Löschpraxis

Urteil: Facebook muss nicht aktiv suchen und löschen

Aufatmen bei Facebook: Das Netzwerk muss nicht aktiv nach rechtswidrigen Inhalten suchen und diese löschen, entschied heute das Landgericht Würzburg.
Von Marie-Anne Winter mit Material von dpa

Anas M. im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun Anas M. im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun.
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In dem vielbeachteten Rechsstreit zwischen Facebook und dem syrischen Flüchtling Anas M. ist ein Urteil gefallen: Facebook muss in seinem Netz weiterhin nicht aktiv nach rechtswidrigen Inhalten suchen und diese löschen. Das hat das Landgericht Würzburg heute entschieden. Anas M. unterlag mit seinem Antrag auf eine Einstweilige Verfügung gegen den Internetriesen und muss weiterhin selbst verleumderische Beiträge gegen ihn suchen und melden.

Facebook habe sich die Verleumdungen von Dritten nicht zu Eigen gemacht und könne deshalb nicht zu einer Unterlassung gezwungen werden, begründete der Vorsitzende Richter der Ersten Zivilkammer sein Urteil. Anas M. im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun Anas M. im Landgericht Würzburg neben seinem Rechtsanwalt Chan-jo Jun.
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Zu dem Prozess gegen Facebook war es gekommen, weil Anas M. auf verleumderischen Fotomontagen fälschlicherweise als Terrorist und Attentäter dargestellt worden war. Die Bildmontagen brachten den Syrer sowohl mit dem tödlichen Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt als auch mit einem brutalen Angriff auf einen Obdachlosen in München in Verbindung - wir berichteten.

Verletzung der Persönlichkeitsrechte

Der rechtswidrige Beitrag wurde in dem sozialen Netzwerk hundertfach geteilt. Der Flüchtling forderte deshalb von Facebook nicht nur den Originalbeitrag, sondern auch alle Duplikate zu löschen, weil er der Ansicht ist, dass mit dieses Posts seine individuellen Persönlichkeitsrechte verletzt werden. In der Politik entbrannte daraufhin eine Debatte über den generellen Umgang mit Fake News.

Die Bundesregierung hatte angekündigt, stärker gegen Falschmeldungen vorgehen zu wollen, etwa in dem soziale Netzwerke dazu verpflichtet werden, binnen 24 Stunden auf Beschwerden zu reagieren. Der Digitalverband Bitkom hatte hier allerdings Bedenken: Angesichts von bis zu einer Milliarde Posts pro Tag sei eine solche Pflicht "operativ schlechterdings nicht umsetzbar", wie Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder erklärte. Eine grundsätzliche Verpflichtung der Betreiber, Fake News zu löschen, würde zudem die Meinungsfreiheit massiv einschränken. Eine Löschpflicht käme einem "dauerhaften Zensurmechanismus" gleich. "Wollen wir das? Wahrscheinlich nicht."

Trotzdem bleibt das Thema Fake News gerade im Hinblick auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf heiß, zumal Sicherheitsexperten vor möglichen Cyberkampagnen warnen. Auch der Eco-Verband berichtet heute, dass Beschwerden über Hassrede und falsche Nachrichten stark zugenommen hätten, in gut der Hälfte der Fälle seien die gemeldeten Beiträge allerdings nach deutschem Recht zulässig.

Für Anas M. geht es um sein Privatleben, er will vor allem erreichen, dass dieses böse Kapitel seines Lebens endlich ein Ende hat und er in Frieden in Deutschland leben, zur Schule gehen und arbeiten kann.

Der medienwirksame Fall wurde in Würzburg verhandelt, weil der Anwalt des Flüchtlings seine Kanzlei in der Residenzstadt hat. Das jetzt vom Landgericht verkündete Urteil dürfte dies nicht das letzte Wort in diesem Fall sein. Der Anwalt von Anas M. kündigte für seinen Mandanten bereits im Vorfeld an, auch Schadensersatzansprüche durchsetzen zu wollen und eine höchstgerichtliche Entscheidung anzustreben.

Facebook betonte in einer ersten Reaktion, man habe schnell den Zugang zu allen korrekt gemeldeten Inhalten blockiert und werde dies auch weiterhin tun. Das Unternehmen verstehe zugleich, dass es für den Flüchtling "eine schwierige Situation" sei.

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