Bundestag debattierte über kürzere Vertragslaufzeiten (Update)
Plenarsaal des Deutschen Bundestages
Bild: dpa
Ob Handyverträge, Streaming oder Fitnessstudios, die
Bundesregierung will Verbraucher vor Abzocke mit langen
Vertragslaufzeiten und schwierigen Kündigungen schützen.
Anbieterwechsel sollen einfacher und Verträge fairer werden. Heute debattierte darüber der Bundestag. Die Bundesländer sind jetzt
schon unzufrieden und wünschen sich noch schärfere Regeln.
Plenarsaal des Deutschen Bundestages
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Justizministerin Christine Lambrecht hatte die Reform angeschoben,
weil sie der Meinung ist, dass Verbraucher viel zu häufig über den
Tisch gezogen werden. Lange Vertragslaufzeiten bei Handyverträgen
verhinderten zum Beispiel oft den Wechsel zu günstigeren Angeboten,
sagte sie. Das will die Bundesregierung erschweren - zum Leidwesen
von Handyanbietern, Streamingdiensten aber auch kommunalen
Energieversorgern, die der Meinung sind, dass sich der Bund zu stark
in den Markt einmischt. Lange gab es deswegen Streit zwischen
Verbraucherschutz- und Wirtschaftsministerium. Dies schlägt die
Bundesregierung nun als Kompromiss vor:
Vertragslaufzeiten: Verträge zum Beispiel fürs Fitnessstudio, Netflix oder ein Musik-Abo sollen in der Regel nur noch über ein Jahr laufen. Bisher sind in vielen Branchen zwei Jahre üblich, sodass Verbraucher kaum kurzfristig auf billigere Angebote reagieren können. So lange Laufzeiten sollen künftig nur noch erlaubt sein, wenn der Kunde parallel auch ein Angebot für einen Ein-Jahres-Vertrag mit gleicher Leistung bekommt. Dieser darf im Monatsschnitt maximal ein Viertel mehr kosten. Die Pflicht, auch Verträge mit einem Jahr Laufzeit anzubieten, gibt es jetzt schon etwa bei Handy- und Festnetzverträgen.
Vertragsverlängerung: Die Kündigung vergessen - und schon hat man den Vertrag ein weiteres Jahr an der Backe. Das soll künftig nicht mehr so einfach passieren. Wenn ein Unternehmen Verträge um mehr als drei Monate automatisch verlängern will, muss es den Kunden von sich aus auf die Kündigungsmöglichkeit hinweisen. Dafür reicht zum Beispiel eine SMS mit dem Hinweis: "Wenn Sie jetzt nicht kündigen, verlängert sich Ihr Vertrag um ein Jahr".
Kündigungsfrist: Die Kündigungsfrist für Verbraucherverträge soll generell nur noch einen Monat betragen - statt bisher drei Monate.
Strom- und Gasverträge: Lieferverträge für Strom und Gas soll man nicht mehr allein am Telefon schließen können. Damit ein Vertrag wirksam ist, muss er "in Textform", also zum Beispiel per E-Mail, vorliegen. "Dadurch bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher Gelegenheit, in aller Ruhe zu prüfen, ob sie ihren Energielieferanten oder ihren Vertrag wirklich wechseln möchten", hatte Lambrecht das begründet. "Sie können zudem sicher sein, dass ihnen kein Vertrag gegen ihren Willen unterschoben wird."
Kritik im Bundesrat: Die Länderkammer hat den Gesetzentwurf bereits beraten und einige Verbesserungen gefordert. Sie verlangt etwa einen Kündigungsbutton auf Internetseiten, damit Verbraucher ihre Verträge ohne großes Suchen und Briefeschreiben wieder loswerden können. Unternehmen sollen den Eingang einer Kündigung außerdem immer bestätigen müssen. Außerdem will der Bundesrat, dass die geplanten Reformen nicht nur für neue, sondern mit einer Übergangszeit auch für bereits abgeschlossene Verträge gelten. Die Länder müssen der Reform nicht zustimmen, der Bundesrat könnte aber Einspruch gegen das Gesetz einlegen.
Update 18:30 Uhr: So verlief die Debatte
"Viel zu häufig beobachten wir undurchsichtige Verträge, versteckte Kosten und Überrumpelungen am Telefon", sagte Lambrecht zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag. Soziale Marktwirtschaft bedeute auch faire Marktbedingungen und Wahlfreiheit für die Verbraucher.
Die FDP ist gegen eine Begrenzung der Vertragslaufzeiten. "Häufig sind es langfristige Verträge, die finanziell schwächeren Verbrauchern ermöglichen, ohne Kredit und ohne Dispo an höherwertige Technik zu kommen", sagte Katharina Willkomm von der FDP. Weil die Anbieter langfristig planen könnten, könnten die Monatspreise sinken.
Die Linke hält dem entgegen, verkürzte Laufzeiten belebten den Wettbewerb. "Die Unternehmen müssen sich mehr um die Kunden bemühen, sie müssen besseren Service anbieten", sagte Niema Movassat. Der Linken-Politiker kritisierte, dass die ursprünglich geplante Verkürzung von Vertragslaufzeiten von 24 auf 12 Monate nur noch in optionaler Form zum Tragen komme.
Die Union sieht Nachbesserungsbedarf bei online geschlossenen Verträgen. Hier müsse eine unkomplizierte Kündigungsmöglichkeit geschaffen werden, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Jan-Marco Luczak. "Es kann nicht sein, dass Verträge zwar mit einem Klick geschlossen werden können, die Kündigung des Vertrages dann aber sehr kompliziert ist oder sogar schriftlich erfolgen muss." Ende des Updates.
Gesetz sinnvoll oder nicht?
Mit folgenden Diskussionsbeiträgen hat sich teltarif.de bereits an der Debatte um die neuen Regelungen beteiligt:
- Editorial: Laufzeitverkürzung mit Hindernissen
- Neue Obergrenze für Vertragslaufzeiten: Unsinnige Gängelei