Nutzerzahlen

Das Tiktok-Problem: Facebook verliert Milliarden an Wert

Verliert Face­book die Initia­tive an den jungen Rivalen Tiktok? Auf jeden Fall ging zuletzt die Zahl der täglich aktiven Nutzer beim Online-Netz­werk zurück. Anleger ließen die Aktie einbre­chen.
Von dpa /

Durchwachsene Zahlen bei Facebook Durchwachsene Zahlen bei Facebook
Bild: Facebook
Face­book hat ein Tiktok-Problem: Das welt­größte Online-Netz­werk hat im vergan­genen Quartal erst­mals kaum neue Nutzer dazu­gewonnen. Die Zahl täglich aktiver Mitglieder sank sogar binnen drei Monaten um rund eine Million. Bei monat­licher Akti­vität gab es ein für Face­book-Verhält­nisse mageres Plus von zwei Millionen. Zusammen mit der Enttäu­schung über die Umsatz­pro­gnose für das laufende Quartal trieben die Zahlen Anleger in die Flucht: Die Aktie des Dach­kon­zerns Meta verlor in einem spek­taku­lären Kurs­sturz im vorbörs­lichen Handel heute rund ein Fünftel ihres Werts.

Gründer und Chef Mark Zucker­berg verwies ausdrück­lich auf Konkur­renz unter anderem durch die Video-App Tiktok. "Die Leute haben jede Menge Auswahl, wie sie ihre Zeit verbringen wollen - und Apps wie Tiktok wachsen sehr schnell", sagte er in einer Tele­fon­kon­ferenz mit Analysten. Auch seine Platt­form werde fortan noch stärker auf kurze Videos setzen, gab der 37-Jährige die Marsch­rich­tung vor.

Junge Nutzer zurück­gewinnen

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Bild: Facebook
Der Konzern entwi­ckelte dafür den haus­eigenen Tiktok-Konter Reels. Der neue Fokus werde zunächst auf die Erlöse drücken, räumte Zucker­berg ein. Denn Reels-Anzeigen seien weniger lukrativ als etwa der Platz im News­feed der Nutzer. Doch das sei der rich­tige Schritt für die Platt­form auf lange Sicht.

Face­book starte in die Aufhol­jagd aus einer ungüns­tigen Posi­tion, warnte Analyst Mike Proulx von Forrester Rese­arch. Der Konzern müsse nicht nur junge Nutzer zurück­gewinnen, sondern auch lernen, mit den Reels-Videos besser Geld zu verdienen. "Einfach nur die Funk­tionen von Tiktok zu kopieren, wird nicht reichen."

Die abrupte Akti­vitäts­bremse traf alle Bereiche. Ein Rück­gang der Zahl täglich aktiver Nutzer von 1,93 auf 1,929 Milli­arden mag nicht wie eine große Sache wirken. Aber noch im Vier­tel­jahr davor war der Wert um 22 Millionen gestiegen - und um 30 Millionen im zweiten Quartal 2021. Face­book verfehlte auch die Erwar­tungen der Analysten, die von 1,95 Milli­arden täglich aktiven Nutzern ausge­gangen waren.

Auch WhatsApp und Insta­gram lang­sameres Wachstum

Der Face­book-Konzern Meta zählt auch, wie viele Nutzer mindes­tens eine seiner Apps nutzen - dazu gehören unter anderem auch WhatsApp und Insta­gram. Mit einem Plus von zehn Millionen auf 2,82 Milli­arden täglich fiel auch hier das Wachstum unge­wöhn­lich niedrig aus. Im Vier­tel­jahr davor waren noch 50 Millionen dazu­gekommen.

Face­book hatte in der Corona-Pandemie die Anleger mit üppigen Wachs­tums­raten verwöhnt. Auch daher schlug die Prognose von 27 bis 29 Milli­arden Dollar Umsatz im laufenden Quartal beson­ders hart ein. Denn sie bedeutet, dass die Erlöse im Jahres­ver­gleich viel­leicht nur um dünne drei Prozent wachsen werden.

Der Konzern verwies zur Begrün­dung einmal mehr auf Apples Maßnahmen für mehr Privat­sphäre auf dem iPhone, die das Face­book-Geschäft schon seit Monaten bremsen. Meta rechne damit, dass dies den Konzern­umsatz in diesem Jahr um zehn Milli­arden Dollar drücken werde, sagte Finanz­chef Dave Wehner.

App-Anbieter wie Face­book müssen iPhone-Nutzer seit vergan­genem Jahr fragen, ob sie zu Werbe­zwe­cken ihr Verhalten quer über verschie­dene Dienste und Websites nach­ver­folgen dürfen. Sehr viele iPhone-Kunden lehnten dies ab.

Dadurch kann Face­book schlechter die Anzeigen auf einzelne Nutzer zuschneiden. Das zentrale Geschäfts­modell des Konzerns ist aber, Anzeigen exakt den von Werbe­kunden gewünschten Ziel­gruppen zu zeigen. Mit dem Nein der iPhone-Nutzer zum Tracking wurde es für den Konzern schwie­riger, sowohl Infor­mationen über Inter­essen der Nutzer zu sammeln als auch den Erfolg der Werbe­kam­pagnen zu messen.

Ergeb­nisse bei VR-Sparte "Reality Labs" durch­wachsen

Die Worte des Finanz­chefs erweckten zudem den Eindruck, Meta lote eine Beschwerde mit dem Vorwurf unfairen Wett­bewerbs aus. Die Einschrän­kungen seien auf Apps zuge­schnitten, während im Webbrowser zum Beispiel Such­maschinen weiterhin Zugang zu mehr Infor­mationen für die Perso­nali­sie­rung von Werbung hätten, kriti­sierte Wehner.

"Wir glauben, dass Googles Geschäft mit Such­maschinen-Anzeigen im Vergleich zu Diensten wie unserer profi­tiert haben könnte", sagte er. Und die Milli­arden, die Apple jedes Jahr von Google bekomme, seien ein Anreiz, diese "Diskre­panz" fort­zuführen. Google zahlt dafür, als Stan­dard-Such­maschine in Apples Webbrowser Safari vorein­gestellt zu sein. Nutzer können die Such­maschine jeder­zeit ändern.

Meta veröf­fent­lichte auch erst­mals ausführ­lichere Zahlen zu seinem Geschäft mit virtu­eller Realität. Daraus soll mit der Zeit die digi­tale Welt Meta­verse entstehen, in der Zucker­berg die ferne Zukunft des Konzerns sieht. Im vergan­genen Quartal legte der Umsatz der Sparte "Reality Labs" im Jahres­ver­gleich von 717 auf 837 Millionen Dollar zu.

Zugleich stieg auch der opera­tive Verlust von rund 2,1 auf 3,3 Milli­arden Dollar. Im gesamten vergan­genen Jahr häufte die Sparte rote Zahlen von mehr als zehn Milli­arden Dollar an, unter anderem für Forschung und Entwick­lung. Und Finanz­chef Wehner stellte in Aussicht, dass die Ausgaben in diesem Jahr noch weiter steigen werden.

Der Konzern­umsatz wuchs unter­dessen im vergan­genen Quartal im Jahres­ver­gleich um ein Fünftel auf knapp 33,7 Milli­arden Dollar (rund 29,8 Mrd Euro). Unterm Strich sank der Gewinn um acht Prozent auf knapp 10,3 Milli­arden Dollar.

Face­book-Nutzer müssen in dem sozialen Netz­werk ihren echten Namen angeben - sonst droht ihnen die Sperre ihres Accounts. Doch die Rechts­lage ist umstritten. Nun entschied der BGH.

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