auf der Kippe

Im Bundesrat formiert sich Widerstand gegen das BKA-Gesetz

Einige Länder wollen dem neuen Gesetz die Zustimmung verweigern
Von Marie-Anne Winter

Das umstrittene BKA-Gesetz, das der Bundestag mit den Stimmen der großen Koalition verabschiedet hat, wird vermutlich im Bundesrat aufgehalten. Nach der SPD in Sachsen und Schleswig-Holstein haben jetzt auch die Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt Widerstand gegen das Gesetz zur Ausweitung der Befugnisse des Bundeskriminalamts angekündigt. "Ich gehe davon aus, dass wir dem Gesetz nicht zustimmen werden", sagte Franz Stänner, der Sprecher des stellvertretenden Ministerpräsidenten Jens Bullerjahn (SPD), gegenüber der Berliner Zeitung. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Koalitionspartner CDU gebe es aber noch nicht.

Am Sonntag hatte ein SPD-Landesparteitag in Sachsen die SPD-Vertreter in der schwarz-roten Landesregierung aufgefordert, das Gesetz abzulehnen. Auch in der schwarz-roten Landesregierung in Schleswig-Holstein verlangt die SPD Nachbesserungen. Daher will sie den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. Die Bundes-CDU will jedoch keine nachträglichen Änderungen und wirft der SPD Unzuverlässigkeit vor. Weil die FDP bereits im Vorfeld eine kritischen Haltung zum BKA-Gesetz zeigte, wird erwartet, dass die vier Landesregierung mit Beteiligung der Liberalen im Bundesrat ebenfalls nicht zustimmen werden. Damit hätte das Gesetz im Bundesrat in der vorliegenden Fassung keine Chance.

Das neue Gesetz soll dem Bundeskriminalamt bei akuter Terrorgefahr erstmals die heimliche Durchsuchung privater Computer sowie das Abhören und die Videoüberwachung von Wohnungen erlauben. Damit soll das BKA erstmals nicht nur begangene Straftaten verfolgen, sondern auch Anschlagspläne vereiteln. Die Opposition hatte das Gesetz geschlossen abgelehnt, weil es in die Privatsphäre eingreife und den Grundrechtsschutz gefährde. Auch die drei deutschen Polizeigewerkschaften äußerten massive Kritik am geplanten BKA-Gesetz und forderten die Bundesregierung auf, entsprechend nachzubessern.

Kritik von vielen Seiten

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung zu den Plänen der großen Koalition: "Wer mit dem BKA-Gesetz in der Hand mit dem Kopf durch die Wand will, der steht am Ende mit leeren Händen da." Wendt hält insbesondere die Vorschriften zur Online-Durchsuchung für unbefriedigend und fordert, dass bei Online-Razzien von Anfang an ein Richter dabei sein müsse. Das BKA benötige zum Arbeiten ein rechtstaatlich einwandfreies Gesetz, das auch vor dem Verfassungsgericht Bestand habe.

Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft der Polizei und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Auch der Deutsche Richterbund bekräftigte seine Bedenken. Nach Ansicht des Vorsitzenden Christoph Frank sei eine "möglichst effektive justizielle Kontrolle" der Online-Durchsuchung wegen der Schwere des Grundrechts-Eingriffs unverzichtbar. Ob der absolut geschützte Kernbereich der Privatsphäre bei Durchsuchungen betroffen sei, müsse ein unabhängiger Richter beurteilen.

Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, sprach sich allerdings gegen Änderungen am BKA-Gesetz aus. Im RBB-Inforadio sagte Ziercke, dass er möglichen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gelassen entgegen sehe. Aber "wenn es noch weitere Kompromisse geben sollte, gerade bei der Online-Durchsuchung, dann machen wir im Grunde die Online-Durchsuchung unbrauchbar". Diese sei ohnehin schon dadurch stark eingeschränkt, dass die Wohnungen Verdächtiger nicht betreten werden dürften. Die geplante Regelung von Eilfällen sei nötig: "Wir brauchen das schmale Zeitfenster, wenn eine Terror-verdächtige Person online ist, um dann von Sekunde zu Sekunde entscheiden zu können, eine Online-Durchsuchung durchzuführen."

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