Breitbandausbau

Reiches Sylt, arm an Glasfaser - wie sich das nun ändert

Inseln haben bei Netz­betrei­bern nicht gerade die oberste Prio­rität, zu lang sind die Leitungs­wege und zu gering das Vermark­tungs­poten­zial. Das gilt selbst für Sylt, obwohl man doch meinen könnte, dass Geld hier den Glas­faser­ausbau irgendwie beschleu­nigen könnte. Zwar ist die Deut­sche Telekom auf der Insel aktiv, aber das dauerte vielen Syltern zu lange. Sebas­tian Meier hat was dagegen unter­nommen.
Von Marc Hankmann

Meier ist Geschäfts­berater der Viking Telecom. „Meine Lieb­lings­insel hatte einfach besseres Internet verdient“, sagt der Tele­kom­muni­kati­ons­berater. Mit seinem Unter­nehmen ist er neben Stand­orten in Hamburg und Flintbek auch auf Sylt aktiv. Im vergan­genen Jahr fragte Viking Telecom den Bedarf bei den Sylter Betrieben ab. Das Ergebnis: Beinahe zwei Drittel aller Befragten gaben an, regel­mäßig mit lang­samem Internet oder Verbin­dungs­abbrü­chen zu kämpfen. „Unsere Netz­sta­bilität war eine Kata­strophe“, erin­nert sich Dirk Erdmann, Inhaber des Hotels Rung­holt in Kampen. Er war einer der Ersten, die von Meiers Initia­tive profi­tieren. In Westerland auf Sylt hat 1&1 Versatel mit den Glasfaser-Tiefbauarbeiten begonnen. V. l. n. r.: Dirk Rolfs, Planner Fiber Network Planning & Development 1&1 Versatel, Sascha Stühl, Oellrich Tiefbau, Marcel Müller, Oellrich Tiefbau, Michael Lentin, Partner Manager 1&1 Versatel, und Felix Ehlers, Vertriebsmanager des bei Viking Telecom In Westerland auf Sylt hat 1&1 Versatel mit den Glasfaser-Tiefbauarbeiten begonnen. V. l. n. r.: Dirk Rolfs, Planner Fiber Network Planning & Development 1&1 Versatel, Sascha Stühl, Oellrich Tiefbau, Marcel Müller, Oellrich Tiefbau, Michael Lentin, Partner Manager 1&1 Versatel, und Felix Ehlers, Vertriebsmanager des bei Viking Telecom
Foto: 1&1 Versatel
Der TK-Berater holte die 1&1 Versatel mit ins Boot, die Bauan­träge für Glas­faser­lei­tungen in Wester­land und Tinnum einreichte. „Wir hatten schon vor dem ersten Spaten­stich im Januar rund 130 inter­essierte Sylter Unter­nehmer“, erin­nert sich Meier. Schließ­lich sind schnelle und verläss­liche Inter­net­ver­bin­dungen nicht nur für die Touris­mus­branche ein Muss. Spätes­tens seit der Coro­napan­demie kommen auch Sylter Dienst­leister wie Immo­bili­enmakler, Hand­werker, Rechts­anwälte oder Thera­peuten nicht mehr ohne den digi­talen Kontakt zum Kunden aus.

Inzwi­schen befinden sich die ersten Kunden am Netz. „Nun läuft unser Internet stabil für 65 Zimmer mit bis zu 120 Gästen, ich bin sehr zufrieden“, sagt Hote­lier Erdmann. Einziger Wermuts­tropfen: Der Glas­faser­ausbau durch 1&1 Versatel führte dazu, dass nun auf Sylt teil­weise zwei Leitungen neben­ein­ander liegen. Dieser Überbau bzw. die Kosten dafür hätten vermieden werden können, hätten sich alle Betei­ligten darauf geei­nigt, eine Infra­struktur zu nutzen.

Telekom koope­riert mit miecom

Auch wenn die Telekom Menschen wie Sebas­tian Meier auf Sylt zu langsam ist, kann man dem ehema­ligen Mono­polisten nicht vorwerfen, bundes­weit nichts für den Glas­faser­ausbau zu tun. In den vergan­genen Wochen kündigte der magen­tafar­bene Konzern mehrere Groß­pro­jekte an. In Kirch­heim unter Teck hat die Telekom bislang 1600 Haus­halte mit Glas­faser versorgt. Nun einigten sich die Bonner mit der Stadt­ver­wal­tung auf den Ausbau für weitere 17600 Haus­halte, der im nächsten Jahr beginnen soll. Die Deutsche Telekom kooperiert mit miecom. V. l. n. r.: Marvin Klein, Deutsche Telekom Breitbandkooperationen, Joachim Geiger, Technischer Leiter bei der miecom, Thilo Höllen, Deutsche Telekom SVP Breitbandkooperationen, miecom-Geschäftsführer Tobias Miessl und Philip Niedernhuber, Deutsche Telekom, Breitbandkooperationen Die Deutsche Telekom kooperiert mit miecom. V. l. n. r.: Marvin Klein, Deutsche Telekom Breitbandkooperationen, Joachim Geiger, Technischer Leiter bei der miecom, Thilo Höllen, Deutsche Telekom SVP Breitbandkooperationen, miecom-Geschäftsführer Tobias Miessl und Philip Niedernhuber, Deutsche Telekom, Breitbandkooperationen
Foto: Deutsche Telekom
Bis März 2023 will die Telekom zudem für 17800 Haus­halte in Marl-Hamm und Marl-Zentrum FTTH-Anschlüsse fertig­gestellt haben. Bis Ende des Jahres läuft noch die Vorver­mark­tung, in der die Telekom die Anschluss­kosten über­nimmt. Ab dem nächsten Jahr müssen die Haus­halte dann 799,95 Euro zahlen. Darüber hinaus sind die Bonner auch in Berlin tätig. In Moabit, Schö­neberg und Spandau Nord errichtet die Telekom Glas­faser­netze für 55300 Haus­halte und mehr als 4100 Unter­nehmen.

