege zu ihrer Macht gekommen, und sie können sie
weitgehend unkontrolliert ausüben." Zurzeit werde das Internet noch
als Wegbereiter der Demokratie gefeiert - etwa im arabischen
Frühling. "Aber das Blatt kann sich schnell wenden", sagte Weibel.
"Und dann wird die Machtfülle zu einer Bedrohung der Demokratie."
Die Internet-Anbieter kontrollieren das Internet - wer kontrolliert die Internet-Anbieter?
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Im Moment seien die westlichen Regierung aber weder fähig noch
willens, den Providern Einhalt zu gebieten. Die USA, aus denen fast
alle wichtigen Algorithmen für das Internet stammten, beschützten
diese Industrie ähnlich wie England seinen Bankensektor.
Europa habe das Problem noch nicht einmal erkannt, sagte Weibel, der das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe leitet. "Anders ist nicht zu erklären, dass ausgerechnet Theodor zu Guttenberg als Berater für Internetfragen berufen wird. Das ist eine falsche und kitschige Lösung", sagte der Wissenschaftler. "Zudem ist es beschämend und zeigt überdeutlich, wie groß der Nachholbedarf Europas in dieser Frage ist."
Europa muss mehr Internet-Forschung betreiben
Dies gelte auch für die Wissenschaft. Europa habe zwar die Grundlagenforschung für das Internet geliefert, sich aber bei der Weiterentwicklung weitgehend enthalten. "Wir brauchen eine eigene Algorithmusforschung", forderte der Medienphilosoph. "Statt 20 Milliarden Euro jährlich in das Teilchenforschungszentrum Cern zu stecken, sollten wir besser zehn Milliarden Euro davon benutzen, um schnellere und bessere Rechnerprogramme zu entwickeln."
Im Moment befinde sich das Know-how in den Händen weniger, die damit eine Unmenge Geld verdienten. Auch in dieser Beziehung stimmten die Verhältnisse nicht mehr. "Die Provider produzieren ja nichts, sondern handeln vor allem mit den Informationen ihrer Nutzer", erläuterte Weibel. "Deshalb müssten eigentlich die Nutzer an den Gewinnen beteiligt werden." An dieser Stelle zeige sich, dass für das Internet auch eine neue ökonomische Theorie entwickelt werden müsste, eine Ökonomie des Gebrauchs statt des Besitzes.
Dass demokratische Basisbewegungen das Medium für ihre guten Zwecke nutzten, sei den Providern wohl im Grunde egal, sagte Weibel. Schlimmer noch: Es sei durchaus vorstellbar, dass sie gegen Geld auch mit Diktatoren zusammenarbeiten würden. China habe dies bereits versucht. Aber auch die Diktaturen selbst würden sich immer besser auf das Internet einstellen und für ihre Belange nutzen. Weibel: "Das Netz als Freiheitsmedium ist in ernster Gefahr."