Vodafone Ungarn wird verkauft
Seit längerem steht die weltweit aktive Vodafone Group unter gewaltigem finanziellen Druck. Heute morgen gab die Muttergesellschaft - unter anderem von Vodafone Deutschland - bekannt, dass sie mit der "4iG Public Limited Company (kurz "4iG")" und dem ungarischen Staatsholding Corvinus Zrt eine Vereinbarung über den geplanten vollständigen Verkauf der Vodafone Ungarn (Vodafone Magyarország Távközlési Zrt) getroffen hat. Der vereinbarte Preis orientiert sich an einem Unternehmenswert von 715 Milliarden ungarischer Forint (HUF) (das sind umgerechnet etwa 1,8 Milliarden Euro). Dies entspreche dem 9,1-fachen des bereinigten EBITDAaL (EBITDA nach Leasing) im abgelaufenen Vodafone-Geschäftsjahr, das am 31. März 2022 endete.
Mächtiger Marktspieler "Nummer 2" in Ungarn
Die Webseite von Vodafone Ungarn (via Browser auf deutsch übersetzt)
Webseite: vodafone.hu / Übersetzung: Microsoft EDGE / Screenshot teltarif.de
Vodafone Ungarn, so die Nachricht aus Newbury (Großbritannien) weiter, sei einer der "führenden konvergenten Netzbetreiber in Ungarn". Durch den Zusammenschluss mit 4iG entstehe eine klare "Nummer 2" in der Mobil- und Festnetzkommunikation von Ungarn, die das Ziel des ungarischen Staates fördert, einen nationalen integrierten Informations- und Telekommunikations-Champion zu schaffen.
Beim Zusammenschluss mit 4iG passe alles zusammen ("ist komplementär") und weise nur geringe Überschneidungen auf. Durch die Übernahme der Netz-Infrastruktur von Vodafone Ungarn in die 4iG-Gruppe entstehe in Ungarn starke Konkurrenz für die etablierten Betreiber. Das betrifft die Telekom Ungarn (als Nachfolgerin der ehemaligen staatlichen "Magyar Posta"), heute im Mehrheitsbesitz der Deutschen Telekom, der ungarische Staat hat dort aber noch eine wichtige "goldene Aktie". Dritter im ungarischen Markt ist der Anbieter Yettel, welcher der tschechischen Investment-Gruppe PPF gehört. PPF hatte das Unternehmen der norwegischen Telenor abgekauft. Zu PPF gehören auch die Marke "o2" in Tschechien und der Slowakei, die spanische Telefónica hatte diese Töchter vor einiger Zeit an PPF verkauft.
Read lobt ungarische Strategie
Nick Read, Vorstandsvorsitzender der Vodafone Group, findet, dass die ungarische Regierung "eine klare Strategie" verfolge, um einen nationalen Champion im IKT-Sektor in ungarischem Besitz aufzubauen. "Der Zusammenschluss mit 4iG wird es Vodafone Ungarn [...] ermöglichen, eine wichtige Rolle beim künftigen Wachstum und bei der Entwicklung des Sektors zu spielen. [...] Das kombinierte Unternehmen wird den Wettbewerb verstärken und einen besseren Zugang zu Investitionen haben, um die Digitalisierung in Ungarn voranzutreiben."
Geschäft muss noch geprüft und genehmigt werden
Noch ist die Geschichte nicht ganz in trockenen Tüchern. Es muss noch die sogenannte "Due-Diligence-Prüfung" absolviert werden. Die Beteiligten gehen aber davon aus, dass ein Abschluss und eine Genehmigung durch die Regulierungsbehörden bis Ende 2022 möglich sein wird.
Vodafone Infrastruktur Service VOIS wird nicht verkauft
So ganz zieht sich Vodafone nicht aus Ungarn zurück. Das "Shared-Services-Geschäft von Vodafone in Ungarn", das unter dem Kürzel "VOIS" (Vodafone Intelligent Solutions) läuft, sei nicht Teil des Geschäfts und werde weiterhin Dienstleistungen für die anderen Unternehmen in der Vodafone-Gruppe erbringen.
Das ist ein wichtiger Aspekt. Schon länger ist bekannt, dass Vodafone aus Kostengründen Teile seines internen Technik-Services und Teile der Hotline in osteuropäischen Ländern betreibt, wo es aus historischen Gründen noch viele Menschen gibt, die deutsch sprechen, teilweise als Zweit-Mutter-Sprache.
Im Vodafone-Konzern wurden viele Einheiten zusammen gefasst, um Kosten zu sparen. Viele Landesgesellschaften sind daher gar nicht mehr alleine überlebensfähig.
Wie geht es bei Vodafone weiter?
Für Nick Read ist der Verkauf in Ungarn ein Glücksfall, die 1,8 Milliarden Euro wird er gut gebrauchen können, um Schulden abzubauen und die Rendite-Erwartungen seiner Aktionäre zu erfüllen.
Damit dürfte aber die Umstrukturierung und Konsolidierung im Vodafone-Konzern noch nicht beendet sein. Auf dem Prüfstand stehen Vodafone-Aktivitäten in Rumänien, Italien, Spanien und Portugal und liebend gerne auch in Indien, wo seinerzeit viel Geld verbrannt wurde. Von Vodafone Deutschland dürfte sich Nick Read nur ungern trennen, da die deutsche Tochter einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmensergebnis beiträgt.
Gleichwohl darf man gespannt sein, ob nicht eines Tages auch hierzulande ein Verkauf oder das An-Bord-Holen eines neuen Partners auf der Agenda stehen könnte.
Mit einem finanziellen Desaster endete "Easy Money" von o2. teltarif.de konnte Betroffenen helfen.