Editorial: Service kostet
Service kostet
Bild: Telekom
Letztes Jahr gab es
massive Probleme mit dem Kundenservice
von Telefónica/o2: Zeitgleich mit der Migration
von Abermillionen Kunden von der Plattform des übernommenen Netzbetreibers
E-Plus auf die eigene Plattform hatte Telefónica
auf ein neues Service-Konzept umgestellt, das mehr Selbstverwaltung der
Kunden per Internet und weniger Hotline-Kontakte vorgesehen hatte. Die
Rechnung ging nicht auf, denn durch die im Rahmen der Plattform-Migration
entstandene Probleme gab es mehr statt weniger Hotline-Anrufe. Die
teltarif-Redaktion erreichten fast schon verzweifelte Hilferufe von
Usern, die tagelang ihre Service-Anliegen nicht mit o2 besprechen
konnten, weil die Hotline trotz dutzender Anrufversuche zu keiner
Tages- oder Nachtzeit mehr erreichbar war.
Service kostet
Bild: Telekom
Ähnliche Probleme mit dem Kundenservice -
wenn auch nicht ganz so drastisch - hat nun auch die
Deutsche Telekom: Nachdem sie zuletzt Personal
im Service-Bereich abgebaut hat, muss sie nun 300 neue Mitarbeiter
einstellen - wenn auch vorerst befristet. Dabei hatte Telekom-Chef
Tim Höttges noch vor drei Monaten
eine Service-Offensive gestartet. So sollten
Telekom-Kunden "nicht mehr den ganzen Tag auf den Techniker warten" müssen,
sondern sich ein Zeitfenster aussuchen können, in dem der Techniker dann
auch zuverlässig erscheint. Doch die Gleichung, mit weniger Personal
besseren Service erbringen zu wollen, ging nicht auf: Die Zufriedenheit
der Telekom-Kunden mit dem Service ging in den letzten Monaten zurück.
Ohne Service wird am meisten Geld verdient
Letztendlich stehen alle Tk-Anbieter vor dem Problem, dass sie ihr Geld genau dann verdienen, wenn kein Service nötig ist: Sind die Anschlüsse geschaltet und läuft das Netz zuverlässig und mit ausreichend Kapazität, dann sprudeln die Umsätze, auch ohne, dass ein Techniker etwas tut. Das musste die Gewerkschaft Ver.di vor einem Jahrzehnt bitter lernen: Ein monatelanger Streik beeindruckte die Telekom damals kaum, weil das Geschäft einfach weiter lief. Zwar dauerte das Schalten neuer Anschlüsse zunehmend länger, aber die Zahl der davon betroffenen Kunden war vergleichsweise gering.
Auch wenn kurzfristige Service-Verschlechterungen einen Tk-Anbieter also kaum belasten: Mittel- bis langfristig kann kein Netzbetreiber ohne Service und ohne Investitionen in den Netzausbau auskommen. Denn wenn der nötige Service dauerhaft nicht erbracht wird, dann wandern irgendwann die Kunden ab. Von daher ist es nur konsequent, dass die Telekom bereits jetzt auf das schlechte Service-Rating reagiert und mit zusätzlichen Mitarbeitern gegensteuert. Hier abzuwarten würde das Problem nur verschlimmern. Zugleich würde das Aufschieben die Personalkosten auf Dauer gesehen nicht senken, denn die Service-Rückstände müssen ja irgendwann abgearbeitet werden, und das geht nur mit Personal, nicht ohne.