Bestätigt

Glasfaser: Telekom will mit Investor auf dem Land ausbauen

Umlau­fende Gerüchte wurde heute bestä­tigt. Die Telekom gründet gemeinsam mit austra­lischen Finanz­inves­toren die GlasfaserPlus, die im länd­lichen Raum zusätz­liche FTTH-Anschlüsse bauen wird.
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Das Thema Glas­faser­ausbau steht bei der Deut­schen Telekom an aller­erster Stelle, das machte Telekom Deutsch­land Chef Srini Gopalan heute noch einmal klar. Neuen Schub bekommt der Glas­faser­ausbau durch ein heute bestä­tigtes Joint-Venture mit einem Finanz­investor namens IFM Global Infra­struc­ture aus Austra­lien.

Der erwirbt einen 50-Prozent-Anteil an einer neu zu grün­denden Firma "GlasfaserPlus GmbH", die ihren Sitz im "Raum Köln" haben wird. Das daraus entste­hende Joint Venture soll bis 2028 vier Millionen zusätz­liche "giga­bit­fähige" FTTH-Anschlüsse (Glas­faser bis ins Haus/die Wohnung) speziell im länd­lichen Raum und in soge­nannten "Förder­gebieten" ausbauen.

Zusätz­licher Ausbau geplant

Telekom und der Finanzinvestor ifm gründen die GlasfaserPlus, die zusätzliche FTTH-Anschlüsse auf dem Land bauen wird Telekom und der Finanzinvestor ifm gründen die GlasfaserPlus, die zusätzliche FTTH-Anschlüsse auf dem Land bauen wird
Grafik: Deutsche Telekom
Dieser Ausbau ist zusätz­lich geplant zu dem bereits bekannt gegeben Ziel, bis 2024 insge­samt zehn Millionen Haus­halte anzu­binden.

Srini Gopalan, im Vorstand der Deut­sche Telekom für das Deutsch­land-Geschäft verant­wort­lich erklärt das so: "Part­ner­schaften sind für die erfolg­reiche Digi­tali­sie­rung unseres Landes unver­zichtbar. Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir IFM für unser Joint Venture als Partner gewinnen konnten.

Das ist ein klares Bekenntnis zum Standort Deutsch­land und ein Signal, das digi­tale Rück­grat unserer zukünf­tigen Gesell­schaft gemeinsam zu bauen. Dafür inves­tiert die Deut­sche Telekom in Deutsch­land wie kein zweiter Anbieter. Ab 2022 sechs Milli­arden Euro pro Jahr, die Inves­tition in GlasfaserPlus kommt ergän­zend hinzu.

Bis 2030 planen wir, inklu­sive der Inves­tition in GlasfaserPlus mehr als 30 Milli­arden Euro in Glas­faser zu inves­tieren, sodass alle Haus­halte und Unter­nehmen von giga­bit­fähigen Glas­faser­anschlüssen profi­tieren.

Wir über­nehmen die Verant­wor­tung, einen maßgeb­lichen Teil zu leisten. Aber auch unsere Wett­bewerber sind gefragt. GlasfaserPlus hilft uns, die Digi­tali­sie­rung des länd­lichen Raums entschei­dend zu beschleu­nigen. Das Joint Venture ist damit ein wich­tiges Element unserer Ausbau­stra­tegie.“

Kyle Mangini, Vorstand Infra­struktur von IFM Inves­tors fügt hinzu: “Dies ist ein attrak­tives Invest­ment für IFM Global Infra­struc­ture Fund – das GlasfaserPlus Joint Venture profi­tiert von posi­tiven zugrun­delie­genden Trends und der lang­fris­tigen Entwick­lung. Dies wird uns helfen, im Inter­esse unserer Inves­toren insbe­son­dere die lang­fristig in unseren Fonds ange­legten Pensi­ons­gelder zu mehren."

Auch Deepu Chint­ama­neni, seit 2008 bei IFM und dort Geschäfts­füh­rerin, ist "sehr froh darüber, mit Deut­sche Telekom einen Partner für unser erstes großes Glas­faser Invest­ment in Europa gefunden zu haben. Wir sehen der Zusam­men­arbeit mit unserem Partner und dem Ausbau dieser für die länd­lichen Haus­halte in Deutsch­land kriti­schen Infra­struktur sehr zuver­sicht­lich entgegen“.

