Breitbandausbau

Erste Übernahmen im Glasfasermarkt

Ist das der Beginn der Markt­kon­soli­die­rung? Nach dem Rückzug von Liberty Networks Germany (helloFiber) aus dem Glas­faser­ausbau gibt es den ersten offi­ziellen Inter­essenten für die Baupro­jekte des Unter­neh­mens. Auch 1&1 Versatel wächst durch einen Zukauf.
Von Marc Hankmann

Die GVG Glas­faser aus Kiel prüft nach eigenen Angaben die Über­nahme des Glas­faser­aus­baus von Liberty Networks Germany. „Wir stehen bereits in Kontakt mit der Gigabit Region Stutt­gart“, bestä­tigt GVG-Geschäfts­führer Michael Gotowy. „Aktuell prüfen wir die entspre­chenden baden-würt­tem­ber­gischen Ausbau­gebiete, stellen Wirt­schaft­lich­keits­berech­nungen an und werden im Anschluss mit allen rele­vanten Betei­ligten Gespräche führen.“

Die GVG-Geschäftsführung um Thorsten Fellmann, Jörg Knöller, Stefan Kreibig, Thomas Müller und Michael Gotowy (v. l. n. r.) kommt zwar aus dem hohen Norden, ist aber auch in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg aktiv. Jetzt prüft die GVG die Übernahme der Ausbauprojekte von Liberty Networks Germany. Die GVG-Geschäftsführung um Thorsten Fellmann, Jörg Knöller, Stefan Kreibig, Thomas Müller und Michael Gotowy (v. l. n. r.) kommt zwar aus dem hohen Norden, ist aber auch in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg aktiv. Jetzt prüft die GVG die Übernahme der Ausbauprojekte von Liberty Networks Germany.
Foto: GVG Glasfaser/Olaf Bathke, Germany
Bislang zählt die GVG 100.000 Vertrags­abschlüsse für FTTH-Anschlüsse, die vornehm­lich in Schleswig-Holstein und Nieder­sachsen unter dem Namen nordi­schnet vermarktet wurden. Die Kieler sind aber unter dem Namen teranet auch in Hessen, Bayern und Baden-Würt­tem­berg unter­wegs. Die Lokal­presse in der Gigabit-Region Stutt­gart, in der Liberty Networks Germany tätig war, berichtet aber neben GVG auch von anderen Inter­essenten. So könnte auch die Deut­sche Telekom, die die Gigabit-Region über­haupt erst aus der Taufe gehoben hat, eben­falls die Baupro­jekte von Liberty Networks Germany über­nehmen.

Erfah­rener und finanz­starker Netz­betreiber gesucht

Die vom helloFiber-Rückzug betrof­fenen Kommunen werden bei der Auswahl eines neuen FTTH-Netz­betrei­bers aber wohl viel Wert auf entspre­chende Finanz­kraft und Erfah­rung legen. Die GVG baut bereits seit 2014 Glas­faser­netze. Hinter ihr steht der Investor Palladio Part­ners. Finanz­stark auch deshalb, weil Liberty Networks Germany ohne Förder­mittel ausbauen wollte. Sicher­lich wollen die Kommunen auch in Zukunft den hohen Aufwand bei der Erstel­lung eines Förder­antrags vermeiden.

1&1 Versatel übernimmt vier Glasfasernetze von BT. Das Unternehmen will sich in Zukunft auf Netzwerk-, Cloud- und Sicherheitslösungen  konzentrieren. 1&1 Versatel übernimmt vier Glasfasernetze von BT. Das Unternehmen will sich in Zukunft auf Netzwerk-, Cloud- und Sicherheitslösungen konzentrieren.
Foto: 1&1 Versatel/berndt-fotografie.de
Glas­faser­experten äußerten bereits im vergan­genen Jahr, etwa auf dem Breit­band­kon­gress des Fach­ver­bands für Rund­funk- und Breit­band­kom­muni­kation (FRK), dass der FTTH-Markt vor einer Konso­lidie­rung stehe. Zu dieser Erwar­tung passt, dass 1&1 Versatel vier Glas­faser­netze des Geschäfts­kun­den­spe­zia­listen BT über­nimmt. Die Netze mit einer Gesamt­länge von 1590 Kilo­metern befinden sich in München, Frank­furt, Düssel­dorf und Stutt­gart. BT will sich in Zukunft mehr auf Netz­werk-, Cloud- und Sicher­heits­lösungen für multi­natio­nale Unter­nehmen und inter­natio­nale Orga­nisa­tionen konzen­trieren.

Groß­pro­jekte für den Glas­faser­ausbau

Eine jetzt einset­zende Markt­kon­soli­die­rung würde ihren Grund aber nicht darin haben, dass der Glas­faser­ausbau abge­schlossen wäre. Im Gegen­teil: Es wird weiter ausge­baut, wie im nörd­lich von Bremen gele­genen Land­kreis Oster­holz. Hier baut die Deut­sche Glas­faser für bis zu 20.500 Adressen FTTH-Anschlüsse. „Aktuell sind rund 24.000 Adressen von den etwa 41.000 Adressen im Land­kreis Oster­holz noch ohne direkte Glas­faser­ver­sor­gung“, sagt Peer Beyers­dorff, Geschäfts­führer des Breit­band­zen­trums Nieder­sachsen-Bremen. Um das zu ändern, benö­tigt die Deut­sche Glas­faser in der Vorver­mark­tung eine Vertrags­abschluss­quote von 33 Prozent.

Großer Bahnhof für die Kooperation zwischen der Deutschen Glasfaser und dem Landkreis Osterholz. Dadurch soll fast die Hälfte der Haushalte im Kreis einen FTTH-Anschluss bekommen. Großer Bahnhof für die Kooperation zwischen der Deutschen Glasfaser und dem Landkreis Osterholz. Dadurch soll fast die Hälfte der Haushalte im Kreis einen FTTH-Anschluss bekommen.
Foto: Deutsche Glasfaser
Vom Land in die Stadt: Das Wohn­bau­unter­nehmen GESOBAU und Tele Columbus haben verein­bart, ab November 2023 25.000 Berliner Haus­halte aus dem Bestand der GESOBAU mit FTTH zu versorgen. Dafür nimmt Tele Columbus eine Neustruk­turie­rung und tech­nische Aufrüs­tung der Haus­ver­teil­netze vor. Dank Open Access stehen die FTTH-Netze dann auch Dritten für deren Tele­kom­muni­kati­ons­pro­dukte offen.

Ein weiteres Groß­pro­jekt kündigte unlängst die Thüringer Netkom (TNK) an: In Rudol­stadt will die TNK bis 2026 rund 15.000 Haus­halte mit Glas­faser versorgen. Dafür inves­tiert das Weimarer Unter­nehmen 36 Millionen Euro. „Es werden keine Förder­mittel in Anspruch genommen“, sagt TNK-Geschäfts­führer Karsten Kluge. Für die Thüringer Netkom ist es bisher die größte Einzel­inves­tition im regio­nalen Glas­faser­ausbau. Mit dem Geld wird sie in der Rudol­städter Kern­stadt sowie in 13 Orts­teilen 220 Kilo­meter Glas­faser verlegen.

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