Sparsamer

5G-Netz: Vodafone startet Stromspar-Technik

Am Nieder­rhein will der Netz­betreiber Voda­fone neue 5G-Technik auf Single-RAN-Basis mit nied­rigen Frequenzen frei­schalten, die zum Ener­gie­sparen beitragen soll.
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Die neue 5G-Sende-Technik am Nieder­rhein, die im Voda­fone-Netz gewaltig Energie sparen soll, stammt vom welt­weit tätigen Netz­werk­aus­rüster Ericsson, mit dem Voda­fone schon seit Zeiten von "Mannes­mann D2-Privat" zusam­men­arbeitet. Das Ziel ist klar: Schnel­leres Netz mit weniger Energie zu mehr Menschen aufs Land bringen.

Dazu werden in der soge­nannten "Base-Band-Unit" (BBU), die meist am Fuße einer Mobil­funk­sta­tion steht, erst­mals unter­schied­liche Flächen­fre­quenzen (900, 800 und 700 MHz) und Funk­zellen in einem System gebün­delt. Dazu gehört die RRU (Remote-Radio-Unit), die dann oben am Mast hängt, man spricht von "Single-RAN"-Technik.

Voda­fone setzt auf Flächen­fre­quenzen

Neue Sendertechnik von Ericsson kann im Vodafone-Netz bei 5G bis zu 40 Prozent Energie sparen. Neue Sendertechnik von Ericsson kann im Vodafone-Netz bei 5G bis zu 40 Prozent Energie sparen.
Foto: Vodafone Deutschland
Diese soge­nannten "Flächen­fre­quenzen" (700-900 MHz) haben für die Netz­betreiber theo­retisch Vorteile: Sie versorgen relativ große Gebiete mit Mobil­funk. So ist verständ­lich, dass die Netz­betreiber am liebsten noch tiefere Frequenzen bei 600 MHz oder noch darunter haben möchten. Weniger Sender und höhere Reich­weiten könnten gewaltig Kosten sparen.

32 bis 40 Prozent weniger Strom

Durch die Bünde­lung der aktiven Technik (hier von Ericsson, andere Anbieter dürften ähnli­ches im Programm haben) sollen sie "bei voller Leis­tung mit 32 bis 40 Prozent weniger Strom" auskommen. Erste Tests in Nord­rhein-West­falen waren erfolg­reich, deswegen soll die Technik jetzt sukzes­sive im Live-Netz frei­geschaltet werden.

Voda­fone CEO Rogge: "Gut für Smart­phone-Nutzer und für unseren Planeten"

Voda­fone-Deutsch­land-Chef Rogge, dessen Konzern-Chefin einen strikten Spar­kurs verordnet hat, freut sich: "Erst­mals bündeln wir an unseren Mobil­funk-Stationen die aktive Technik von unter­schied­lichen Flächen­fre­quenzen. Das ist gut für die Smart­phone-Nutzer auf dem Land und das ist gut für unseren Planeten. Denn mit der neuen Technik bringen wir schnelle und zuver­läs­sige 5G-Netze noch besser zu den Menschen in länd­lichen Regionen und bis tief in die Gebäude hinein - und brau­chen dafür ein Drittel weniger Strom als bislang".

Vom Inno­vations-Labor direkt ins aktive Netz

Die Single Radio Unit 6646 von Ericsson Die Single Radio Unit 6646 von Ericsson
Foto: Ericsson
"Den Ener­gie­ver­brauch um bis zu 40 Prozent verrin­gert, das Gewicht um 60 Prozent verrin­gert - vor rund einem Jahr feierten wir bei der Vorstel­lung der "Radio Unit 6646" eine Welt­pre­miere im Aachener Eurolab. Beim Imagine Live Inno­vation Day im Forschungs- und Entwick­lungs­zen­trum stellten unsere Experten die inno­vative 5G-Technik erst­malig vor", erklärt Daniel Leim­bach, West­euro­pachef von Ericsson, die neue Technik. "Umso mehr freuen wir uns, dass Voda­fone von der Leis­tungs­fähig­keit bei gleich­zei­tiger Ener­gie­effi­zienz über­zeugt ist und die Tech­nologie in der Fläche verbaut. Denn nur Inno­vationen, die skalierbar, wirt­schaft­lich und leis­tungs­fähig zugleich sind, liefern den vollen Nutzen für Mobil­funk­kunden und Nach­hal­tig­keit."