GlasfaserPlus wird eng mit der Telekom zusammen arbeiten

Das Joint Venture GlasfaserPlus wird - vorbe­halt­lich der noch ausste­henden Geneh­migung - ab 2022 Glas­faser­netze ausbauen und sich dabei auch an staat­lichen Förder­aus­schrei­bungen betei­ligen.

Das entste­hende Netz soll nicht nur der Telekom selbst, sondern auch ihren Wett­bewer­bern "diskri­minie­rungs­frei und zu wirt­schaft­lichen Bedin­gungen" geöffnet werden.

Beto­nung auf OpenAccess

Gopalan betonte in einer Tele­fon­kon­ferenz erneut das Prinzip des „Open Access“, was bedeutet, dass jedes Unter­nehmen, das möchte, die verlegten Glas­fasern nutzen kann, wenn sich die Betei­ligten Parteien über die Kosten und die tech­nischen Details einigen können.

Und da steckt der Teufel im Detail. Unbe­leuch­tete Fasern, womit Konkur­renten machen können, was sie wollen, dürften nicht im Angebot sein, sondern die GlasfaserPlus wird der Deut­schen Telekom und Dritt­anbie­tern aktive "Bitstream Access (BSA)" Dienst­leis­tungen anbieten. Hier sind die Fasern bereits beleuchtet und mit aktiver Technik verbunden. Der Preis für BSA wird sicher höher sein, als die nackten unbe­leuch­teten Fasern es wären. Wichtig ist, dass GlasfaserPlus sich nicht direkt an Endkunden wenden und diese direkt belie­fern wird. Inter­essierte Kunden müssen wie bisher bei der Telekom oder einem mit der Telekom vertrag­lich verbun­denen Mitbe­werber unter­schreiben.

Im kommenden Jahr will GlasfaserPlus bereits über 100.000 FTTH-Anschlüsse bauen, um 2023 soll die Menge auf knapp 500.000 Anschlüsse erhöht werden.

Finan­ziell komplexe Struktur

Wer sich für die finan­ziellen Fein­heiten inter­essiert: Es ist eine 50/50-Struktur vorge­sehen, in der beide Partner gemeinsam die Kontrolle über das Joint Venture ausüben. IFM zahlt für den 50-Prozent-Anteil an GlasfaserPlus GmbH einen Kauf­preis von 0,9 Milli­arden Euro. Die Hälfte davon wird mit dem Einstieg fällig, die übrigen 50 Prozent werden abhängig vom Ausbau­fort­schritt des Joint Ventures gezahlt.

Die Gesamt­bewer­tung des Joint Ventures aus Sicht des Inves­tors beläuft sich damit auf 1,8 Milli­arden Euro. Ein wesent­licher Teil des über die Ausbau­periode geplanten Inves­titi­ons­volu­mens soll durch eine Banken­finan­zie­rung fremd­finan­ziert werden. Die Deut­sche Telekom werde durch die anfäng­liche Kauf­preis­zah­lung des Co-Inves­tors einen wesent­lichen Teil ihrer Eigen­kapi­tal­ver­pflich­tungen aus dem Joint Venture (JV) finan­zieren können, teilt das Unter­nehmen weiter mit.

Das Joint-Venture soll mit dem Einstieg des Inves­tors "dekon­soli­diert" werden. Die Deut­sche Telekom kann sich nach Ablauf der Ausbau­periode, spätes­tens nach zehn Jahren, einen Mehr­heits-Anteil von IFM (50,1 Prozent oder mehr) sichern. Damit könnte die Telekom die Gesell­schaft später auch komplett über­nehmen.

Wer ist die IFM?

IFM Global Infra­struc­ture wurde vor mehr als 25 Jahren gegründet und wird von einer Gruppe austra­lischer Pensi­ons­fonds kontrol­liert, wodurch die Inter­essen von IFM Inves­tors sehr gleich­gerichtet seien. IFM Inves­tors verwaltet als Platt­form Pensi­ons­gelder von welt­weit mehr als 30 Millionen Anspruchs­berech­tigten sowie weitere insti­tutio­nelle Mittel in Höhe von mehr als 108 Milli­arden Euro (Stand 30. Juni 2021).

IFM Inves­tors arbeite mit den Unter­nehmen, worin es inves­tiert, sehr eng zusammen, insbe­son­dere bei den Themen ESG (Envi­ron­ment-Social-Govern­ment) und denke sehr lang­fristig, betonen alle Betei­ligten.

