Verschoben

E-Rezept: Bundesweite Einführungsphase verschoben

Nach dem digi­talen Führer­schein wird sich ein weiteres Projekt der schei­denden Bundes­regie­rung erst einmal verzö­gern. Das E-Rezept.
Von / dpa

Rezepte vom Arzt waren auf rosa Zettel­chen jahr­zehn­telang üblich. Doch das soll(te) ein Ende haben. Auch wenn der bundes­weite Test fürs E-Rezept verschoben wurde, startet dafür am 1. Oktober eine andere prak­tische Anwen­dung.

Bitte etwas Geduld

Wer sein Rezept als Digi­tal­ver­sion bekommen will, der muss sich in den aller­meisten Städten Deutsch­lands noch gedulden. Denn beim E-Rezept wird die bundes­weite Einfüh­rungs­phase, an der Arzt­praxen frei­willig teil­nehmen sollten, vorerst auf Eis gelegt - eigent­lich sollte es am 1. Oktober losgehen. Das teilte die zentral zustän­dige Firma Gematik heute in Berlin mit und bezog sich dabei auf einen Beschluss ihrer Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, in der neben dem Bund auch Vertreter von Ärzten, Apotheken und Kran­ken­kassen sitzen. Aller­dings hätten anfangs wohl ohnehin nur wenige Praxen bei dem E-Rezept mitge­macht, die Plan­ände­rung hat also nur wenig Folgen.

Test­phase wird verlän­gert

Das E-Rezept wird nach und nach in Deutschland eingeführt. Das E-Rezept wird nach und nach in Deutschland eingeführt.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Außerdem entschied die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung, dass die seit Juli laufende Test­phase in einigen Praxen, Kliniken und Apotheken in Berlin und Bran­den­burg bis Ende November verlän­gert wird. Fest steht weiterhin, dass im Januar 2022 die Einfüh­rungs­pflicht greift - dann sollen gesetz­lich Versi­cherte für ihre Rezepte QR-Codes bekommen statt rosa Zettel­chen.

Viele Arzt­praxen haben noch keine Updates

Grund für die Plan­ände­rung ist, dass viele Arzt­praxen noch gar nicht die tech­nische Möglich­keit haben, Digi­tal­ver­schrei­bungen auszu­stellen: Es mangelt an zerti­fizierten Updates für ihre Praxis­ver­wal­tungs­sys­teme. In Deutsch­lands Arzt­praxen gibt es eine Viel­zahl an verschie­denen digi­talen Verwal­tungs­sys­temen, insge­samt etwa 130. Zudem machen noch zu wenige Kran­ken­kassen bei dem E-Rezept der Gematik mit, als dass eine flächen­deckende Einfüh­rung aussichts­reich wäre. In den kommenden Wochen soll sich die Situa­tion verbes­sern.

Bei der Test­phase Berlin-Bran­den­burg sollten ursprüng­lich 50 Arzt­praxen und Kliniken sowie 120 Apotheken die Anwen­dung des Digi­tal­rezepts erproben - Fach­leute der Projekt­betei­ligten waren vor Ort, um den reibungs­losen Ablauf zu über­prüfen und um mögliche Schwach­stellen zu erkennen. Doch weil es an Soft­ware-Updates mangelte, gab es in der Test­phase weniger Teil­nehmer als gedacht. Nun reichen die gewon­nenen Erkennt­nisse aus Sicht der Gematik noch nicht aus und die "Fokus­region Berlin-Bran­den­burg" wird fort­gesetzt.

E-Rezept gegen Zettel­wir­schaft

Mit dem E-Rezept soll die Zettel­wirt­schaft bei Rezepten beendet werden - derzeit bekommen gesetz­lich Versi­cherte jedes Jahr etwa 500 Millionen Verschrei­bungen. Ab nächstem Jahr sollen sie einen QR-Code erhalten, entweder im Smart­phone oder - falls man die Gematik-App "E-Rezept" (für iOS oder Android) noch nicht nutzt - ausge­druckt. Der Zugriff auf die Digi­tal­ver­schrei­bung über die App kann prak­tisch sein, etwa wenn man eine Video­sprech­stunde wahr­genommen hat und der Arzt danach kein Papier­rezept per Post zuschi­cken muss. Ganz verschwinden werden die Papier­rezepte aber nicht, zum Beispiel bei Haus­besu­chen soll es sie weiterhin geben. Für privat Versi­cherte gilt das Digi­tal­rezept derzeit noch über­haupt nicht.

17 Länder nutzen E-Rezept - Deutsch­land "nach und nach"

Gematik-Chef Markus Leyck Dieken betonte gegen­über der dpa die Vorteile. "17 andere EU-Staaten haben das E-Rezept schon einge­führt, die Bevöl­kerung dort hat das gut ange­nommen." Leyck Dieken machte deut­lich, dass das E-Rezept Anfang 2022 nicht wie auf Knopf­druck überall zu haben sein werde, sondern "nach und nach flächen­deckend zur Verfü­gung stehen" werde. "Je nach tech­nischer Ausstat­tung werden Praxen und Apotheken mit der Zeit in der Lage sein, E-Rezepte auszu­stellen bezie­hungs­weise einzu­lösen."

Angst vor Online-Versen­dern

Das Vorhaben ist nicht unum­stritten. So forderten Ärzte­ver­treter unlängst eine Verschie­bung. Viele Vor-Ort-Apotheker befürchten zudem, dass sie Geschäft an den Online-Versand verlieren könnten. Die großen Online-Konkur­renten DocMorris und Shop Apotheke wittern hingegen Morgen­luft, wenn sie künftig die Rezepte digital über­mit­telt bekommen und das Arznei­mittel dadurch schneller beim Kunden ist als bisher - derzeit bekommen die Online-Händler die Verschrei­bung noch per Brief. Aller­dings haben viele statio­näre Apotheken inzwi­schen auch ein Online-Stand­bein - sie könnten vom E-Rezept sogar profi­tieren.

Digi­tale Krank­mel­dung ab 1. Oktober

Separat zum E-Rezept startet am 1. Oktober die digi­tale Über­mitt­lung von Krank­schrei­bungen, den elek­tro­nischen Arbeits­unfä­hig­keits­beschei­nigungen (eAU). Arzt­praxen schi­cken diese Beschei­nigungen an die Kran­ken­kassen - der Arbeit­nehmer muss das also nicht mehr selbst tun. In einer Über­gangs­zeit von drei Monaten können die Praxen trotzdem noch auf Ausdrucke setzen, ab Januar ist die digi­tale Krank­schrei­bung aber Pflicht - dann müssen sie die dafür notwen­digen tech­nischen Stan­dards erfüllen und an das KIM-System ange­schlossen sein. Das Kürzel KIM steht für Kommu­nika­tion im Medi­zin­wesen. Einen Zettel bekommt der Patient trotzdem noch in die Hand, und zwar die Krank­schrei­bung für seinen Arbeit­geber. Erst ab Juli 2022 sollen die Arbeit­geber hierbei einbe­zogen werden, damit die eAU direkt auch an sie über­mit­telt werden können.

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