Der magen­tafar­bene Konzern ist aber nicht nur als Solist unter­wegs. In den Regionen Schwaben und Ober­bayern kündigte das Unter­nehmen eine Koope­ration mit der miecom-Netz­ser­vice an. Neben M-net wird die Telekom in den Gemeinden Alten­münster, Ried und Herets­ried den Betrieb des miecom-Glas­faser­netzes über­nehmen. Das TK-Unter­nehmen aus dem schwä­bischen Biswangen will ab 2023 mit dem Bau beginnen und nimmt dafür auch Förder­gelder in Anspruch. Rund 4000 Haus­halte sollen ange­schlossen werden. „Gemeinsam mit miecom zeigen wir, dass der Open-Access-Ansatz gut funk­tio­niert, wenn beide Partner ihre Stärken einbringen“, sagt Thilo Höllen, Senior Vice Presi­dent Breit­band­koope­rationen bei der Telekom.

Glas­faser für unter­ver­sorgte Gebiete und Städte

In Bayern ist neben der M-net auch die Leonet AG tätig. In Markt Wolnzach im Land­kreis Pfaf­fen­hofen an der Ilm besei­tigt Leonet die letzten unter­ver­sorgten Regionen, die soge­nannten weißen Flecken. Es geht im ersten Bauab­schnitt um 264 Adressen. Die Ausbau­kosten werden mit Bundes­mit­teln und zusätz­lich vom Frei­staat Bayern zu insge­samt 90 Prozent bezu­schusst. Der erste Bauab­schnitt wird voraus­sicht­lich im Laufe des kommenden Früh­jahrs umge­setzt sein.

Dagegen baut Leonet in Rötz im Land­kreis Cham für rund 1000 Haus­halte ein Glas­faser­netz, das das nieder­baye­rische TK-Unter­nehmen aus der eigenen Tasche bezahlt. Bis zum Sommer 2023 sollen die Tief­bau­arbeiten, verant­wort­lich ist hier die Vitronet, abge­schlossen sein. Unterzeichnen die Vereinbarungen für den Glasfaserausbau in Erfurt (v. l. n. r.): Sören Wendler, Gründer und Geschäftsführer der Deutschen GigaNetz, Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Uwe Rettner, Manager für kommunale Kooperationen bei der Deutsche Glasfaser Unterzeichnen die Vereinbarungen für den Glasfaserausbau in Erfurt (v. l. n. r.): Sören Wendler, Gründer und Geschäftsführer der Deutschen GigaNetz, Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein und Uwe Rettner, Manager für kommunale Kooperationen bei der Deutsche Glasfaser
Foto: Deutsche Glasfaser
Dass die Glas­faser auch in größere Städte kommt, machten in den vergan­genen Wochen Voda­fone, die Deut­sche Glas­faser und die Deut­sche GigaNetz deut­lich. Die beiden Letzt­genannten einigten sich mit der Stadt Erfurt. Die Deut­sche Glas­faser wird hier etwa 10000 Glas­faser­anschlüsse in 16 Erfurter Stadt­teilen bauen. Dazu beginnt ab Ende Oktober 2022 die Vorver­mark­tung. Entscheiden sich 33 Prozent der Haus­halte für einen FTTH-Anschluss der Deut­schen Glas­faser wird in der thürin­gischen Landes­haupt­stadt gebaut.

Mit Wies­baden erhält eine weitere Landes­haupt­stadt schnelles Internet. Voda­fone will in den östli­chen Vororten 7800 Gebäude mit 15000 Haus­halte anschließen. Außerdem unter­schrieb der Düssel­dorfer TK-Konzern zusammen mit West­energie eine Koope­rati­ons­ver­ein­barung mit dem Land­kreis Rhein-Huns­rück. Hier soll bis 2026 ein Glas­faser­netz für 21000 Haus­halte entstehen. West­energie wird die passiven Glas­faser­netze errichten. Voda­fone stellt den Anschluss an seine aktive Netz­infra­struktur bereit, über­nimmt den Betrieb sowie Vermark­tung und Bereit­stel­lung der Dienste. Ab Oktober 2022 startet im Rhein-Huns­rück-Kreis die Vorver­mark­tung.

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