Editorial: Noch mehr Zugeständnisse von Apple
Zugeständnisse von Apple
Foto: teltarif.de
Aktuell kommt Bewegung in das Thema der alternativen Bezahlmöglichkeiten
für Smartphone-Apps: Letzte Woche kommentierte ich das Zugeständnis, das
kleinere Entwickler Apple abgerungen hatten,
nämlich das Recht, Inhalte für die App grundsätzlich auch außerhalb der
App vertreiben zu dürfen. Das war noch nicht der große Wurf, weil es
für die Inhalte-Anbieter weiterhin einen Medienbruch bedeutet: Sie
können beispielsweise in der App einen Account mit der E-Mail-Adresse
des Nutzers anlegen, und sie dürfen dann später an diese E-Mail-Adresse
Werbe-E-Mails senden, in denen sie App-Inhalte bewerben, die außerhalb
des App-Stores vertrieben werden. Der Vorteil für die
Inhalte-Anbieter: Im App-Store zahlen sie typischerweise 30 Prozent
Provision an Apple, außerhalb hingegen nur ca. 3 Prozent an den
jeweiligen Zahlungsdienstleister.
Netflix, Spotify, Amazon und Co. sind jetzt mit Apple noch einen Schritt weiter gekommen: Sie dürfen User, die einen kostenpflichtigen Account buchen wollen, von innerhalb der App über einen speziellen Link auf ihre Firmen-Homepage weiterleiten. Die Seite öffnet dann im Browser, und dort können die Nutzer dann direkt den Vertrag schließen und mit Kreditkarte, Lastschrift, PayPal und den ganzen anderen Zahlungsmethoden bezahlen. Anschließend geht es natürlich zurück in die App, um die gerade erworbene Musik und Filme auch anzuhören bzw. anzusehen.
Apple bleibt damit zwar dem Prinzip treu, In-App-Käufe nur über den App-Store anzubieten. Aber der User merkt keinen großen Medienbruch mehr, wenn er für Vertragsschluss und Zahlung direkt aus der App auf die Firmen-Homepage und dann wieder zurück in die App geleitet wird.
Auch für Spiele?
Zugeständnisse von Apple
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Fortnite-Entwickler Epic Games dürfte mit dieser Lösung hingegen noch
nicht zufrieden sein. Denn sie wollen in der Regel den Spielern keine
Abos verkaufen, sondern virtuelle Ausrüstungspakete gegen Einmalzahlung.
Mit den meisten Spielern wird dabei nur wenig Geld verdient, aber einige
Fans investieren große Summen in die perfekte Ausstattung.
Ob Apple auch für diese Form der Bezahlung dem externen
Bezahllink zustimmt, bleibt abzuwarten. Da der Umsatz mit
Smartphone-Spielen am höchsten ist, dürfte Apple hier am längsten
mit Zugeständnissen zögern. Auch die Zahl der Multi-Client-User,
bei denen Apple seine hohe Umsatzbeteiligung nicht
rechtfertigen kann, dürfte bei Netflix und Co. deutlich höher sein
als bei Spielen: Blockbuster-Filme schaut man sich natürlich bevorzugt
am Smart TV an, 08/15-Serien hingegen auch am Tablet oder Smartphone.
Warum sollen dann aber dort, wo die am günstigsten produzierten Inhalte
konsumiert werden, die höchsten Provisionen fällig werden? Bei Spielen
gilt hingegen in vielen Fällen: Wer am Smartphone spielt, spielt dann
auch nur am Smartphone.
Zu hoffen bleibt dennoch, dass Apple auch Fortnite und anderen Spiele-Entwicklern einen "im-Web-Kaufen"-Link gestattet. Dann haben die User die Wahl, ob sie die Abrechnung über den App-Store oder direkt über den Anbieter vorziehen. Der Direktkauf beim Anbieter dürfte dabei den Vorteil haben, dass man eher in den Genuss von Sonderaktionen und Rabatten kommt. Dafür ist die Kündigung dann meist komplizierter, und im Falle von technischen Problemen oder Fehlern ist es schwieriger, auch mal einen Kauf rückabzuwickeln. Denn der Kauf über den App-Store bedeutet auch, dass man an zentraler Stelle alle Abos einsehen kann und leicht diejenigen auswählen kann, die man nicht mehr verlängern möchte.
Upload-Filter in der Warteschleife
Auch Apples geplante Upload-Filter für die private Cloud sind erstmal in der Warteschleife gelandet. Grundsätzlich sollten diese Filter anhand bestimmter Hash-Werte bekannte Bilder mit kinderpornografischem Inhalt erkennen, vor dem Upload taggen und dann mittels eines zusätzlich hochgeladenen Nachschlüssels die staatliche Kontrolle der Dateien ermöglichen. So sollten Pädophile daran gehindert werden, die Apple Cloud zur Verteilung dieser zweifellos ekligen Bilder zu missbrauchen.
Gegenwind bekam Apple aber gleich von mehreren Seiten: Zum einen konnten IT-Experten relativ leicht Kollisionen provozieren, also gezielt manipulierte, aber vom Inhalt her vollkommen harmlose Bilder, die dieselben Hash-Werte hatten wie schändliche Kinderpornos. Lädt man Bilder mit diesen Kollision hoch, wird dann ebenfalls der Kinderporno-Alarm ausgelöst. Indem man solche Kollisionen in viralen Bildern versteckt, die per WhatsApp, Facebook und Twitter millionenfach geteilt werden, könnte man dann eine große Zahl an Accounts der staatlichen Überwachung zuführen, nämlich alle die, die diese Bilder zur Weiterleitung lokal speichern und die eine automatische Synchronisation mit der Apple-Cloud aktiviert haben.
Hinzu kommt, dass Apple nicht einmal darlegen konnte, wie sie direkten Missbrauch mit den Filterlisten verhindern wollen. Da Apple selber aus gutem Grund keine Kinderpornografie besitzen darf, können sie nicht überprüfen, für welches Ausgangsbild ein Filtercode generiert worden ist. Das kann ein bei vielen Pädophilen beschlagnahmtes einschlägiges Bild sein, es kann aber auch ein regierungskritisches Flugblatt sein.