Groß­flä­chige Akti­vie­rung gestartet

Im nieder­rhei­nischen Wacht­endonk wurde die neue Strom­spar-Tech­nologie des Ausrüs­ters Ericsson in den vergan­genen Wochen ausgiebig im Live-Netz getestet. Das Ergebnis: Energie-Einspar­poten­tiale von 32 bis 40 Prozent pro 5G-Mobil­funk­standort. Dort startet jetzt auch der Alltags­betrieb. Bei stan­dard­mäßigen Wartungs­arbeiten schalten Voda­fone und Ericsson die Technik dann in den kommenden Monaten sukzes­sive an weiteren Mobil­funk­sta­tionen frei.

Pro Station Ener­gie­bedarf eines Zwei-Personen-Haus­halts einsparbar

Pro Mobil­funk-Standort kann der Ener­gie­bedarf im Jahr so um mehr als 2500 Kilo­watt­stunden (kWh) redu­ziert werden. Das entspricht in etwa dem jähr­lichen Ener­gie­bedarf eines Zwei-Personen-Haus­haltes. Bei groß­flä­chiger Frei­schal­tung der Tech­nologie an mehreren tausenden Stationen im Netz können pro Jahr rund 20 Millionen Kilo­watt­stunden Strom einge­spart werden. Zeit­gleich wird so die stabile und zuver­läs­sige Netz­abde­ckung auch in länd­lichen Regionen gestärkt.

Das Ziel: CO2-Neutra­lität

Die neue Antennen-Technik sei ein "weiterer Baustein auf dem Weg, Schritt für Schritt nach­hal­tiger zu werden. Dafür hat sich Voda­fone Deutsch­land konkrete Ziele gesetzt: Bis 2025 will das Unter­nehmen, das sich selbst als "Digi­tali­sie­rungs-Konzern" bezeichnet, dann "CO2-neutral" sein. Schon seit 2020 beziehe man den Strom "zu 100 Prozent aus erneu­erbaren Quellen". Wobei das nur ein theo­reti­scher Wert ist, denn in manchen Regionen ist nur "dreckiger" Strom (z.B. aus Kohle­kraft) zu bekommen, der dann anderswo mit "grünem" Strom (aus Wasser­kraft, Wind­rädern, etc.) "kompen­siert" werden muss.

Es werden immer wieder neue Lösungen getestet: Der "dyna­mische Ener­gie­spar­modus" ist im Mobil­funk­netz bereits seit über einem Jahr rund um die Uhr im Einsatz. Dabei werden nicht benö­tigte Sende­anlagen herun­ter­gefahren und "warten", bis ein Nutzer sie wieder anfor­dert. Auch das spart gewaltig Energie.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Nied­rigere Frequenzen haben höhere Reich­weiten, zumin­dest in der Theorie. In der Praxis verpufft der Vorteil in einer hüge­ligen Land­schaft viel zu schnell, weil hinter dem nächsten Berg die Signale schon wieder weg sind. Eine flächen­deckende Versor­gung bedeutet also, viele zusätz­liche Sende­sta­tionen aufzu­stellen, die insge­samt zunächst viel mehr Strom als vorher brau­chen. Von daher ist es richtig, dass über strom­spa­rende Möglich­keiten nicht nur nach­gedacht wird, sondern das auch umge­setzt wird.

Eine GSM900-Station war 1991 so groß wie ein in der Mitte zusam­men­gefal­teter Schlaf­zimmer-Klei­der­schrank und brauchte richtig viel Strom. Heute hat die Sende­sta­tions­technik die Maße eines kleinen Party­kühl­schranks und beherrscht alle Frequenz­bänder.

Wenn man aber die notwen­dige Ener­gie­ein­spar-Diskus­sion zu Ende führen will, müsste man über­legen, ob es Sinn macht, vier physi­kali­sche Netze flächen­deckend im Land aufzu­bauen. Oder sollte es nicht besser verstärkt Hard­ware-"Sharing" bereits vorhan­dener Sende­anlagen geben, beson­ders in weniger belebten Regionen, in denen es auch endlich Netz­ver­sor­gung geben muss.

Das wird noch Über­zeu­gungs­arbeit kosten, weil hier die Kosten­rechner das sagen haben. Teurere Tarife - besseres Netz? Diese Rech­nung würde dann u.U. schwie­riger. Oder der Kunde könnte Tari­fop­tionen buchen, die ihm regional besseres Netz erlauben. Dann kann jeder Kunde entscheiden, was ihm wert­voll und wichtig ist.

Der Hersteller Ericsson hat einen Soft­ware-Toolkit für 5G-Premium-Mobil­funk entwi­ckelt.

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