Breitbandausbau

Glasfaser-Doppelausbau: Gutachten widerlegt Gutachten

Die Errich­tung zweier Glas­faser­netze an einem Ort ist für die Telekom Infra­struk­tur­wett­bewerb, der Mono­pole verhin­dert. Doch für die Konkur­renz ist es ein Angriff auf die eigene Wett­bewerbs­fähig­keit. Anschei­nend sind sich die Experten nicht einig über die Folgen des Glas­faser­über­baus.
Von Marc Hankmann

Für Aufsehen sorgte jüngst ein Gutachten von WIK-Consult, das im Auftrag des Bundes­minis­teriums für Digi­tales und Verkehr (BMDV) erstellt wurde. Dem Gutachten zufolge sorge der Doppel­ausbau sowie allein dessen Ankün­digung dann für Problemen, wenn er von einem markt­beherr­schenden Unter­nehmen, also der Telekom, betrieben werde. Die Bonner halten nun drei Gutachten entgegen und kriti­sieren die Daten­grund­lage (93 Über­bau­fälle) als schwach und nicht reprä­sen­tativ. Die Gutachten der Telekom würden die Vorteile des Infra­struk­tur­wett­bewerbs belegen und zu dem Schluss kommen, dass Über­bau­ver­bote europa- und verfas­sungs­recht­lich unzu­lässig seien.

Während­dessen werden Fakten geschaffen. Nachdem sich die Deut­sche GigaNetz wegen eines drohenden Doppel­aus­baus aus Moos­burg zurück­gezogen hatte, beendet sie auch vorzeitig die Vorver­mark­tungen in Rade­beul, Ahlen, Rotten­burg an der Laaber. In Ahlen wäre es zu einem Doppel­ausbau mit der West­con­nect gekommen. In Rotten­burg begann kurz nach der Deut­schen GigaNetz auch die Telekom mit dem Glas­faser­ausbau und auch in Rade­beul wäre der Wett­bewerber die Telekom gewesen. Hier kriti­sierte die Deut­sche GigaNetz aber auch die zu geringe Unter­stüt­zung seitens der Stadt, was in einer geringen Nach­frage in der Vorver­mark­tung mündete.

Auch wenn sich die Deutsche GigaNetz wegen eines drohenden Überbaus ihrer Netze aus drei weiteren Kommunen zurückzieht, konnte sie andernorts, wie hier in Calbe, den Baustart für ein neues Glasfasernetz feiern Auch wenn sich die Deutsche GigaNetz wegen eines drohenden Überbaus ihrer Netze aus drei weiteren Kommunen zurückzieht, konnte sie andernorts, wie hier in Calbe, den Baustart für ein neues Glasfasernetz feiern
Foto: Deutsche GigaNetz
Darüber hinaus konnte die Deut­sche GigaNetz aber auch Posi­tives verkünden. In Calbe wurde jüngst der symbo­lische erste Spaten­stich gefeiert. Hier entstehen FTTH-Anschlüsse für knapp 5800 Wohn­ein­heiten. Im Sommer 2025 sollen die Bauar­beiten abge­schlossen sein. Dann können die Haus­halte mit bis zu 2,5 GBit/s im Internet surfen. Außerdem will die Deut­sche GigaNetz die elf Kommunen des Land­kreises Rastatt mit Glas­faser versorgen. „Das bedeutet, wir planen etwa 20.000 Haus­anschlüsse, was etwa 37.000 Wohn- und Geschäfts­ein­heiten entspricht. Hierfür werden wir 700 Kilo­meter Trassen bauen und circa 70 Millionen Euro aufwenden“, erklärte Sebas­tian Berg­mann, Regio­nal­leiter Sales Süd der Deut­schen GigaNetz, bei der Unter­zeich­nung der Koope­rati­ons­ver­ein­barung zwischen den Gemeinden und dem Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen.

Telekom mit Groß­pro­jekten in Berlin und München

Die Telekom verkün­dete in den vergan­genen Wochen, dass ihr Glas­faser­ausbau in München auf Hoch­touren liefe. In den Stadt­teilen Pasing und Ober­men­zing entstehen bis Ende 2024 für 15.000 Haus­halte FTTH-Anschlüsse. In Denning sollen schon im Sommer 6600 FTTH-Anschlüsse fertig­gestellt sein. Und in der Stadt Ronnen­berg hat die Telekom jüngst mit dem Glas­faser­ausbau für 7230 Haus­halte begonnen. Auch hier sollen Ende 2024 die Arbeiten beendet werden.

