Verkehr

Autobahn-App: "Neuauflage erfolgt bis Ende des Jahres"

Die Auto­bahn-App wurde vor einem Jahr als "Meilen­stein der Digi­tali­sie­rung des Verkehrs­wesens" präsen­tiert. Doch auch zwölf Monate später stellen Auto­fahrer und Experten die Sinn­haf­tig­keit der Anwen­dung der staat­lichen Auto­bahn­gesell­schaft in Frage.
Von dpa /

Das Konzept der Auto­bahn-App klang schlüssig: Die Auto­bahn GmbH des Bundes soll ihren Daten­schatz über die aktu­elle Verkehrs­lage auf den Bundes­auto­bahnen nicht für sich allein behalten, sondern über eine Smart­phone-App mit den Fahre­rinnen und Fahrern teilen.

Schließ­lich kennt die staat­liche Gesell­schaft jede Baustelle und weiß auch, wann diese wieder aufge­löst werden. Auch über größere Staus oder gefähr­liche Unfall­stellen kann die Auto­bahn­gesell­schaft zuver­lässig infor­mieren.

"Turn-by-turn"-Befehle: Fehl­anzeige!

Autobahn-App in Aktion Autobahn-App in Aktion
Bild: picture alliance/dpa | David Young
Bei einer grund­legenden Funk­tion, die andere Karten-Apps beherr­schen, musste die Auto­bahn-App aller­dings von Anfang an passen, nämlich der eigent­lichen Navi­gation. Das ist auch ein Jahr nach der Vorstel­lung der ersten App-Version am 20. Juli 2021 und nach 750.000 Down­loads noch so. Wer beispiels­weise nach der Strecke von Berlin nach Bremen sucht, bekommt zwar die Wegbe­schrei­bung für die übliche Strecke über Magde­burg und Hannover ange­zeigt, inklu­sive aller Störungen entlang des Weges.

Die Infor­mationen sind aber nur vor dem Antritt der Reise rele­vant. Die App ist nämlich nicht in der Lage, während der Fahrt dyna­misch Abbiege-Hinweise ("Turn-by-turn"-Befehle) zu geben.

Die App kann auch keine Ersatz­routen in Echt­zeit vorschlagen, um beispiels­weise auf eine Voll­sper­rung der A2 bei Magde­burg wie am vergan­genen Dienstag zu reagieren. Statt die Route neu zu berechnen und die Alter­native über die A24 via Hamburg anzu­zeigen, wies die App im konkreten Fall nur darauf hin, dass die Strecke über die A2 eine Verzö­gerung von über drei Stunden bedeutet. Bei den Karten von Google, Apple, TomTom und anderen Anbie­tern wurden die Nutzer dagegen richtig auf die Alter­nativ­strecke gelotst.

Sprach­steue­rung fehlt

Die Anwen­derinnen und Anwender vermissen aber nicht nur die Navi­gati­ons­funk­tion. Die App wurde auch so gebaut, dass man sie während der Fahrt quasi nicht bedienen kann. Dafür fehlt eine Sprach­steue­rung. Auch eine Inte­gra­tion in die Systeme CarPlay von Apple oder Android Auto von Google, die Smart­phone-Apps sicher auf die Info­tain­ment-Bild­schirme moderner Autos bringen, ist nicht vorge­sehen. Wenn man die Auto­bahn-App beim Fahren bedienen möchte, benö­tigt man einen Beifahrer oder muss auf einem Park­platz anhalten, um in der App sicher stöbern zu können.

Die Vorbe­halte der Nutze­rinnen und Nutzer kann man auch an den Bewer­tungen ablesen. Im App-Store von Apple erhält die Anwen­dung 2,4 von 5 Sternen, im Play-Store von Google immerhin 2,9 von 5 Sternen.

