Anonym

Datenschutz: Die Crux mit den anonymen Prepaid-Karten

Vorgabe zur Datenerfassung erschwert anonyme TK-Nutzung
Von Lars Sobiraj

Die Abfrage der Identität eines Kunden ist übrigens schon aufgrund des Verdachts einer Ordnungswidrigkeit zulässig. Die Behörden greifen jährlich in über 6 Millionen Fällen, etwa 10 000 mal täglich, auf die Kundendateien der Telekommunikationsanbieter zu. Das Bundeskriminalamt stellte im Jahr 2009 innerhalb von drei Monaten 2 659 Fälle fest, bei denen sie mithilfe der Handynummer keinen Eigentümer ausmachen konnten. Bei 82 Prozent waren keine oder falsche Daten eingetragen, in 18 Prozent der Fälle waren die Karten auf andere Personen registriert. Sehr gerne werden als Karteninhaber "Lisa Simpson" oder "Alter Schwede" angegeben. Bei dieser "defizitären Informationslage" bei der Verfolgung von Straftätern liegt es aus Ermittlersicht nahe, eine flächendeckende Veri­fizierungs­pflicht mittels Ausweis zu fordern. Die Justizminister der Länder schlossen sich dieser Forderung bereits im November 2012 an. Kritiker bemängeln, dass alle Kriminellen trotz der hiesigen Ausweispflicht weiterhin in 18 EU-Mitgliedsstaaten anonyme Prepaidkarten kaufen und in Deutschland benutzen können. Eine effektive Veri­fizierungs­pflicht wäre folglich nur auf EU-Ebene möglich.

Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehrt

Die beiden Juristen Patrick und Jonas Breyer legten im August 2012 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschwerde gegen das Vertriebsverbot von anonymen Prepaidkarten in Deutschland ein. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. Februar 2012 das Recht auf anonyme Kommunikation als auch die anonyme Internetbenutzung abgelehnt. Das Anonymitätsverbot beurteilen die Beschwerdeführer als "nutzlos" und "schädlich". Die Kommunikation unbescholtener Bürger dürfe vom Staat nicht grundsätzlich als gefährlich eingestuft werden. Hierzulande bestünde die Unschuldsvermutung, die Verpflichtung zur Identifizierung aller Mobilfunkteilnehmer besage aber das genaue Gegenteil.

Blacklists sollen für Sicherheit sorgen

Auf Nachfrage gab der Leiter Pressestelle von E-Plus, Klaus Schulze-Löwenberg, bekannt, die Nutzer seien bei der Anmeldung stets zur Angabe wahrheitsgemäßer Daten verpflichtet. Im Fall einer missbräuchlichen Nutzung wäre die Sperre der SIM-Karte inklusive Guthaben das Mindeste, was ihnen passieren kann. Bezüglich der Anzahl der jährlich gesperrten Karten konnte er aber keine Angaben machen. Der Leiter der Kommunikation bei Vodafone, Dirk Ellenbeck betonte die sorgfältige Prüfung der Ausweisdokumente. Auch werde bei Vodafone geprüft, ob Kunden- und Versandadresse übereinstimmen. Wurden die Angaben gefälscht, erfolgt unverzüglich die Abschaltung der Prepaidkarte. Auch werden die Angaben mit Blacklists gesperrter Personennamen abgeglichen, um Missbrauch vorzubeugen.

Illegalen Anbietern drohen Klagen und Abmahnungen

Die kommerziellen Verkäufer fertig freigeschalteter SIM-Karten müssen mit Abmahnungen und Klagen rechnen. Am 30. Juni 2008 mahnte T-Mobile den Berliner Karten-Vertrieb simonym ab. Die fehlende Weitergabe der Nutzerdaten verstoße gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Mobilfunkbetreibers. Durch die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 50 000 Euro musste das Verfahren beim zuständigen Landgericht verhandelt werden. Neben der Höhe der Kostennote des gegnerischen Anwalts besteht vor Landgerichten stets Anwaltszwang. Der abgemahnte Norbert Auler konnte sich folglich nicht selbst vor Gericht verteidigen, was die Kosten weiter in die Höhe trieb.

Andere Betreiber von Verkaufs-Portalen und eBay-Shops haben mehr Glück und wurden bislang trotz eines deutschen Impressums nicht juristisch belangt. Die Mobilfunkanbieter könnten deren Angebot sowieso nicht dauerhaft unterbinden. Die betroffenen Karten-Händler müssten den Hauptsitz lediglich in eines der EU-Länder verlegen, wo der Vertrieb anonymer Prepaidkarten erlaubt ist.

Kartentausch wegen möglicher Gefährdung der Nutzer beendet

Der ehrenamtliche Kartentausch vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung war nur von sehr kurzer Dauer. Nur eine Woche nach Öffnung der Tauschbörse wurde sie auf Anraten eigener Juristen wieder geschlossen. Die Betreiber des Datenschutzportals www.daten-speicherung.de bieten den SIM-Kartentausch weiterhin an. Allerdings warnen sie davor, dass man auf diesem Weg seine Karte möglicherweise einem Kriminellen zur Verfügung stellt und dies negative Konsequenzen nach sich ziehen könnte.

Mehr zum Thema SIM-Karte