Gut gemeint

Private Netzbetreiber fordern Revision des DigiNetz-Gesetzes

Eigentlich sollten Synergien genutzt werden: Kabel verlegen, wenn sowieso gebuddelt wird. Nur keiner traut sich mehr, weil es die eigene Kalkulation verschütten kann.
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Dass das keine Theorie ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) vom 20. April 2018 (BK11-17-020), die der Deutschen Telekom einen "weitreichenden Mitverlegungsanspruch" im Rahmen der Erschließung eines Neubaugebiets in Wiesbaden gewährt. Durch die sehr weite Auslegung des Begriffs der „öffentlichen Mittel“ durch die BNetzA werden beispielsweise kommunale Unternehmen, die wollten, dass endlich etwas vorangeht, aber vorher noch nie selbst Glasfaser-Strukturen verlegt haben, erheblich verunsichert. Ergo, sie bauen lieber nicht und warten auf die Anderen. Die bauen aber auch nicht, weil es ihnen ja viel zu teuer ist.

Wer zuerst baut, muss damit rechnen, dass ein Zweiter "mitbauen" will... Wer zuerst baut, muss damit rechnen, dass ein Zweiter "mitbauen" will...
Foto: M-Net
Wenn das Kriterium des Baus aus öffentlichen Mitteln derart weit ausgelegt werde, müssten kommunale Unternehmen damit rechnen, dass künftig jede ihrer Investitionen in Glasfaserprojekte durch Mitverlegung von einem oder mehreren Wettbewerbern belastet wird und ihre Geschäftspläne damit unrentabel werden.

Die Verbände BREKO (Breitbandkommunikation), BUGLAS (Bundesverband Glasfaser), Deutscher Landkreistag und VKU (Verband der kommunalen Unternehmer) sind sich daher einig: „Das DigiNetz-Gesetz muss dringend dahingehend weiterentwickelt werden, dass es keine Fehlanreize mehr für Überbau setzt.“ Das novellierte DigiNetz-Gesetz muss daher einen Parallelausbau durch Mitverlegung verhindern, wenn ein Gebiet erstmals mit reinen Glasfaserleitungen erschlossen wird.

Nur noch ein Anbieter?

Sprich: Wenn Anbieter A sich aufmacht, "als erster" auszubauen, dann dürfen andere nicht mehr günstig mitbauen?

Jein. Die Verbände legen in diesem Zusammenhang Wert auf die Feststellung, dass eine solche Anpassung des Gesetzes Dritte nicht aussperren und auch Dienstewettbewerb generell nicht verhindern soll. Vielmehr gehe es darum, Glasfaser – wie auch von der neuen Bundesregierung im Koalitionsvertrag angestrebt – in die Fläche zu bringen, anstelle einen Flickenteppich mit punktuell mehrfach vorhandenen Glasfaser-Infrastrukturen zu erzeugen. „Das Risiko ‚Wer gräbt, verliert‘ darf nicht länger über engagierten Kommunen und Netzbetreibern schweben, die den Glasfaserausbau in Deutschland engagiert voranbringen wollen“, unterstreichen die Verbände.

Daneben müsse der Begriff „öffentliche Mittel“ im DigiNetz-Gesetz eindeutig definiert werden: Ein Mitverlegungsanspruch solle grundsätzlich nur dann bestehen, wenn die eigentlichen Bauarbeiten, im Rahmen derer eine Mitverlegung erfolgen soll, unmittelbar aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert werden.

Anstelle des Anspruchs auf Mitverlegung setzen sich BREKO, BUGLAS, Deutscher Landkreistag und VKU in der beschriebenen Konstellation für einen Zugangsanspruch zur neu errichteten Glasfaser-Infrastruktur ein. Hier gilt klar: Open Access zu fairen Konditionen. Auf diese Weise wird die neu errichtete Infrastruktur besser ausgelastet, und es wird ein Anreiz zum Glasfaserausbau in weiteren, bislang noch nicht erschlossenen Regionen geschaffen.

Soll heißen: Wenn A "als erster" baut, darf "B" nicht parallel dazu bauen, sondern muss sich bei A einmieten oder im gemeinsamen Konsortium mit A mitbauen (bei realer Kostenteilung). Die Preise sollen zwischen A und B frei verhandelt werden können, die Bundesnetzagentur soll nur im Notfall als Schiedsrichter einspringen.

Wie das ganze Problem einzuschätzen ist und welche Lösung denkbar wäre, lesen Sie auf der dritten Seite.

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