Verkauft die Telekom ihre Funktürme jetzt wirklich?
Darüber wird schon länger diskutiert und spekuliert. Das Manager-Magazin glaubt, dass der "Verkaufsprozess" für mehr als 40.000 Sendestandorte auf Häusern oder Funktürmen der Telekom auf den Weg gebracht worden sei.
Innerhalb der nächsten zwei Wochen sollen Gebote angenommen werden, zitiert das Magazin die Nachrichtenagentur Reuters, die "mit der Angelegenheit vertraute Personen" befragt hat. Die Bank Goldman Sachs berate den Bonner Dax-Konzern beim Verkauf des Funkturmgeschäfts. Es geht um "bis zu 18 Milliarden Euro".
Cellnex ist interessiert
Werden die Sendetürme der Telekom an Finanzinvestoren oder eine Turmgesellschaft verkauft?
Foto: Picture Alliance/dpa
Schon in Barcelona wurde am Rande der Mobile World Congress bekannt, dass der Funkturmbetreiber "Cellnex" größtes Interesse habe. Mit dem hatte die Telekom schon den Verkauf ihrer niederländischen Türme verabredet.
Weil der Netzbetreiber T-Mobile Niederlande kein eigenes Festnetz hatte, fasste Telekom-Chef Tim Höttges den Entschluss, das Unternehmen zu verkaufen. Am Ende bleibt es eigentlich noch "in der Familie", denn für fast vier Milliarden Euro ging es an ein Konsortium aus den Finanzinvestoren Apax und Warburg Pincus, das ist zufälligerweise der Arbeitgeber des früheren Telekom-Chefs Rene Obermann.
Investoren, Cellnex, Vantage oder American Towers?
Zurück zu den Funktürmen: Neben Cellnex sind auch Finanzinvestoren interessiert, die sich für Technik kaum, aber für rentierende Anlagen interessieren. Dann gibt es noch die Turmgesellschaften American Tower und die Vodafone-Tochter Vantage Towers, die als potenzielle Käufer in Frage kommen könnten. Telekom-Chef Höttges hat seine Funktürme immer wieder als Kronjuwelen bezeichnet.
Offiziell gibt es aus Bonn wenig zu hören: "Wir prüfen aktuell verschiedene Optionen für das Funkturmgeschäft", heißt es dazu. Die möglichen Käufer wie Cellnex, American Tower wie auch die Banker von Goldman Sachs wollen dazu schon gar nichts sagen.
40.100 Standorte
Konkret geht es bei Telekom um 40.100 Standorte und einen Erlös von 1,1 Milliarden Euro (2021). Die Telekom-Tochter Deutsche Funkturm (DFMG) betreibt 33.600 Funkmasten in Deutschland und ist damit nach eigenen Angaben der größte Anbieter von Mobil- und Rundfunkmasten in Deutschland. Ihr gehören auch einige bekannte Fernsehtürme, etwa der Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz.
Dann kommen noch 7.000 Sende-Masten der Telekom-Tochter Magenta Telekom Infra in Österreich dazu. Dort ist die Telekom nach eigenen Angaben der zweitgrößte Anbieter im Land.
130 Milliarden Schulden
Bei Telekom-Finanzchef Christian P. Illek standen zuletzt mehr als 130 Milliarden Euro auf der Uhr. Für den Ausbau des 5G-Infrastruktur und die Sicherung der Kapitalmehrheit an der US-Tochter T-Mobile US benötigt die Deutsche Telekom frisches Geld. Da kämen die 18 Milliarden gerade recht.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Ich gebe zu, ich bin da sehr konservativ oder "altmodisch": An einen führenden Netzbetreiber wie die Deutsche Telekom, der regelmäßig Netztests gewinnt und dabei ist, in der Weltliga mitzuspielen, stelle ich ganz andere Anforderungen, als an einen supergünstigen Tiefstpreis-Anbieter.
Die Telekom sollte ihre Dienstleistungen aus eigener Kraft mit eigenen Mitteln erbringen können. Eigene Funktürme mit eigener Technik gehören für mich da einfach dazu. Es spricht nichts dagegen, diese Standorte auch an Mitbewerber zu vermieten oder die bereits laufende Sendetechnik mit anderen Netzbetreibern zu teilen, wie das in andern Ländern längst der Fall ist. Der Verkauf der Telekom-Sende-Türme soll bis zu 18 Milliarden Euro bringen. Diese Einnahmen wird es aber nur ein einziges Mal geben, weil danach sind die Türme verkauft. Was folgt danach?
Die neuen Turmgesellschaften werden nach ihren eigenen Regeln spielen. Sie werden ihre ohnehin schon knackigen Mieten weiter sukzessive erhöhen. Eine Telekom wird dagegen nichts mehr machen können - außer gemietete Standorte zu kündigen und zu schauen, ob es anderswo günstigere geben oder ob man von weniger Standorten senden könnte. Das würde die Netzqualität auf die Dauer verschlechtern. Wäre ich in der verantwortlichen Position: Ich würde den Verkauf sofort absagen.
Eine ganz andere Frage ist, ob wir in Deutschland wirklich vier konkurrierende Netzbetreiber brauchen oder ob wir uns nicht lieber darauf konzentrieren sollten, wenigstens ein wirklich flächendeckendes Netz bis tief in die Provinz hinzubekommen. Dieses Netz sollen dann alle Anbieter zu gleichen Konditionen nutzen können - wenn sie es möchten. Damit wäre wesentlich mehr gewonnen.
Die Telekom bietet gegen schlechten Mobilfunkempfang künftig LTE-Repeater an. Mehr dazu lesen Sie in einer weiteren News.