Fest­netz­ausbau macht Fort­schritte

Beim Glas­faser­ausbau liegt die Deut­sche Telekom aktuell gut im Plan. Im laufenden Jahr sollen 1,2 Millionen FTTH-Anschlüsse entstehen. Bis 2024 will die Deut­sche Telekom ihr erstes Etap­pen­ziel von zehn Millionen Anschlüssen errei­chen. Ab 2024 sollen im Durch­schnitt 2,5 Millionen FTTH-Anschlüsse pro Jahr folgen. Die Stra­tegie dafür basiert auf drei Säulen: Der regu­läre Netz­ausbau der Deut­sche Telekom spielt mit staat­lich geför­derten Ausbau­pro­jekten sowie Koope­rationen zusammen. Die Anschlüsse der GlafaserPlus sollen in vorwie­gend länd­lichen Regionen entstehen und kommen zum regu­lären Netz­ausbau der Telekom hinzu.

„Wir haben im August gesagt, dass der länd­liche Raum bei uns dieselbe Prio­rität genießt wie die urbanen Zentren und dass wir dort bis 2028 insge­samt acht Millionen Haus­halte mit Glas­faser versorgen wollen. Durch das Joint Venture werden vier Millionen zusätz­liche Haus­halte im länd­lichen Raum folgen, wodurch sich unser Ziel auf zwölf Millionen Haus­halte erhöht. Davon profi­tieren die Kommunen aber vor allem unsere Kundinnen und Kunden“, so Srini Gopalan.

Eine Einschät­zung von (Henning Gajek)

Wo und wann genau gebaut wird, wollten oder konnten die Betei­ligten heute noch nicht verraten. Der umtrie­bige Deutsch­land-Chef Gopalan machte in einem ihm eigenen Mix aus Englisch mit vielen deut­schen Begriffen klar, dass die Telekom erwartet, dass die Geneh­migungs-Büro­kratie im Lande massiv abge­baut gebaut wird: "Wir müssen im Konzern die meisten Ausdrucke für Bauge­neh­migungen von Glas­faser­netzen anfer­tigen, das muss digi­taler werden". Und er erwartet, dass die Kommunen ihren nach­voll­zieh­baren Wider­stand gegen "Minder­tiefe" (die Glas­faser­lei­tungen sollen nicht so tief, wie sonst üblich verlegt werden müssen) aufgeben, weil man dann für das gleiche Geld mehr Leitungen legen könne. Auch "über­irdisch" möchte Gopalan Leitungen, z.B. auf den guten alten Tele­gra­fen­masten aufbauen, wie sie schon seit Jahren auf Kupfer­basis zu abge­legenen Teil­neh­mern (Bauern­höfe, Forst­häuser etc.) führen.

Die Gefahr, dass auch GlasfaserPlus vor Gericht landet, wie Glas­faser-Nord­west, das Joint-Venture mit EWE-Tel, sieht Gopalan nicht, da IFM im Gegen­satz zu EWE bisher nicht als Infra­struktur-Unter­nehmen in Deutsch­land aktiv war. Hoffent­lich sehen das auch die Konkur­renten der Telekom so, die wohl Angst um ihre eigenen Inves­titionen in an sich längst über­holte Koax­kabel-Infra­struktur haben, die früher oder später durch echte Glas­faser von der Vermitt­lungs­stelle bis ins Haus ersetzt werden müsste.

Gut ist, dass durch das Invest­ment des austra­lischen Renten­fonds mehr zusätz­liche Glas­faser­anschlüsse gebaut werden können, wobei die Telekom bewusst in die Regionen vorstoßen will, wo sonst keiner bauen will, weil es sich dort eigent­lich nicht lohnt. Die Telekom nennt diese Gebiete "Förder­gebiete", d.h. der Staat muss die längst bereit­lie­genden Gelder frei­geben und seine viel zu büro­kra­tischen Geneh­migungs­ver­fahren schleu­nigst entrüm­peln. Zu hoffen wäre, dass die neue Regie­rung hier etwas Tempo rein bringt.

Die Bürger auf dem Lande sollten möglichst bald ihren Bürger­meis­tern und Gemein­deräten klar machen, dass sie lieber heute als morgen Glas­faser wollen. Bürger­meister und Gemein­deräte sollten aktiv auf die regio­nalen Ansprech­partner der Telekom oder anderer inter­essierter Glas­faser-Unter­nehmen zugehen und auch den Druck gegen­über Bundes­län­dern und Bund verstärken, dass sich die Bautrupps zügig in Bewe­gung setzen können.

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