Durchleitungsentgelte

Rückschlag für das freie Internet

US-Politiker stimmen gegen Netztarif-Verhinderungsgesetz
Von Björn Brodersen

Die Befürworter einer Netz-Neutralität haben einen Rückschlag erlitten: In einer Abstimmung entschieden sich die Mitglieder des Ausschusses für Energie und Handel des amerikanischen Kongresses mit 34 zu 22 Stimmen gegen einen Gesetzesentwurf, der Inhalten im Internet Chancengleichheit zugesichert hätte. Durch den Entwurf sollten Telekommunikations- und Kabelnetzbetreibern daran gehindert werden, Diensteanbieter für das Versenden von datenintensiven Inhalten wie etwa Filmen oder Fernsehen zur Kasse bitten dürfen. Stattdessen sollten die Netzbetreiber für die gleichberechtigte Durchleitung jeglicher Art von Kommunikation gewährleisten.

Die Netzbetreiber wollen durch zusätzliche Durchleitungsentgelte die hohen Investitionskosten für den Ausbau ihrer schnellen Glasfasernetze wieder reinholen. Für den Internetnutzer könnte dies dazu führen, dass es künftig anbieterabhängig zu erheblichen Geschwindigkeitsunterschieden beim Download von Inhalten kommt - je nachdem, ob der Anbieter die geforderten Netztarife zahlt oder nicht. Andere Dienste könnten die Telekommunikationsnetzbetreiber nach eigenem Gutdünken sogar ganz blockieren. Außerdem könnten die Durchleitungsentgelte auch an die Internetnutzer weitergereicht werden. Auch die Deutsche Telekom, die hierzulande mit dem Bau ihres bis zu 50 MBit/s schnellen VDSL-Netzes begonnen hat, möchte Inhalteanbieter oder VoIP-Provider auf gleiche Weise wie die US-Netzbetreiber an den Investitionen für das Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz beteiligen.

Eine ungewöhnliche Koalition an Netztarif-Gegnern

Zur Gemeinschaft der Gegner zusätzlicher Netztarife zählen nicht nur eine Vielzahl an Bloggern, Bürgerrechts-Organisationen, Kleinunternehmern und Bibliotheks-Verbänden, sondern auch Unternehmen wie Microsoft, Google, eBay, yahoo! und Amazon, die einen fehlenden Schutz vor möglichen Diskriminierungen durch die Netzbetreiber bemängeln. Sie fürchten, dass Durchleitungsentgelte zu einer Klassengesellschaft im Internet führen wird. Über ihre Absichten informiert diese Koalition der Netztarif-Gegner auf einer unter URL www.savetheinternet.com erreichbaren Website.

Wichtige Telefonfirmen wie AT&T und Verizon gäben Hunderte von Millionen von Dollar aus, um den Kongress dazu zu bringen, die Regeln für das Internet zu ändern, damit sie im Internet diskriminieren können, urteilt die Initiative die jüngste Abstimmung im Repräsentantenhaus. "Das Handels-Komitee bewegt sich in die entgegengesetzte Richtung zur amerikanischen Öffentlichkeit", sagt Timothy Wu, Rechts-Professor an der Columbia-Universität. Und Eli Pariser, Executive Director von MoveOn.org Civic Action fügt hinzu: "Es ist schockierend, dass das Repräsentantenhaus in dieser Sache, die jedermann direkt betrifft, weiterhin den Willen der Menschen ignoriert. Unsere Partisanen-Koalition wird die Internet-Community mobilisieren wie nie zuvor und zusammen wird die Öffentlichkeit diesen enormen Rückschlag für das Prinzip der Freiheit, das das Internet bislang ausgezeichnet hat, wieder rückgängig machen."