Bei den jüngsten Bewer­tungen wird aber oft nur noch ein Stern vergeben, weil die Auto­bahn GmbH eine popu­läre Funk­tion abge­schaltet hat. Nutzer konnten sich zu Beginn noch über Hunderte Webcams entlang der Auto­bahnen selbst ein Bild über die Verkehrs­lage machen. Nun erscheint nur noch eine Fehler­mel­dung: "Aufgrund der aktu­ellen Entwick­lungen in Europa haben wir uns dazu entschlossen, die WebCam-Bilder bis auf weiteres zu deak­tivieren."

Damit sei die App "unnütz geworden", heißt es in einer Rezen­sion. Viele User beklagen, dass hier Steu­ergeld verschwendet worden sei. Die Entwick­lung der App hat nach Angaben der Auto­bahn GmbH 1,2 Millionen Euro gekostet.

Bitkom: Erwar­tungen nicht erfüllt

Die Kritik in den Stores an der Auto­bahn-Anwen­dung ist auch beim Digi­tal­ver­band Bitkom ange­kommen. "Die Auto­bahn-App des Bundes hat die Erwar­tungen nicht erfüllt", sagte Bitkom-Haupt­geschäfts­führer Bern­hard Rohleder der Deut­schen Presse-Agentur. "Sie bietet gegen­über vorhan­denen Ange­boten etwa zur Vermei­dung von Staus oder der Anzeige der nächsten Tank­stelle keinen erkenn­baren Mehr­wert. Das zeigen auch die Bewer­tungen der Nutze­rinnen und Nutzer in den App-Stores."

Dabei sei es grund­sätz­lich zu begrüßen, dass die öffent­liche Hand Digi­tal­ange­bote entwickle, sagte Rohleder. "Diese sollten sich aber an den Bedürf­nissen der Menschen orien­tieren und vor allem dort ansetzen, wo es keine entspre­chenden privaten Ange­bote gibt."

Anstatt ein Endkunden-Produkt wie eine App von Anfang bis Ende zu entwi­ckeln, wäre es viel­ver­spre­chen­derer, die zugrund­legenden Daten wie Baustellen, Lade­mög­lich­keiten für E-Autos oder den aktu­ellen Verkehrs­fluss so für Dritte bereit­zustellen, dass diese Infor­mationen leicht in bestehende Ange­bote inte­griert werden könnten. "Davon würden mehr Bürge­rinnen und Bürger direkt profi­tieren."

Auto­bahn GmbH hat sich eine neue Ziel­gruppe gesucht

Die Auto­bahn GmbH will aber das Konzept einer App nicht aufgeben und hat sich eine neue Ziel­gruppe ausge­sucht: "Für alle Lkw-Fahre­rinnen und -Fahrer bietet die App viele Möglich­keiten für eine schnelle und effi­ziente Navi­gation", sagt Immo von Fallois, Leiter Kommu­nika­tion. Für die "Brummis" wurde zum Start der Sommer­ferien ein schneller Über­blick in die App inte­griert. Die Anwen­dung gibt Hinweise darauf, welche Stre­cken von Feri­enfahr­ver­boten an Sams­tagen im Juli und August betroffen sind und welche Alter­nativ­routen es gibt.

Die Auto­bahn GmbH kündigte weiter eine neue App-Funk­tion an, die den Lkw-Fahre­rinnen und Fahrern die Stell­platz­suche auf Basis einer neuen digi­talen Stell­platz­erfas­sung erleich­tert. Die Frei­schal­tung der Funk­tion sei für Ende August 2022 geplant.

Ob das stark kriti­sierte Konzept der App noch einmal grund­sätz­lich verän­dert wird, bleibt aber offen: "Nachdem die App seit mehr als einem Jahr verfügbar ist, über­prüfen wir sie derzeit auf die zukünf­tige Aufstel­lung des Ange­botes", erklärte die Auto­bahn GmbH. "Die Neuauf­lage der Auto­bahn-App erfolgt bis Ende des Jahres."

In einer weiteren News geht es um eine befris­tete Aktion: Tank­rech­nung per App bezahlen: 8 Cent pro Liter sparen.

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