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Datenschnüffler: Was Auto-Apps alles über den Fahrer verraten

Das Fahrzeug orten, Türen öffnen oder den Kilometerstand checken: Mit Apps wollen Hersteller ihre Autos smarter machen. Was theoretisch hilfreich klingt, kann sich in der Praxis schnell als Schnüffelei erweisen.
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Auto-App: Datenschutz bleibt auf der Strecke Auto-App: Datenschutz bleibt auf der Strecke
Bild: dpa
Moderne Autos können viel mehr als nur von A nach B zu fahren. In ihnen stecken hochentwickelte Computer, zahlreiche Sensoren und Technologien, mit denen die Fahrer den Zustand des Wagens, ihre Geschwindigkeit sowie ihr Bremsverhalten analysieren können. Selbst die zurückgelegten Fahrstrecken registrieren die Autos. Zugriff auf die umfangreichen Datensätze hat aber keinesfalls nur der Fahrzeughalter. Die Autos und die zur Analyse notwendigen Apps senden meist ohne Wissen des Nutzers mehr Daten als nötig - sowohl an den Hersteller als auch an Dritte. Zu diesem Urteil kommt die Stiftung Warentest, die 26 kostenlose Anwendungen für Android und iOS getestet sowie 13 Automobilhersteller ausführlich zu ihrem Umgang mit Daten befragt hat (test-Ausgabe 10/17).

Das Ergebnis war keineswegs beruhigend, denn die Fahrzeughalter wissen in den wenigstens Fällen, welche Daten übermittelt werden und was mit diesen geschieht. Bei den Apps fehle es an "klaren, verständlichen Datenschutzerklärungen", so die Kritik der Experten.

Bei den Datenschutz-Infos stellten sie deutliche oder sehr deutliche Mängel fest. Das Datensendeverhalten wurde bei allen Anwendungen als kritisch eingestuft. Sicher vor der Schnüffelei sei derzeit meist nur, wer auf den Zusatzkomfort der Apps einfach verzichtet - oder inkognito mit einem älteren Wagen unterwegs ist.

Anmeldung an App erfordert sensible Daten

Auto-App: Datenschutz bleibt auf der Strecke Auto-App: Datenschutz bleibt auf der Strecke
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Nutzer müssen sich meist mit Namen, der ganzen oder einem Teil der Fahrzeugidentifikationsnummer (ehemals Fahrgestellnummer) bei den Apps anmelden, mit der sich der Erstkäufer des Autos ermitteln lässt. Die Warentester schlagen für die Zuordnung zum Fahrzeug einen Zufallscode vor. Oft wurde im Test der Standort des Gerätes an Dritte wie Google, Apple oder andere Kartendienstanbieter geschickt, auch wenn gerade die Ortungs- oder Navigationsfunktion gar nicht genutzt wurde. Auch eindeutige Handy-Kennungen, der Name des Mobilfunkanbieters oder andere Nutzungsstatistiken gingen oft an die Autohersteller oder Drittanbieter von Internetdiensten.

Auch wenn einige Daten für sich genommen harmlos erscheinen mögen: Apps sollten nach dem Prinzip der Datensparsamkeit arbeiten und nur solche Informationen erheben, die für die eigentliche Funktion nötig, sind, kritisieren die Tester. Je mehr Details über einen Nutzer vorliegen, desto präzisere Profile ließen sich daraus erstellen.

Die Apps verbinden sich per Bluetooth oder Mobilfunk mit dem Bordsystem. Insbesondere beim zweiten Übertragungsweg läuft die Kommunikation direkt über die Server des Herstellers, wobei dann besonders viele Daten anfallen, so die Warentester. Das Problem: Was Autos mit Mobilfunkmodul tatsächlich übertragen, konnten die Experten nicht prüfen. Allerdings ist ein Mobilfunkmodul mit SIM-Karte an Bord des Wagens derzeit noch eher die Ausnahme und ein Ausstattungsmerkmal, das höchstens in Oberklassewagen zur Serienausstattung gehört.

Immerhin: Die für Werkstätten relevanten Fehlerspeicher der Fahrzeuge speicherten tatsächlich nur Fehlercodes und Messwerte wie den Kilometerstand, nicht aber etwa den Standort oder ähnlich sensible Daten.

Hersteller schweigen zur Datenübermittlung

Abhängig von Verbindungsweg, Modell und App gab es im Test folgende Steuerungs- und Prüfmöglichkeiten: Ziele ans Bordnavi schicken, das Fahrzeug orten, Türen öffnen oder verriegeln, Klimaanlage oder Standheizung fernsteuern, die Hupe auslösen sowie Warnblinker oder Scheinwerfer einschalten und Bordcomputer-Infos checken, etwa den Reifendruck, den Kilometerstand, die Reichweite oder Tankfüll- sowie Batterieladestand bei Elektro-Autos. Daneben bieten die Apps auch den Zugriff auf Onlineinformationen und -dienste von der Betriebsanleitung bis zum Werkstatt-Termin. Drei der Apps im Test boten ausschließlich solche Informationen und keinerlei Zugriff auf Fahrzeugfunktionen.

Einen Fragebogen der Stiftung Warentest ließen ein Dutzend Hersteller einfach unbeantwortet. Darin hatten die Experten wissen wollen, welche Daten PKW und Apps sammeln, wer diese verarbeitet, in welchem Land sie gespeichert werden, wie sie gesichert sind und ob Nutzer sie löschen können.

Ab April 2018 wird es beim Thema Autos, die ständig eine Datenverbindung unterhalten, und Datenschutz noch einmal spannend. Dann müssen alle Neuwagen mit einem System ausgestattet sein, das bei einem schweren Unfall automatisch den Standort an eine Notrufzentrale sendet. Das heißt aber auch, dass mittelfristig alle Autos ständig über ein Mobilfunkmodul mit den Servern der Hersteller oder deren Dienstleistern verbunden sind, über das im Prinzip beliebige Daten fließen können.

Zum Auslesen der Autodaten nutzen viele Fahrzeughalter sogenannte OBD-Stecker. Wie diese funktionieren, lesen Sie in der Meldung So wird Ihr Auto zum Smart Car.

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