Alles im Plan: Zusammen mit Nibler baut die Telekom in den Münchener Stadtteilen Pasing und Obermenzing 15000 FTTH-Anschlüsse. Bernhard Multerer, Kommunalberater Glasfaser bei der Telekom, und Steffen Hartig, Bauleiter bei Nibler, haben sich vor Ort ein Bild vom Baufortschritt gemacht. Alles im Plan: Zusammen mit Nibler baut die Telekom in den Münchener Stadtteilen Pasing und Obermenzing 15000 FTTH-Anschlüsse. Bernhard Multerer, Kommunalberater Glasfaser bei der Telekom, und Steffen Hartig, Bauleiter bei Nibler, haben sich vor Ort ein Bild vom Baufortschritt gemacht.
Foto: Deutsche Telekom
Darüber hinaus lässt die Telekom auch in Berlin die Bagger anrollen. Noch im November 2023 starten in Köpe­nick die Ausbau­arbeiten für 1400 Haus­halte. In Nieder­schö­neweide sollen ab Januar 2024 8600 Haus­halte ange­schlossen werden. Und in Grünau will die Telekom 5000 Haus­halte mit Glas­faser versorgen. Die Arbeiten beginnen voraus­sicht­lich im Februar 2024. Alle drei Projekte sollen laut Telekom „nur wenige Monate“ dauern. Daneben ist die Telekom auch über ihre Joint Ventures GlasfaserPlus und Glas­faser Nord­west mit dem Breit­band­ausbau beschäf­tigt. GlasfaserPlus wird ab dem kommenden Jahr in Königs­winter 16.500 Haus­halte mit Glas­faser ausbauen.

Die Glas­faser Nord­west vergrö­ßerte in den vergan­genen Wochen immer wieder bereits projek­tierte Ausbau­gebiete. So kommen etwa in Bremen 13.300 weitere Haus­halte in den Genuss eines Glas­faser­anschlusses. Insge­samt steigt die Zahl der von Glas­faser Nord­west versorgten Haus­halte in der Hanse­stadt damit auf 90.000. In Hameln vergrö­ßert sich das Ausbau­gebiet auf über 14.000 Haus­halte. Und mit dem Land­kreis Olden­burg hat das Unter­nehmen eine Koope­rati­ons­ver­ein­barung abge­schlossen, um die Bedin­gungen für den Glas­faser­ausbau zu verbes­sern, da das Land Nieder­sachsen ab 2024 die Förder­gelder gestri­chen hat. Glas­faser Nord­west ist aktuell im Land­kreis in 16 Ausbau­gebieten tätig und inves­tiert für die Erschlie­ßung von über 30.000 Haus­halte 100 Millionen Euro.

Sascha Zink, Leiter Kommunales & Wohnungswirtschaften bei der Glasfaser Nordwest (l.), und Claudio Griese, Oberbürgermeister Stadt Hameln, unterzeichnen den Kooperationsvertrag, mit dem das Ausbaugebiet in Hameln vergrößert wird Sascha Zink, Leiter Kommunales & Wohnungswirtschaften bei der Glasfaser Nordwest (l.), und Claudio Griese, Oberbürgermeister Stadt Hameln, unterzeichnen den Kooperationsvertrag, mit dem das Ausbaugebiet in Hameln vergrößert wird
Foto: Glasfaser Nordwest
Einen weiteren Ausbau plant die Telekom in Magde­burg. Hier wollen aber auch die MDCC Magde­burg-City-Com GmbH, die MDDSL GmbH und Open Infra GmbH Glas­faser­netze bauen. In der Vorver­mark­tung streben die Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen eine Abschluss­quote von 40 Prozent an. Die Stadt begrüßt den privat­wirt­schaft­lichen Glas­faser­ausbau. Hier könnte sich zeigen, ob der Infra­struk­tur­wett­bewerb der Stadt und ihren Einwoh­nern Vorteile bringt.

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