Handyspiele

Editorial: Der zentrale Angriff

Wie viel darf Apple für den Verkauf von Apps und Spielen über den App Store kassieren? Und haben sie dort ein Monopol?
Von

Apple Chef Tim Cook steht unter "Beschuss" wegen der Provisionen seines App-Stores. Apple Chef Tim Cook steht unter "Beschuss" wegen der Provisionen seines App-Stores.
Foto: Picture Alliance / dpa
Dass Apple-Chef Tim Cook höchst­per­sön­lich zum Gerichts­termin kommt, zeigt, dass es nicht nur um die Abfin­dung für einen mögli­cher­weise zu Unrecht gekün­digten Mitar­beiter oder andere Strei­tig­keiten auf "Porto­kassen"-Niveau geht, sondern ums Ganze. Denn Fort­nite-Entwickler "Epic Games" möchte nicht weniger, als Apples App-Store-Monopol knacken. Dabei ist der App-Store eine der wich­tigsten Einnah­mequellen von Apple, denn 30 Prozent der von den Usern für Apps oder Spiele bezahlten Entgelte gehen an Apple.

Zwar sind im statio­nären Handel die Handels­margen gerade bei Soft­ware und Spielen in der Regel sogar noch höher. Doch gibt es beispiels­weise bei PC-Spielen auch die Möglich­keit des Direkt­ver­kaufs von den Spiele-Publishern an die Kunden, bei dem außer den Zahlungs­mit­tel­ent­gelten (typisch 2 Prozent) und den Server- und Down­load-Kosten (typisch wenige Cent) keinerlei Kosten für die Spie­leher­steller entstehen. Warum ist also der Spiele-Direkt­ver­trieb nicht auch an iPhone-Nutzer möglich?

Epic Games geht es aller­dings - wie anderen Entwick­lern von Free-2-Play-Spielen auch - weniger um die Provi­sion auf den Verkaufs­preis, sondern um die Provi­sion auf Upgrade-Items, die sich Spieler im Spiel selber kaufen, um schneller durch die Basis­level zu gelangen oder zusätz­liche Kräfte und Fähig­keiten für ihren Spieler-Avatar zu erhalten. Epic Games hatte Fort­nite-Spie­lern ange­boten, diese Käufe im Spiel direkt mit Kredit­karte bei Epic Games zu bezahlen. Daraufhin warf Apple das Spiel aus dem App Store. Neunutzer können es nicht mehr instal­lieren, Altnutzer haben - auch bei Gerä­tewechsel - aber noch Zugriff.

Gefan­gene Nutzer

Apple Chef Tim Cook steht unter "Beschuss" wegen der Provisionen seines App-Stores. Apple Chef Tim Cook steht unter "Beschuss" wegen der Provisionen seines App-Stores.
Foto: Picture Alliance / dpa
Das Prinzip des geschlos­senen Produkts greift leider immer weiter um sich. So gut wie alle Drucker­her­steller liefern ihre güns­tigeren Modelle inzwi­schen nur noch mit einer "Start­patrone" aus, die schon nach wenigen Seiten leer­gedruckt ist. Der erste Satz echter Patronen kostet dann teils sogar mehr als der ganze Drucker. Die Nutzung fremder Tinte oder Toner wird durch Sicher­heits­chips in den Patronen erschwert. Nach dem Erscheinen einer neuen Drucker­serie dauert es dann meist einige Zeit, bis die Zube­hör­her­steller eben­falls diese Chips herstellen können. Manchmal verteilen die Drucker­her­steller dann sogar Treiber-Updates, die ein Firm­ware-Update auf dem Drucker durch­führen, um die Fremd­chips zu erkennen. Dritt­anbieter-Tinte kann dadurch von einem Tag auf den anderen unbrauchbar werden.

Auch bei Kfz-Herstel­lern sind in den letzten Jahren die Preise für Zubehör und Ersatz­teile noch schneller gestiegen als die für Neufahr­zeuge. Aber es ist immerhin weiterhin möglich, an sein Auto neue Reifen oder Schei­ben­wischer von Dritt­her­stel­lern zu montieren oder das Fahr­zeug in einer freien Lackie­rerei umzu­spritzen - man ist also den über­höhten Ersatz­teil­preisen nicht hilflos ausge­lie­fert. Am App Store führt hingegen am iPhone kein Weg vorbei: Wer ein Spiel oder eine Erwei­terung-App instal­lieren will, der muss diese aus dem App-Store herun­ter­laden, und er muss diese und even­tuell spätere Erwei­terungs­käufe in der App über den App Store bezahlen.

Gefähr­liche Mono­pole

Nun waren Mono­pole noch nie gut für die Verbrau­cher, und deswegen gibt es in den USA schon seit über 100 Jahren scharfe Anti­trust-Gesetze. Leider sind diese Gesetze, die in der Vergan­gen­heit bereits zur Zerschla­gung von "Stan­dard Oil" und später zur Zerschla­gung des Tele­kom­muni­kati­ons­riesen AT&T geführt hatten, in den letzten Jahren etwas in Verges­sen­heit geraten. Ein Grund dafür ist sicher­lich die zuneh­mende Konkur­renz durch asia­tische Hersteller: Der Drucker­her­steller HP wird viel­leicht auch deswegen weniger als Mono­polist wahr­genommen und weniger wegen seiner über­teu­erten Tinten­patronen regu­liert, weil es eben auch asia­tische Konkur­renten gibt. Nur über­sieht man dabei, dass das Geschäfts­gebaren von HP zusammen mit dem meist kurz­fris­tigen Verbrau­cher­ver­halten, die Folge­kosten eines Produkts zu über­sehen, auch die Konkur­renz dazu zwingt, die Drucker mit den Patronen quer­zusub­ven­tio­nieren. So geht der Markt kaputt.

Im Smart­pho­nemarkt sind Apple auf der einen und Samsung/Google auf der anderen Seite harte Konkur­renten, keiner beherrscht den Markt für sich alleine. Und während beide hohe Provi­sionen für den Vertrieb von Apps und Spielen über den App bzw. Play Store kassieren, erlaubt zumin­dest Google die Instal­lation anderer Stores auf Android-Smart­phones, sowie den Direkt-Down­load von auf anderem Weg erwor­benen APKs. Sollte sich aber Apple mit dem geschlos­senen App-Store im aktu­ellen Verfahren durch­setzen, könnte die Folge sein, dass auch Google seinen Nutzern immer weniger Frei­heiten lässt. Eine Verpflich­tung für Apple, ihren App-Store zu öffnen, könnte zwar deren Börsen­wert wieder etwas senken. Aber sie würde auch den Nutzern bei der Nutzung der derzeit wich­tigsten Tech­nologie wieder mehr Frei­heit geben.

Weitere Edito­rials